UpdateViele Fragen offen bei mutmaßlicher Säuglingsentführung in Trier

Update / Viele Fragen offen bei mutmaßlicher Säuglingsentführung in Trier
 Symbolbild: AP

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Trier. Ein junger Mann nimmt ein Baby von der Geburtsstation des Mutterhauses mit nach draußen. Die Polizei sagt, das sei „widerrechtlich“ geschehen und spricht von einem „Tatverdächtigen“. Die Klinik erklärt dagegen, das Elternpaar habe lediglich die Klinik verlassen, ohne sich mit dem Pflegepersonal abzustimmen.

Fest steht, dass der junge Mann per Elektroschocker von der Polizei überwältigt wurde. Viele andere Fragen sind dagegen offen bei der mutmaßlichen Kindesentführung in Trier.

Wer die Wöchnerinnen und ihre Babys auf der Geburtsstation des Trierer Klinikums Mutterhaus der Borromäerinnen besuchen darf, ist klar geregelt: „Jede frisch entbundene Mama darf pro Tag für eine Stunde und nach Vereinbarung von einer symptomfreien und von ihr autorisierten Person besucht werden“, heißt es unter „Corona aktuell“ auf der Homepage der Großklinik.

„Berechtigte Besucher“ erhalten zudem von der Klinik einen „personengebundenen Besucherausweis, der am Eingang kontrolliert und abgestempelt wird“, erklärt die Klinik.

Der junge Mann, der am Freitag gegen 11.40 Uhr „widerrechtlich“ – wie es in der Pressemitteilung der Polizei heißt – einen Säugling mitgenommen hat, muss also von der Mutter zuvor als Besucher bestimmt und an der Pforte kontrolliert worden sein.

Wie es anschließend passieren konnte, dass er mit dem Kind auf dem Arm das Krankenhaus ungehindert verlassen konnte, ist ebenfalls unklar. Die Polizei spricht bislang von einem „Zeugen“, der den Vorfall meldete und die Verfolgung des Mannes aufnahm. Ob dieser Zeuge zur Klinik gehörte oder ein Passant ist, ist ungewiss.

Die Klinik will sich auf TV-Nachfrage zum gesamten Vorfall und den Umständen nicht äußern. „Das sind alles patientengebundene Daten, die wir nicht herausgeben dürfen“, heißt es seitens der Pressestelle. Das Alter des Säuglings, ob Junge oder Mädchen und ob das Baby und seine Mama sich mittlerweile wieder wohlauf in der Klink befinden, gehöre ebenso zu den Patientendaten wie Auskünfte auf die Frage, wie der Mann in die Klinik kam und ob er dazu berechtigt war. Die Klinik betont lediglich, dass es in ihrem Haus keine Kindesentführung gegeben habe. „Die Eltern des Säuglings haben mit dem Kind das Klinikum verlassen, ohne dies vorab mit dem Pflegepersonal abzustimmen“, teilt die Klinik mit.

Außerhalb der Klinik verfolgt laut Polizei ein Zeuge den mutmaßlichen Täter bis in die Brückenstraße, die nur wenige Dutzend Meter vom Mutterhaus entfernt liegt. Dort sei der laut Polizei 24 Jahre alte Trierer in einen Bus der Linie 3 gestiegen, die zwischen Igel und Trier-Tarforst verkehrt. In welche Richtung er wollte, ist unbekannt.

Fest steht, dass der Bus nach dem Stopp an der Haltestelle seine Fahrt nicht fortsetzte. Im Polizeibericht heißt es, dass die rund 20 bis 30 Fahrgäste gegen 11.50 Uhr zunächst evakuiert worden seien. Einfach war die Situation offenbar nicht: Die Polizeibeamten hätten den Mann in ein „deeskalierendes Gespräch“ verwickelt. Den Säugling habe dieser dabei weiterhin im Arm gehalten. Erst die Mutter des Babys, die zwischenzeitlich ebenfalls an der Bushaltestelle angelangt ist, nimmt dem jungen Mann den Säugling aus den Armen.

Aber auch danach ist die Situation noch nicht gelöst: Erst gegen 12.06 Uhr – also mehr als eine Viertelstunde nach Evakuierung des Busses – gelingt es der Polizei bei einer laut Pressemitteilung „günstigen Gelegenheit“ den Tatverdächtigen zu überwältigen und festzunehmen.

Um den Mann außer Gefecht zu setzen, müssen die Beamten ihren Elektroschocker einsetzen. Der Festgenommene habe „erheblichen Widerstand“ geleistet und dabei zwei Polizisten verletzt. Über Art und Schwere der Verletzungen der beiden Beamten ist weiter nichts bekannt.

Ob Gefahr für den Säugling bestanden hat, ist bislang unklar. „Die genauen Hintergründe sowie die Motivation des Tatverdächtigen müssen noch ermittelt werden“, teilt die Polizei mit.

Bis gegen 15.15 Uhr war die Pressestelle der Polizei telefonisch für Rückfragen nicht zu erreichen.

Auf seiner Facebookseite erklärt das Krankenhaus am Nachmittag, dass das Kind inzwischen wieder in der Klinik und „wohlauf“ sei.

Die Klinik Mutterhaus der Borromäerinnen betreut pro Jahr rund 2500 Geburten. Bis zum Frühjahr dieses Jahres verteilten diese sich auf die beiden Krankenhausstandorte in Trier-Ehrang und Mitte. Als der dritte Standort des Mutterhauses in Trier-Nord im Frühjahr mit dem Brüderkrankenhaus zum gemeinsamen Corona-Krankenhaus umfunktioniert wurde, wurden die beiden Mutterhaus-Geburtsstationen am Standort Mitte zusammengelegt.

Dieser Text wurde vom Trierischen Volksfreund geschrieben.