WettbewerbVerwaltungsgericht hat Beschwerde der „Fédération des artisans“ abgewiesen

Wettbewerb / Verwaltungsgericht hat Beschwerde der „Fédération des artisans“ abgewiesen
Die Vertreter des Mittelstands befürchten, dass der quasi-staatliche Energiekonzern Enovos/Encevo mit dem Vorpreschen in ein drittes Geschäftsfeld kleinere private Betriebe aus dem Markt drängen könnte Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Seit der Ankündigung des Kaufs von Paul Wagner & Fils durch den quasi-staatlichen Energiekonzern Enovos/Encevo vor rund zwei Jahren machen sich die Vertreter des Luxemburger Mittelstands Sorgen über Fairness und Wettbewerb. Mit Händen und Füßen versuchen sie sich zu wehren. Nun hat das Verwaltungsgericht geurteilt.

Im Jahr 2018 gab sich Enovos jedoch eine neue Strategie. Der Konzern wollte nicht mehr nur in den Bereichen Verkauf und Produktion von Energie sowie Verwaltung der Energienetze (Strom und Gas) tätig sein. Der Konzern, mittlerweile in Encevo umbenannt, wollte ein drittes Standbein (Dienstleistungen, „Enovos Services“) aufbauen. Zu diesem Zweck kaufte das Unternehmen 2018 mit Paul Wagner & Fils einen der größten Elektriker-Betriebe des Landes.

Die mittelständischen Wettbewerber von Paul Wagner & Fils begannen sogleich, sich Sorgen zu machen. Bereits kurz nach der Übernahme teilte die „Fédération des artisans“ in einem offenen Brief an den damaligen Wirtschaftsminister Etienne Schneider mit, dass das Luxemburger Handwerk nicht glücklich über den Kauf von Paul Wagner & Fils durch den quasi-staatlichen Energiekonzern Enovos/Encevo sei. Das Handwerk befürchte, dass der Wettbewerb in der Branche nicht mehr gewahrt bleibe.

Die Unternehmer wiesen darauf hin, dass Enovos nicht irgendeine Firma sei, sondern diejenige, die die Energiebranche dominiere. Man mache sich Sorgen über Wettbewerbsverzerrungen. Kleinere, private Betriebe würden aus dem Markt gedrängt werden. Enovos wird zu fast 75 Prozent vom Luxemburger Staat (Staat, BCEE, Post, SNCI und Luxemburg-Stadt) kontrolliert.

Für die Sorgen der handwerklichen Betriebe hat sich jedoch kaum jemand interessiert. Der Energiekonzern fuhr unbeirrt mit der Wachstumsstrategie von „Enovos Services“ fort. In einem weiteren Zukauf wurde Powerpanels, Luxemburgs größter Hersteller von Schalttafeln und Regelungstechnik, übernommen. Es folgte der Kauf der Mehrheitsanteile am marktführenden Zulieferunternehmen Minusines.

Den Vertretern des Mittelstands platzte Mitte November 2020 der Kragen. „Was für ein Spiel treibt die Regierung bei der Enovos?“, lautete der Titel einer Pressekonferenz, zu der die „Fédération du génie technique“ damals geladen hatte. Der quasi-staatliche Konzern kontrolliere nun, vom Einkauf über den Vertrieb, der Installation von Anlagen bis hin zum Verkauf von Energie die gesamte Wertschöpfungskette der Branche. Das Unternehmen verschaffe sich so einen Vorteil gegenüber allen anderen, die in der Branche tätig sind, so der Vorwurf. „Geht es darum, die anderen aus dem Markt zu drängen?“, fragte Michel Reckinger, Präsident der „Fédération des artisans“, damals. Enovos versuche, aggressiv in Märkte vorzudringen, in denen Hunderte mittelständische Unternehmen aktiv seien. „Will die Regierung das Handwerk kaputtmachen?“

Nur bei konkreten Vorwürfen wird gehandelt

Die mittelständischen Unternehmer fordern faire Wettbewerbsbedingungen. Doch das ist nicht so einfach. Zwar gibt es auch in Luxemburg eine Wettbewerbsbehörde, doch sind marktdominierende Unternehmen hierzulande – im Gegensatz zum Rest Europas – nicht verboten. Hierzulande wird bei Firmenzusammenschlüssen nicht im Vorfeld analysiert, ob es zu einer marktbeherrschenden Stellung kommt. Die Wettbewerbsbehörden dürfen erst aktiv werden, wenn eine marktbeherrschende Situation tatsächlich missbraucht wurde.

Eine Beschwerde der „Fédération des artisans“, dass die Übernahme des Unternehmens Paul Wagner durch Encevo einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen würde, wurde im März 2019 von den Luxemburger Wettbewerbshütern („Conseil de la concurrence“) zurückgewiesen. In seiner Entscheidung hatte der Rat zunächst bestätigt, dass er in Ermangelung von Fusionskontrollvorschriften sehr wohl erst nach dem Vollzug eines Zusammenschlusses tätig werden kann. Das Gesetz erlaube kein Eingreifen bei „potenziellem“ Missbrauch durch eine marktdominierende Situation. Nur beim Vorhandensein von konkreten Vorwürfen sei es möglich, ein Dossier zu eröffnen. Zudem seien die sehr präzisen und strengen Bedingungen, mit denen solche Fälle in der europäischen Rechtsprechung definiert würden, nicht erfüllt.

Gegen diese Entscheidung hatte die „Fédération des artisans“ dann beim Verwaltungsgerichtshof eine Aufhebungsbeschwerde eingebracht. In seinem Urteil vom 25. Januar 2021 wies das Verwaltungsgericht die Berufung nun zurück und bestätigte die Entscheidung der Wettbewerbsbehörden.