Luxemburger Tochter in PeruVater fühlt sich von Behörden im Stich gelassen

Luxemburger Tochter in Peru / Vater fühlt sich von Behörden im Stich gelassen
Jérôme Grethen hat seine Tochter Zoé seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen Foto: Privat

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„Manchmal, wenn die Justiz ihrer Aufgabe nicht nachgeht, dann werden Opfer erneut zu Opfern“: Mit diesen Worten wandte sich Jérôme Grethen vor wenigen Tagen an die Redaktion des Tageblatt. Tatsächlich fühlt sich der Luxemburger von den Behörden seines Heimatlandes im Stich gelassen. Die Leidtragende dabei: seine Tochter Zoé.

Jérôme Grethen fühlt sich machtlos dieser Tage, gefangen zwischen den Extremen zweier Justizapparate, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Auf der einen Seite stehen die peruanischen Behörden, die es mit den Gesetzen nicht ganz so genau nehmen. Auf der anderen Seite das Luxemburger Justizsystem, das sich strikt an die Vorgaben internationaler Abkommen hält. Dazwischen befindet sich ein dreijähriges Kind, das zwar drei Staatsbürgerschaften besitzt, aber im juristischen Niemandsland zu schweben scheint.

Doch der Reihe nach: Es geht um Grethens Tochter Zoé. Die Kleine kommt im April 2016 in Peru zur Welt. Der Vater ist Luxemburger, die Mutter Spanierin. Ende 2016 zieht das Paar aus Südamerika zurück ins Heimatland der Mutter, doch scheint diese nicht mit den neuen Lebensumständen klarzukommen. „Die Gemütsschwankungen der Mutter wurden in Europa immer heftiger“, erklärt Jérôme Grethen. Zwar unterstütze sie die Familienpläne, sabotiere aber gleichzeitig sämtliche Bemühungen, diese auch zu verwirklichen.

Zuflucht im heiligen Tal

Im Sommer 2017 fasst Grethen jenen Entschluss, den er heute seine „größte Fehleinschätzung“ nennt. Da sich die Lage nicht bessert, entscheidet er sich, mit Partnerin und Tochter zurück nach Südamerika zu fliegen. „Nur ein paar Monate, um der Mutter die Gelegenheit zu geben, mit ihrer Vergangenheit abzuschließen“, erklärt Grethen. Tatsächlich sei seine Partnerin bis zur Geburt der Tochter Mitglied einer alternativ angehauchten Aussteigerkommune im heiligen Tal der Anden gewesen. „Zoés Mutter versprach mir, dass es ihr in Cusco bald besser gehen würde und wir dann mit größerer Klarheit zurück nach Europa fliegen könnten“, erinnert sich der junge Vater.

Der Plan geht zunächst auf. In Peru scheint die Mutter wieder zu sich zu finden, sie wird laut Angaben des Luxemburgers etwas zugänglicher. Doch ist die heile Welt nur von kurzer Dauer: Sie gleitet zurück in eine schwere Depression. Sie taucht mit Zoé unter, zieht zurück in ihre Kommune, bricht den Kontakt zum Vater ab. Es folgen schwere Zeiten für das Paar. Doch dem heute 44-Jährigen liegt das Wohl seiner Tochter am Herzen; auch die Gefühle für die Mutter spielen noch mit. Er hofft immer noch, eine Lösung zu finden, klammert sich an jeden Strohhalm. Sie versuchen es mit einer Schlichtung, auch das Sorgerecht wird vertraglich festgehalten. Und es scheint zu klappen: Zoés Mutter ist im Sommer 2018 plötzlich einverstanden, Südamerika den Rücken zu kehren und zurück nach Europa zu ziehen.

Zuerst geht es zurück nach Spanien, bevor sich das Paar dann Ende 2018 mit der kleinen Tochter in Luxemburg niederlässt. Sie ziehen zunächst in eine Ferienwohnung, melden sich offiziell im Januar 2019 bei einer Gemeinde an. Nur einen Monat später aber reist die Mutter ohne Vorwarnung ab. Mit der Tochter im Schlepptau fliegt sie wieder nach Peru. Ihren Partner hält sie mit dem Versprechen bei Laune, gleich wieder nach Europa zu kommen. „Sie versprach, in wenigen Monaten mit Zoé zurückzukommen. Sie wünsche sich immer noch eine Zukunft mit mir“, so Grethen.

Nicht zuständig

Das war im Frühling 2019. Ende August desselben Jahres hätten beide zurück sein sollen. „Doch Zoés Mutter weicht mir andauernd aus“, erklärt der Vater. Also schaltet er die Luxemburger Behörden ein, erklärt sein Anliegen, hofft auf Unterstützung. Zwar wünscht er sich immer noch eine friedliche Lösung, jedoch macht er sich zunehmend Sorgen um das leibliche Wohl seiner Tochter.

Er hofft nun auf das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung. Sowohl Luxemburg als auch Peru sind Mitglieder des Abkommens. Ausführende Behörde im Großherzogtum ist die Generalstaatsanwaltschaft. Doch deren Antwort ist ernüchternd: „Une demande en retour de l’enfant n’a aucune chance d’aboutir“, schreibt „Premier Avocat Général“ Serge Wagner in seiner offiziellen Antwort vom 24. Oktober 2019. Ein Verfahren habe keine Chance auf Erfolg, weswegen man davon absehe, ein solches einzuleiten.

Ausschlaggebend ist Artikel 4 des Abkommens: „Das Übereinkommen wird auf jedes Kind angewendet, das unmittelbar vor einer Verletzung des Sorgerechts (…) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat hatte.“ Und der „gewöhnliche Aufenthalt“ von Zoé – „résidence habituelle“ auf Französisch – sei nun mal nicht Luxemburg. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass Zoé kurzzeitig im Personenregister des Landes eingetragen war.

Diese Anmeldung sei nämlich kein rechtlicher Beweis für eine „résidence habituelle“, betont Justizsprecherin Diane Klein auf Nachfrage. Mehr noch: Laut Europäischem Gerichtshof sei der „gewöhnliche Aufenthalt“ mit einem gewissen Grad an Integration verbunden. „Das war aber laut Generalstaatsanwaltschaft bei dem damals fast dreijährigen Kind nicht der Fall. Zoé hatte bis dahin knapp einen Monat im Großherzogtum, den größten Teil seines Lebens aber in Peru verbracht“, erklärt Diane Klein die Entscheidung der Justizbehörde.

„Ihres Ermessens nach hat die Generalstaatsanwaltschaft keine Handhabe, da Luxemburg in der Biografie des Kindes nur eine marginale Rolle spielt“, so die Sprecherin weiter. Im Zusammenhang mit dem Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ gebe es zwar keine feste Zeitschiene, jedoch werde von Fall zu Fall geprüft, in welchem Land das Kind die meisten sozialen und familiären Verbindungen hat. Auch die Staatsbürgerschaft reiche nicht, um einen Hauptwohnsitz nachweisen zu können. „Die Generalstaatsanwaltschaft ist sich bewusst, dass es sich hier um eine tiefgreifende Entscheidungen handelt“, so Klein. Allerdings sei jeder Fall von potenzieller Kindesentführung kompliziert. Das sei jedoch kein Kriterium: „Die Justiz kann nur im Rahmen des gesetzlichen Spielraums handeln, der vorgegeben ist“, schlussfolgert die Justizsprecherin.

Eine Sache des guten Willens

Jérôme Grethen kann die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft zwar in einem gewissen Maß verstehen. „Akzeptieren kann ich sie aber nicht“, sagt der 44-Jährige. „Es kann doch nicht sein, dass das Wohl meiner Tochter von der Interpretation eines Begriffes abhängig ist“, fährt er fort. Zumal da seine Tochter auch in Peru kaum einen „gewöhnlichen Aufenthalt“ hatte. „Mir scheint es, als wollen die Behörden es nicht mal versuchen, nur weil kaum Chancen auf Erfolg bestehen.“ Objektiv betrachtet, sagt Grethen, sei es nur eine Sache des guten Willens.

Gleich mehrmals betont der Vater, dass er seine Partnerin nicht in rechtliche Schwierigkeiten bringen wolle. Auch gefällt ihm der Gedanke nicht, seiner Tochter die Mutter zu rauben. „Ich muss aber mitreden können. Wir sind doch gleichberechtigte Elternteile“, unterstreicht der freischaffende Unternehmensberater. Er wisse zwar, dass die Mutter ihr Kind nie absichtlich in Gefahr bringen würde, jedoch traue er dem Gemütszustand seiner Partnerin nicht. Einziger Trost: Zwei Bekannte werfen derzeit ein wachsames Auge auf das Kind.

„Ich fühle mich machtlos und im Stich gelassen“, betont Grethen. Bereits im Februar, als er kurz nach der Flucht der Mutter bei der Polizei vorstellig wurde, um rasch noch eine einstweilige Verfügung zu erreichen, habe der Substitut zum Beamten am Telefon gesagt: „Es ist wahrscheinlich besser, dass die das unter sich klären.“ Eine Einstellung, die sich laut Grethen wie ein roter Faden durch das ganze Dossier zieht. Er sei durchaus bereit, seine Angelegenheit vor den peruanischen Gerichten vertreten zu lassen. Gerade deshalb aber hoffe er auf Rückendeckung aus Luxemburg.

Denn die peruanische Justiz habe ihm bereits zu verstehen gegeben, dass es sich um eine europäische Angelegenheit handelt, da beide Elternteile Europäer seien. Die Luxemburger Justizbehörden hätten ihm hingegen die nötigen Kontaktdaten in Peru zukommen lassen, sagt Grethen. „Was der Generalstaatsanwalt aber nicht weiß: Sein peruanischer Amtskollege hat mir bereits vor einiger Zeit geraten, meine Familie zu nehmen, heimzufliegen und die Angelegenheit bei uns zu Hause zu regeln.“

Stop Waldorf in Luxembourg
10. Januar 2020 - 12.43

Man braucht überhaupt nicht bis nach Peru zu fahren denn dies passiert leider auch genauso hier in Luxemburg, wenn die Mutter Mitglied einer alternativ angehauchten Kommune ist. Diese Sekten scheinen hier in Luxemburg einen sehr grossen Einfluss auf Justiz und Polizeiapparat aus zu üben!?