Tageblatt-WM-KolumneVAR ist wie Trump und die Schwurbler

Tageblatt-WM-Kolumne / VAR ist wie Trump und die Schwurbler
 Foto: AFP/Jewel Samad

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Wenn ich an drei bestimmte Buchstaben denke, dann wird mir regelmäßig übel. Dann habe ich keine Lust mehr auf Fußball und sie führen dazu, dass ich mich sogar bei Spielen, die mich eigentlich gar nicht berühren, aufrege. Es geht um die Buchstaben V, A und R. Ausgeschrieben: Video Assistant Referee.

Der Videobeweis hat den Fußball verändert. Nicht im Positiven, sondern im Negativen. Auch bei dieser WM sieht man immer wieder Entscheidungen, die – trotz Zeitlupe – zum Haareraufen sind.

Man hat den Eindruck, als wären mit der Einführung des VARs vor fünf Jahren auch die Fußballregeln verändert worden. Wahrscheinlich ist es aber so, dass der gewöhnliche Zuschauer (zu denen ich mich auch zähle) die neuen Regeln einfach nicht versteht. Mittlerweile haben sich aber schon viele Zuschauer damit abgefunden und glauben tatsächlich, dass jeder „Kontakt“ in der Super-Zeitlupe tatsächlich ein Foul ist.

Das ist fast schon „Trumpismus“. Man muss nur lange genug offensichtliche Lügen mit Vehemenz verbreiten, irgendwann glauben es fast alle Anhänger.

Der VAR hat auch so einiges mit einem diktatorischen Justizsystem gemeinsam. Jeder kann dabei zusehen, wie der Angeklagte zu Unrecht verurteilt wird und keiner kann etwas dagegen unternehmen.

Nun fragt man sich, wie die VAR-Männer ausgebildet werden, um so oft danebenzuliegen. Ich gehe davon aus, dass sie einmal im Jahr gemeinsam zu einem Seminar für selektive Wahrnehmung reisen. Dieses findet übrigens in Ungarn statt, dort, wo die Populisten auch nur das sehen, was sie sehen wollen. Alternativ könnten sie aber auch nach Luxemburg kommen, denn der Weihnachtsmarkt in Luxemburg hat begonnen. Dort versammelten sich vergangenes Jahr die Corona-Leugner und Impfgegner. Auch sie sehen nur das, was sonst kein anderer sieht.

Ich persönlich wünsche mir den alten Fußball zurück. Als Maradona noch seine Hand Gottes benutzen konnte, als Frank Rijkaard die Haarpracht von Rudi Völler bespucken durfte und als man in der Kneipe noch über rein menschliche und verzeihbare Fehlentscheidungen diskutieren konnte.

Es gibt ihn übrigens noch, diesen Fußball. Sie müssen am kommenden Wochenende nur vor die Tür gehen und den Platz ihres lokalen Klubs besuchen.