Impfstoff-Patente / US-Vorstoß bringt EU in Bedrängnis

US-Präsident Biden will die Patente auf Impfstoffe aussetzen – die EU hadert noch
Impfungen für alle, so schnell wie möglich: Um diesem Ziel näherzukommen, greift die US-Regierung zu einem ungewöhnlichen Mittel. Für Corona-Impfstoffe sollen zeitweise keine Patente gelten. Das wiederum setzt die EU unter Druck.
Frankreich drängt, Deutschland bremst, die EU-Kommission will sich nicht festlegen: Mit ihrem Vorstoß zur Freigabe der Patente auf Corona-Impfstoffe haben die USA die Europäer in Verlegenheit gebracht. Kurz vor dem EU-Indien-Gipfel am Samstag in Porto (Portugal) zeichnete sich keine klare Linie ab. Das Thema werde bei dem Gipfel zur Sprache kommen, hieß es am Donnerstag in Brüssel.
Mit Entscheidungen wurde nicht gerechnet. Denn Kanzlerin Angela Merkel will nicht nach Porto reisen – und ohne Deutschland kommt in der EU kein Beschluss zustande. Bisher gilt die von Merkel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verabredete Linie: Sie setzen auf Massenproduktion in Deutschland und Europa sowie auf den Export in alle Welt – der Rest ist Verhandlungssache.
Diese Linie hat die EU-Kommission bekräftigt. „Wir haben schon 200 Millionen Impfdosen exportiert“, sagte eine Sprecherin. „Damit haben wir genauso viel in die Welt geliefert wie an unsere eigenen Bürger.“ Das zeige, dass die EU offen und fair mit Impfstoffen umgehe. Aber natürlich könne man über alles reden. „Die EU ist bereit, jeden Vorschlag zu diskutieren, der diese Krise wirksam und pragmatisch angeht“, so Behördenchefin von der Leyen.
Brüssel legt sich nicht fest; schließlich will man US-Präsident Joe Biden nicht offen widersprechen. Von der Leyen möchte sich auch nicht mit Indiens Regierungschef Narendra Modi anlegen, der seit langem die Freigabe der Patente fordert. Indien gilt in Brüssel neuerdings als Vorzugspartner, beim Gipfeltreffen am Samstag will die EU dem Land erneut Hilfe gegen das Corona-Elend anbieten.
Doch die EU hat auch eigene Interessen. Die EU-Kommission steht kurz vor Abschluss eines neuen Mega-Deals mit dem deutschen Impfstoff-Hersteller Biontech. Der Vertrag über 1,8 Milliarden Dosen sieht auch die Möglichkeit vor, Vakzine in Drittländer zu exportieren, zur Not sogar als Spende. Diesen deutsch-europäischen Deal möchte von der Leyen nicht platzen lassen. Zudem will sie weiter Druck auf andere Länder machen, ebenfalls zu exportieren.
Bisher haben die USA und Großbritannien ihre Produktion weitgehend im eigenen Lande behalten. Dies sieht Brüssel als wichtigen Grund für die akute Impfstoff-Knappheit in den ärmeren Ländern. „Macht es wie wir: produziert und exportiert“, so die offizielle EU-Devise.
Frankreich ist dafür, Deutschland dagegen
„Entscheidend ist vor allem der weitere Ausbau von Produktionsstätten“, erklärte Deutschlands Gesundheitsminister Jens Spahn in Berlin. Der CDU-Politiker appellierte an die USA, ihre Politik zu ändern: Staaten, in denen Impfstoff produziert werde, müssten bereit sein, diesen auch zu exportieren. Einer Freigabe der Patente hingegen steht Spahn skeptisch gegenüber. Dies würde kurzfristig keine Abhilfe schaffen.
Spahns Haltung wird von Biontech-Chef Ugur Sahin geteilt. Der Verzicht auf geistige Eigentumsrechte sei nicht der richtige Weg, um die Produktion von Covid-19-Impfstoffen zu erhöhen, meint Sahin. Biontech setze auf Kooperationen mit ausgewählten Partnern, da sein Impfstoff schwierig herzustellen sei. Allerdings ließen sich andere Vakzine leichter produzieren. Dort würde die Übertragung von Patentrechten wohl auch schneller zum Erfolg führen.
Wesentlich wendiger als Deutschland zeigt sich Frankreich. Bisher hatte Paris die Öffnung der Rechte strikt abgelehnt. Nun erklärte Staatspräsident Emmanuel Macron, er sei „absolut dafür, dass das geistige Eigentum aufgehoben wird“. Impfstoffe müssten zum „weltweiten öffentlichen Gut“ werden. Erste Priorität sei es aber, Entwicklungsländern „Dosen zu spenden“ und Impfstoffe „in Partnerschaft mit den ärmeren Ländern zu entwickeln“.
Damit beginnt die Ablehnungs-Front in der EU zu bröckeln. Zuvor hatte sich bereits Polen für eine Freigabe der Patente ausgesprochen. Auch im Europaparlament deutet sich ein Meinungsumschwung an. Linke und Grüne werben zwar bereits seit Wochen für eine Öffnung. Doch erst jetzt finden sie Gehör. „Die EU ist der letzte Ort auf der Welt, wo noch die Profite von Big Pharma über die Gesundheit gestellt werden“, klagt die französische Linken-Abgeordnete Manon Aubry.
Die EU müsse nun den transatlantischen Schulterschluss üben und den USA folgen. Es ist ein Seitenhieb auf von der Leyen – denn die präsentiert sich gern als größte Freundin Amerikas.
Hoffnung in Afrika
Nach Ankündigung der US-Regierung, sich für die Aussetzung des Patentschutzes auf Covid-19-Impfstoffe einzusetzen, werden in Afrika Forderungen nach Unterstützung des US-Vorstoßes laut. „Die Ankündigung ist ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung – die (USA) tun das Richtige zur rechten Zeit“, sagte John Nkengasong von der Gesundheitsorganisation der Afrikanischen Union (AU), der Africa CDC. Es sei höchste Zeit für ähnlich mutige Schritte: „Das ist ein Appell an die internationale Gemeinschaft: seid bitte auf der rechten Seite der Geschichte.“ (dpa)
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Bravo. Keine Geschäfte mit dem Tod. Eine Pandemie ist ein Ausnahmezustand.
Sou, wat ech do elo nees wu Frankräich héieren schléit dem Faass de Buedem an. Et gëtt héich Zäit aus der EU eraus ze goen! Biontech blockéieren. Soss geet et nach? Se solle Cattenom zou maachen.