ElektrikerUnter Strom: OGBL beklagt Stillstand bei den Verhandlungen zur Erneuerung des Kollektivvertrags

Elektriker / Unter Strom: OGBL beklagt Stillstand bei den Verhandlungen zur Erneuerung des Kollektivvertrags
Hernani Gomes: „Drei Jahre Stillstand sind nicht normal“ Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Sozialdumping, Provokation, Abwertung des Berufs: Die Vorwürfe des OGBL an die Adresse des Arbeitgeberverbands der Elektrikermeister sind schwerwiegend. Seit drei Jahren stecken die Verhandlungen zur Erneuerung des Kollektivvertrags in der Sackgasse.

Ein Kollektivvertrag dient in der Regel dazu, den Beschäftigten einer Berufsgruppe bessere Arbeits- und Gehaltsbedingungen als das gesetzlich vorgeschriebene Minimum zu garantieren. Doch davon ist man beim Kollektivvertrag für die Elektriker ein gutes Stück entfernt. Etliche Beschäftigte würden im Sektor nicht mehr als den einfachen bzw. qualifizierten Mindestlohn verdienen, so der Vorwurf von OGBL-Zentralsekretär Hernani Gomes. Seit den letzten gesetzlichen Anpassungen des Mindestlohns um eine Erhöhung von 100 Euro nach den Parlamentswahlen von 2018 stagniere ein Großteil der Posten in der Gehältertabelle für Elektriker auf eben diesem Mindestniveau. Der Gewerkschafter spricht von 25 der im Kollektivvertrag festgeschriebenen 60 Gehaltsstufen. Das betreffe sogar Vorarbeiter, die doch eine wesentlich höhere Verantwortung tragen.

Der Kollektivvertrag sieht 26 Urlaubstage vor. Das war noch vor der allgemeinen Einführung eines 26. Urlaubstags für alle Beschäftigten durch Parlamentsbeschluss. Folglich kommen die Elektriker nicht in den Genuss dieser sozialen, von der Politik beschlossenen Besserung. Die Gewerkschaften OGBL und LCGB fordern daher einen 27. freien Tag.

Verhandlungsstart 2018

Dies sind nur zwei Punkte, bei denen die Gewerkschaften mit dem Arbeitgeberverband derzeit über Kreuz liegen. Bereits 2018 habe man um die Aufnahme von Verhandlungen zur Erneuerung des erstmals 2006 unterschriebenen und seitdem immer wieder ergänzten Kollektivvertrags gebeten. Zwar begannen die Verhandlungen 2018, doch angesichts der Ankündigung der neu-alten Regierung, den Mindestlohn um 100 Euro anzuheben, erbaten sich die Arbeitgeber eine Pause, schildert Gomes den Werdegang. 2020 bremste die Covid-19-Pandemie dann erneut den Prozess.

OGBL und LCGB legten bereits früh ihren Forderungskatalog vor. Dieser sieht neben dem 27. Urlaubstag auch eine lineare Gehaltserhöhung von jährlich 1,5 Prozent während drei Jahren. Auch sollte das administrative Personal in den Genuss des Kollektivvertrags kommen. Eine Anpassung, die laut OGBL überfällig sei, da mit der Einführung des Einheitsstatuts vor zwölf Jahren kein Unterschied mehr zwischen Beschäftigten (früher Arbeiter/Angestellte) besteht. Doch diese Forderungen stoßen auf Arbeitgeberseite bisher auf taube Ohren. Die Verhandlungsführer der „Fédération du génie technique“ (FGT) lehnen eine allgemeine Anpassung der Gehältertabelle ab – Gegenvorschläge sind bis heute ausgeblieben. Drei Jahre Stillstand bei den Verhandlungen seien nicht normal, sagt Gomes.

5.000 Beschäftigte betroffen

Die Gewerkschaft streitet nicht ab, dass einzelne Berufstätige etwas mehr verdienen als im Kollektivvertrag vorgesehen. Doch dies seien willkürliche Entscheidungen. Außerdem würden Betriebe mit geringfügigen Lohnzuschlägen gefragte Arbeitskräfte von der Konkurrenz abwerben. Gomes spricht dabei von Kannibalismus. Andererseits würden die Arbeitgeber Sozialdumping fördern, da sie ausländischen Arbeitnehmern nur den Mindestlohn auszahlen müssten. Mit ihrer Haltung entwerteten sie den Elektrikerberuf. Gomes stellt sich die Frage, wie man junge Menschen bei derartigen Niedriglöhnen noch für den Beruf begeistern könne. Und wie glaubwürdig seien zudem die Vorwürfe, Staat und Gemeinden würden dem Handwerk dank besserer Verdienstmöglichkeiten qualifizierte Mitarbeiter entziehen?

Der OGBL möchte nun die Mitarbeiter der Fachbetriebe mobilisieren und sie auf die aktuelle Situation aufmerksam machen. Gomes schließt weitergehende gewerkschaftliche Aktionen nicht aus. Der sektorielle Kollektivvertrag betrifft rund 5.000 Beschäftigte. (lmo)