BuchvorstellungUnd da gab es nur noch eins: Kleinbettingen feiert 125 Jahre

Buchvorstellung / Und da gab es nur noch eins: Kleinbettingen feiert 125 Jahre
Viele hundert Stunden hat Historiker Aloyse Jacoby in sein neuestes Werk investiert Foto: Editpress/André Feller

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Kleinbettingen trägt diesen Namen seit nun 125 Jahren. Zu diesem Anlass hat der Lokalhistoriker und Philatelist Aloyse Jacoby aus Kleinbettingen kürzlich ein Buch über die Geschichte seines Heimatortes veröffentlicht. Auf über 250 Seiten erzählt er mit Ansichtskarten, Dokumenten, Fotos und Berichten die Geschichte eines kleinen Dorfes nahe der belgischen Grenze, das einst durch wirtschaftlichen Aufschwung geprägt war.

Bis 1897 trugen zwei Dörfer im Großherzogtum den Namen Bettingen. Eine Verwechslung zwischen Bettingen/Mess und Bettingen bei Steinfort lag nahe. Doch auch im Eifelkreis Bitburg-Prüm trägt eine Gemeinde den Namen Bettingen. Auf Antrag der Gemeinde Steinfort nannte Großherzog Adolphe am 2. Juni 1897 per großherzoglichem Beschluss das Dorf Bettingen bei Steinfort in Kleinbettingen um.

In seinem Werk „125 Joer Klengbetten“ geht Aloyse Jacoby auf die ersten Erwähnungen im Jahr 450, 1157 und 1274 ein. Aus Dokumenten aus dem Jahr 1363 gehe Bettingen als Besitztum eines gewissen Rudolph von Sterpenich hervor.

Wirtschaftlicher Aufschwung

Überaus interessant sind jene Kapitel, die sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung in einem ländlichen Raum beschäftigen. Diese begann im 15. Jahrhundert, als die ersten Hochöfen im Eichtal entstanden. Der damalige Schmelzherr von Ansemburg erwarb die Besitztümer der Herrenfamilie des Kahler Hofes. Bettingen gehörte mit dazu – und fortan wurden dort Erzvorkommen abgebaut. Viele Bauern fanden an Ort und Stelle eine lohnende Arbeit. Aus dem angrenzenden Wallonien kommend ließen sich zahlreiche Arbeiter im Tagebau in der Region nieder.

Seit dem Londoner Vertrag von 1839 gehört Bettingen zum Großherzogtum Luxemburg. Vorher gehörte Bettingen zur Gemeinde Autel-Bas (heute Autelbas) im belgischen Kanton Arlon und zur Pfarrei Sterpenich.

Mit der Schaffung der Eisenbahnlinie zwischen Luxemburg und Arlon über Kleinbettingen erlebte das Dorf einen nie dagewesenen Aufschwung. 1867 wurde der Bahnhof Bettingen zum Nebenzollamt 1. Klasse, zusammen mit Bettemburg, Obertetingen, Steinfort und Doncols.

Jacoby entführt die Leser auf eine lokale Reise durch die Jahrzehnte
Jacoby entführt die Leser auf eine lokale Reise durch die Jahrzehnte Foto: 125 Joer Klengbetten/Aloyse Jacoby

Der Bahnhof war ab 1871 Haupteingangs- bzw. Ausgangspforte zwischen dem Hafen in Antwerpen und ganz Deutschland als Hinterland (Luxemburg war zu dieser Epoche Mitglied der deutschen Zollunion).

Erste Hotels entstanden in Bettingen, die Schaffung einer Postagentur drängte sich auf. In dieser Periode sorgte der Name Bettingen für Unzuträglichkeiten und Verwechslungen im Post- und Eisenbahnwesen. Am 16. Februar 1896 beschloss der Gemeinderat von Steinfort den Namen Kleinbettingen anstelle von Bettingen. Schlussendlich genehmigte die Regierung am 2. Juni 1997 die neue Namensgebung.

Eine neue Quelle des Reichtums im Ort war die Schaffung der heute landesweit bekannten „Klengbettener Millen“. Den Grundstein dazu legten 1894 die Herren Wagner und Fribourg, Besitzer einer Mühle in Arlon. 1921 erwarben die Gebrüder Joseph, Edmond und Georges Muller die Mühlen in Arlon und Kleinbettingen. Recht schnell modernisierten die neuen Besitzer die Technik und bauten die Silos aus. Nahezu 80 Beamte und Arbeiter waren auf der Mühle beschäftigt.

Ein jähes Ende

In Kleinbettingen waren außerdem eine Pulverfabrik, eine Holzspiritus- und Essigfabrik und die Farbenindustrie „Couleurs Gerard“ ansässig. Das kleine Dorf, dessen Erwerbsmöglichkeiten einst aus Landwirtschaft und Erzabbau bestanden, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem Städtchen, in dem Handel und Verkehr mit um die 700 Einwohner florierte. Im Höhepunkt seines Glanzes wurden dann auch verschiedene Vereine, etwa die Musikgesellschaft im Jahr 1894, gegründet.

Der Austritt Luxemburgs aus der deutschen Zollunion im Jahr 1918 und das Inkrafttreten der belgisch-luxemburgischen Wirtschaftsunion im Jahr 1922 läuteten das Ende einer wirtschaftlichen Ära in Kleinbettingen ein. Das Zollamt wurde nach Wasserbillig, Luxemburg und Bettemburg verlegt, der Bahnhof allmählich abgebaut.

Mit der Schaffung der Eisenbahnlinie erlebte das Dorf einen nie dagewesenen Aufschwung
Mit der Schaffung der Eisenbahnlinie erlebte das Dorf einen nie dagewesenen Aufschwung Foto: 125 Joer Klengbetten/Aloyse Jacoby

Im grenznahen Ort spielte nicht nur die Wirtschaft eine Rolle. Auch gab es mehrfach hohen Besuch vom belgischen Königshaus, wie aus dem Buch von Aloyse Jacoby hervorgeht. Zweifelsohne ist der 8. April 1953 ein geschichtsträchtiger Tag für das Großherzogtum. Am Tage vor der Eheschließung empfing der damalige Erbprinz Jean, späterer Großherzog von Luxemburg, Prinzessin Joséphine-Charlotte. Mit der Ankunft des Zuges in Kleinbettingen betrat sie offiziell das Großherzogtum.

Weitere Kapitel widmet Aloyse Jacoby den Kleinbettinger Vereinen und dem Geschäftsleben. Mit umfangreichem Bildmaterial dokumentiert der Autor bekannte Plätze und Häuser.

Das Buch kann zum Preis von 39 Euro bei Aloyse Jacoby bestellt werden.

Einen Schnellzug gab es vor 125 Jahren noch nicht: Kleinbettingen feiert Geburtstag
Einen Schnellzug gab es vor 125 Jahren noch nicht: Kleinbettingen feiert Geburtstag Foto: Editpress-Archiv