UkraineÜber hundert Gefangene zwischen Kiew und pro-russischen Separatisten ausgetauscht

Ukraine / Über hundert Gefangene zwischen Kiew und pro-russischen Separatisten ausgetauscht
Ein von Russland unterstützter Separatistenkämpfer (r.) begleitet eine Gruppe von ukrainischen Kriegsgefangenen in der Nähe des Kontrollpunktes Horliwka bei einem Gefangenenaustausch zwischen der Regierung in Kiew und den pro-russischen Separatisten im Osten der Ukraine Foto: AP/DPA/Alexej Alexandrov

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Am Nordrand der separatistischen Bergbaustadt Horliwka wurden am gestrigen Sonntag 139 Gefangene zwischen Kiew und den beiden pro-russischen Separatistengebieten im Donbass ausgetauscht. 

Laut Angaben des ukrainischen Präsidialamtes haben die Separatisten 76 Gefangene an die ukrainischen Regierungstruppen übergeben. Kiew ließ 85 Personen frei, wobei sich allerdings 22 davon weigerten, in die beiden selbsternannten Separatistengebiete „Volksrepublik Donezk“ und „Volksrepublik Luhansk“ auszureisen. Laut Angaben der separatistischen Donezker Nachrichtenagentur DAN trafen nur 60 Gefangene in Horliwka ein. Der Gefangenenaustausch wurde von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) begleitet.

Wie genau auch immer es mit den Zahlen der Freigelassenen steht, es handelt sich um den größten Gefangenenaustausch zwischen den beiden verfeindeten Parteien seit über zwei Jahren. Letztmals hatten die Kiewer Regierung und pro-russische Separatisten kurz vor Ende 2017 Gefangene ausgetauscht. Damals waren weit über hundert Unterstützer der pro-russischen Separatisten freigekommen. Doch danach wurde der in den Minsker Friedensverträgen vereinbarte Gefangenenaustausch auf Eis gelegt.

Ein neuer Anlauf nach dem Prinzip „Alle gegen Alle“ war vor drei Wochen in Paris zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin am Rande des Normandie-Gipfels vereinbart worden. Wobei Russland immer noch darauf bestand, keine Konfliktpartei im Donbass zu sein. Der Gefangenenaustausch sollte vor Neujahr über die Bühne gehen. Allerdings waren bis zuletzt Zeitpunkt und Freilassungslisten unklar. Bereits im September war es zu einem direkten Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine gekommen. Die beiden seit 2014 verfeindeten Staaten tauschten dabei je 35 Häftlinge aus, darunter den Sacharow-Preisträger und ukrainischen Filmregisseur Oleg Sentsow, der in einem fadenscheinigen Scheinprozess zu 20 Jahren Arbeitslager in Sibirien verurteilt worden war.

Kaum prominente Namen unter Freigelassenen

Unter den nun gestern im Donbass Freigelassenen fehlen derart prominente Namen wie Sentsow. Allerdings ist der ukrainische Journalist Stanislaw Aseew unter ihnen, der zweieinhalb Jahre von den Separatisten festgehalten wurde. Kiew hatte sich allerdings breitschlagen lassen, den pro-russischen Separatisten mehrere kontroverse Gefangene zu übergeben. Darunter befinden sich fünf Polizisten der ukrainischen Sonderpolizeieinheit „Berkut“, die im Zusammenhang mit den Todesschüssen auf dem Maidan im Februar 2014 einsaßen. „Wir weisen darauf hin, dass diese Personen keine Teilnehmer des Donbass-Konflikts sind“, schrieben Ende der Woche mehrere Opferfamilien der Sniper-Angriffe auf die Protestierenden des Maidan in einem Protestbrief an Selenski. „Die Freilassung könnte zu Protesten führen“, warnten sie.

Selenski indes hatte den Gefangenenaustausch beim Amtsantritt im Mai als Priorität seiner Präsidentschaft bezeichnet. Die Freilassung Sentsows und 34 weiterer russischer Gefangener Anfang September gehören zu den bisher größten Erfolgen des politisch unerfahrenen ehemaligen Komikers, der wegen unklarer Verbindungen zum Oligarchen Ihor Kolomojski nicht unumstritten ist. Der Gefangenenaustausch mit den pro-russischen Separatistenrepubliken im Donbass dürfte seine Zustimmungsrate weiter erhöhen.

Neben den fünf verurteilten Berkut-Polizisten überstellte Kiew den pro-russischen Separatisten drei russische Staatsbürger und einen Brasilianer, der auf der Seite der Separatisten gekämpft hatte. Auch die ukrainischen Regierungstruppen erhielten ein halbes Dutzend Kriegsgefangene zurück. Beide Seiten stellten den Gefangenenaustausch als Sieg dar. Die Donzeker Nachrichtenagentur DAN veröffentlichte am Sonntagabend Fotos, die lachende Freigelassene mit Siegesgruß zeigten.

Also nächstes Zeichen der Entspannung im Donbas sollen laut den Pariser Vereinbarungen die Truppen an drei Frontabschnitten entflechtet und neue Übergänge vom Separatistengebiet über die Frontlinie in den von Kiew kontrollierten Nord-Donbass eingerichtet werden.