Bezirksgericht LuxemburgTraversini wegen erteilter Baugenehmigung für Residenz in 2. Instanz vor Gericht

Bezirksgericht Luxemburg / Traversini wegen erteilter Baugenehmigung für Residenz in 2. Instanz vor Gericht
In erster Instanz war der ehemalige Abgeordnete und Ex-Bürgermeister von Differdingen Roberto Traversini vom Friedensgericht in Esch zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro verurteilt worden Foto: Editpress/Alain Rischard

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Wegen einer Baugenehmigung musste sich Roberto Traversini gestern vor dem Bezirksgericht Luxemburg verantworten, nachdem er in erster Instanz vom Escher Friedensgericht verurteilt worden war. Er habe nicht anders handeln können, als zu unterschreiben, betonte der Ex-Bürgermeister von Differdingen vor Gericht. Die Verteidigung forderte deshalb einen Freispruch auf ganzer Linie. 

Vor fast einem Jahr, am 11. November 2019, wurde Roberto Traversini vom Friedensgericht in Esch wegen einer illegalen Baugenehmigung zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro und zur Begleichung der Gerichtskosten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Ex-Abgeordnete und ehemalige Bürgermeister der Stadt Differdingen Berufung eingelegt, weswegen er nun am Mittwochmorgen vor dem Bezirksgericht in Luxemburg antreten musste.

Zur Vorgeschichte: Am 7. Mai 2015 hatte ein Bauunternehmen bei der Stadt Differdingen einen Antrag zur Errichtung eines Gebäudes mit 14 Wohneinheiten und 21 Parkplätzen in Niederkorn eingereicht. Die entsprechende Genehmigung wurde am 30. November desselben Jahres von Roberto Traversini („déi gréng“) in dessen Funktion als damaliger Bürgermeister unterzeichnet. Der Bau blieb indes umstritten.

Noch am selben Tag ließ die Gemeinde die Eigentümer des angrenzenden Grundstücks in einem Schreiben wissen, dass die Baugenehmigung nun erteilt worden sei. Diese war zuvor auch nie vor dem Verwaltungsgericht infrage gestellt worden. Allerdings blieb der Bau des Gebäudes einem benachbarten Ehepaar aus Niederkorn ein Dorn im Auge. Die Residenz mit 14 Wohneinheiten raube ihnen das Sonnenlicht, so ihr Argument, mit dem sie auch vor dem Friedensgericht in Esch vorstellig wurden.

Verstoß gegen eigene Vorschriften?

In ihrer Klage gingen die Kläger noch einen Schritt weiter. Der Bürgermeister habe beim Ausstellen der Baugenehmigung gegen die eigenen Vorschriften verstoßen. So müsste der Rückschlag zwischen zwei Häusern laut Artikel 23 des allgemeinen Bebauungsplans (PAG) mindestens drei Meter betragen. Dies sei beim vorliegenden Bauprojekt aber nicht der Fall, so ihr Argument.

Das Urteil wurde am 11. November letzten Jahres gesprochen. Traversini wurde wegen der Ausstellung einer illegalen Baugenehmigung zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro verurteilt, während das Bauunternehmen freigesprochen wurde. Bei Letzteren konnte der Richter kein Fehlverhalten erkennen. Somit wurde auch den individuellen Wünschen der Kläger nicht Rechnung getragen: Die Bauarbeiten wurden nicht eingestellt. Die Residenz wurde fertiggestellt und die verschiedenen Wohnungen ihren jeweiligen Besitzern übergeben.

Allerdings wurde gleichzeitig auch ein Architekt vom Gericht mit der Aufgabe betreut, die Parteien nach Möglichkeit zu versöhnen. Der Experte sollte unter anderem prüfen, ob der Neubau den Wert des benachbarten Grundstücks mindere. Doch bis heute wurden nur Pläne vorgelegt.

Verteidigung fordert Freispruch

Vor dem Bezirksgericht Luxemburg gab Roberto Traversini am Mittwoch zu Protokoll, dass nicht er, sondern die Techniker der Gemeinde Differdingen das Dossier zur Baugenehmigung vorbereitet hatten. „Ich hatte keine andere Wahl: Meine Pflicht war es, zu unterschreiben. Und das habe ich getan.“ Der Rechtsbeistand der Kläger war jedoch anderer Meinung. Ein Bürgermeister habe immer die Möglichkeit, eine andere Entscheidung zu treffen. Schließlich leite er die Stadtverwaltung und sei „esou eppes wéi de Papp vun der Gemeng“, so die Anwältin. Für ihre Mandanten beantragte sie einen moralischen Schadenersatz von 20.000 Euro.

Währenddessen forderte der Anwalt der Baufirma die Bestätigung des Freispruchs für das Bauunternehmen aus erster Instanz. Die beiden Verteidiger von Ex-Bürgermeister Traversini erklärten hingegen, dass die Baugenehmigung nie vor dem Verwaltungsgericht infrage gestellt worden sei. Artikel 23 lege nur das Prinzip fest. Um Rechtssicherheit in diesem Fall zu bekommen, sollten jedoch die Prinzipien des Verwaltungsrechts angewendet werden.

In diesem Zusammenhang nahm Me Rosario Grasso seinen Mandanten in Schutz: Es gebe keine Indizien dafür, dass Traversini strafrechtlich gesehen einen Fehler gemacht habe. In diesem Sinne beantragte die Verteidigung einen Freispruch auf der ganzen Linie für ihren Mandanten. Für den Fall, dass das Gericht der Meinung sei, Traversini sei dennoch schuldig, forderte der Rechtsbeistand eine „suspension du prononcé“. Aus Zeitmangel musste das Verfahren am Mittwoch unterbrochen werden. Der Prozess wird am 4. November fortgesetzt.