Corona-PandemieTrotz lockeren Umgangs will man in Schweden vorbereitet sein

Corona-Pandemie / Trotz lockeren Umgangs will man in Schweden vorbereitet sein
Die Menschen im schwedischen Malmö genossen am Sonntag das sonnige Wetter und kümmerten sich nicht um die in Corona-Zeiten ausgegebenen Empfehlungen der Regierung zum Abstandhalten  Foto: Johan Nilsson/TT News Agency/AFP

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In Schweden lassen die Politiker in erster Linie die Experten der Gesundheitsbehörde über die Eindämmungspolitik des Landes entscheiden. Vor allem Anders Tegnell, Oberarzt und Staatsepidemiologe, und dessen Behördenchef Johan Carlson tragen die Hauptverantwortung für die gut zehn Millionen Schweden.

Die rot-grüne Minderheitsregierung sowie die bürgerliche Opposition haben deren Autorität bislang nicht angezweifelt. Das schwedische Experiment wird fortgesetzt. Verbote könne man vielleicht eine Woche, aber nicht länger durchsetzen, so Behördenchef Carlson. Die Zwei-Personen-Regel in Deutschland findet er ziemlich streng, aber jedes Land habe andere Voraussetzungen. „Ich glaube insgesamt nicht an Verbote, wie Reise- oder Ausgangsverbote“, so Carlson. Die Osterferien stehen an und damit zahlreiche Reisen in die für die Schweden obligatorischen weinroten Sommerlandhäuschen.

„Wenn die Leute sagen, wir in Schweden machen ein Experiment mit unserem Sonderweg, würde ich antworten, dass es ein äußerst, äußerst kniffliges Experiment ist, die gesamte Bevölkerung eines Landes vier bis fünf Monate einzusperren“, kritisiert Carlson die Verwunderung im Ausland.

Für den schlimmsten Fall hat Ministerpräsident Stefan Löfven jedoch am gestrigen Dienstag nach einigem Widerstand ein Gesetz bei den anderen Parteiführern durchsetzen können, das der Regierung weitergehende Befugnisse einräumt, um gegen das Coronavirus vorgehen zu können, ohne vorher das Parlament zu fragen. Demnach sollen etwa Einkaufszentren unmittelbar geschlossen und medizinische Ressourcen wie Medikamente zwischen den eigenständigen Landesregionen zwangsverteilt werden können. Das Parlament muss dem Gesetzesvorhaben allerdings noch zustimmen

Insgesamt sieht es gar nicht so schlecht aus für Schweden. „In Schweden hatten wir am Wochenende und Montag ziemlich wenige neue Fälle und das hält sich auch am Dienstag so. Wir liegen auf einem guten Niveau, das kann man als gutes Zeichen sehen“, so Tegnell gestern Nachmittag. Die freiwilligen Maßnahmen hätten Erfolg, denn auch die gewöhnliche Grippe, die derzeit immer umgehe, habe sich viel weniger ausgebreitet als vor einem Jahr.

Schweden hatte gestern Nachmittag 591 Todesfälle, 640 Personen lagen insgesamt bislang auf Intensivstationen. Das Krankenwesen sei nach Umstrukturierungen nun gut vorbereitet, so die Chefin der Krisenbereitschaft, Johanna Sandwall. Für eine Situation wie in Italien sei man aber nicht vorbereitet: „Es gibt ausreichend Lokale, Personal und Ausrüstung. Wir haben keinen akuten Mangel“, sagt sie.

Nur Schwerkranke werden getestet

Auf die Gesamteinwohnerzahl gerechnet hat Schweden eine Todesrate von 591 auf 10,1 Millionen Einwohnern. Die ist allerdings deutlich höher als die in Deutschland (1.810 Tote auf 82,79 Mio. Einwohner) und Österreichs (243 Tote auf 8,82 Mio. Einwohner). Wie viele Schweden sich bereits angesteckt haben, weiß niemand. Bislang sind die Testkapazitäten so gering, dass nur Schwerkranke überprüft werden. Wer vertragbare Symptome hat, soll zu Hause bleiben, statt auf dem Weg zum Arzt andere anzustecken, so die Empfehlung.

„Das hier ist eine sehr ansteckende Krankheit und über die Hälfte von Schwedens Bevölkerung wird vor dem Ende dieses Monats abgesteckt worden sein“, prognostiziert Tom Britton, Statistikprofessor an der Universität Stockholm, gegenüber SVT. Das sei ein recht „realistisches“ Niveau, bestätigt auch Jan Albert, Professor für Ansteckungsschutz am Karolinska Institutet in Stockholm, gegenüber SVT.

Auch wenn Schwedens Gesundheitsbehörde Herdenimmunität nicht als Hauptziel ausgewiesen hat, wurde sie nicht als vorteilhafter Nebenfaktor der in Europa einzigartig lockeren Corona-Strategie ausgeschlossen.

Luciliburhuc
7. April 2020 - 20.30

Sind diese Nordmänner einfach gesünder ? Akuavit gegen Corona?