ForschungTierische High-Macher aus dem Darknet – Kröten lecken für den Rausch

Forschung / Tierische High-Macher aus dem Darknet – Kröten lecken für den Rausch
Das Sekret der giftigen Aga-Kröten ist beliebt bei Menschen, die einen schnellen Rausch suchen Foto: Unsplash/ Lucas van Oort

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Eine Gruppe australischer Forscher hat über 50 Marktplätze im Darknet durchsucht, um herauszufinden, welche Tiere und Pflanzen dort gehandelt werden. Sie stießen auf über 150 Arten, die meisten davon Tiere, Pflanzen und Pilze mit psychoaktiver Wirkung – oder in anderen Worten mit Substanzen, die high machen.

Ende letzten Jahres ging ein Prozess am Amtsgericht Osnabrück durch die Presse: Der Angeklagte hatte Drogen über das Darknet verkauft, darunter psilocinhaltige Pilze und Dimethyltryptamin (DMT). Letzteres hatte der Mann aus dem Sekret der giftigen Aga-Kröten gewonnen.

Das Darknet ist der verborgene Teil des Internets, ein Tummelplatz für kriminelle Machenschaften, wie das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik auf seiner Webseite schreibt. „Fast jeder hat Geschichten gehört, nach denen im Darknet Drogen, Menschen oder sogar Morde gehandelt werden“, heißt es dort. Webseiten des Darknets sind – wie die Experten erklären – nicht durch die üblichen Suchmaschinen oder Browser auffindbar, sondern nur mit Hilfe von Anonymisierungsnetzwerken wie Tor. Die Seiten seien meist nur direkt abrufbar, wenn man die genaue URL kenne.

In diesem „verborgenen“ Netz werden aber nicht nur Drogen gehandelt, sondern auch die Tiere, Pflanzen und Pilze, die diese liefern. Eine Gruppe an Forschern der University of Adelaide in Australien hat sich intensiv mit dieser im Verborgenen gehandelten Flora und Fauna befasst. „Auf 51 Dark-Web-Marktplätzen fanden wir 153 Arten, die verkauft wurden“, schrieben die Forscher in einem Begleitartikel zu ihrer Studie für die akademische Webseite The Conversation. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um Tiere, Pflanzen und Pilze mit psychoaktiver Wirkung, das heißt, sie alle enthielten Substanzen, die eine berauschende, bewusstseinsverändernde Wirkung haben.

Kröten lecken für den Rausch

Zwischen 2014 und 2020 konnten die Wissenschaftler über 3.000 Anzeigen mit Wildtierarten auf Darknet-Marktplätzen aufspüren. „Wir haben diese Marktplätze nach Schlüsselwörtern in Bezug auf Wildtierhandel und Artennamen durchsucht“, schrieben die Forscher. Unter den Wildtieren wurde beispielsweise die berüchtigte Colorado-Kröte angeboten, deren Haut zur Abwehr psychoaktive Toxine absondert.

Sie ist ähnlich beliebt bei Menschen, die einen schnellen Rausch suchen, wie die Aga-Kröte. Diese ist in Süd- und Zentralamerika heimisch, wurde aber in den 1930ern als „Waffe“ gegen den Zuckerrohrkäfer auch nach Australien eingeführt, wo sie sich enorm vermehrte und inzwischen großen Schaden an der Tier- und Pflanzenwelt im Norden des Landes anrichtet. Die Kröten sondern über Drüsen am Kopf ein starkes Gift ab, das beim Menschen die Herzschlagfrequenz und den Blutdruck erhöht und leichte Halluzinationen auslösen kann.

Goliathkäfer und Goldskorpione im Angebot

Die am häufigsten gehandelte Art war laut der Forscher aber ein südamerikanischer Baum namens Mimosa tenuiflora, auch bekannt als Jurema Preta, dessen Rinde ein extrem starkes Halluzinogen, das erwähnte DMT, enthält. Insgesamt machten Pflanzen die meisten der verkauften Arten im Darknet aus und viele der angebotenen Spezies stammten aus Mittel- und Südamerika. Außerdem stießen die australischen Forscher auf 19 Arten psilocinhaltiger Pilze.

„Viele Arten wurden wegen ihrer angeblichen medizinischen Eigenschaften verkauft, und eine kleine Anzahl von Arten wurde für Kleidung, als Dekoration oder als Haustiere veräußert“, so die Forscher. Unter den Tieren, die die Forscher im Darknet entdeckten, waren aber auch Tiere oder Tierprodukte, die seit langem illegal gehandelt werden, wie lebende afrikanische Graupapageien und Elfenbein oder Zähne und Felle von Tigern und Löwen. Seltener, aber ebenfalls im Angebot waren Goliathkäfer und Goldskorpione, die bei Sammlern beliebt sind. Auch Seegurken tauchten immer wieder auf, nachdem die Innereien von Seegurken in Japan beispielsweise als Delikatesse in dem Gericht Konowata zubereitet werden.

Online-Plattformen wappnen sich

Weltweit wird der Handel mit Wildtieren durch das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) – das sogenannte Washingtoner Artenschutzübereinkommen – geregelt. Doch letzteres erreicht nur einen kleinen Teil der Spezies, wie die Forscher anmahnten. „Bis heute schützt CITES weniger als fünf Prozent der gehandelten Arten“, schrieben sie in ihrer Abhandlung. Schätzungen zufolge würde die Zahl der lebend gehandelten Arten den regulierten Handel um mindestens das Dreifache übersteigen.

Aktuell versucht eine neue Initiative namens Coalition To End Wildlife Trafficking Online den Online-Handel mit Wildtieren zu bekämpfen. Die Organisation arbeitet mit Tier-NGOs und Online-Plattformen wie Facebook, Alibaba und eBay zusammen, um die Angebote, bei denen Wildtiere über das Internet verkauft werden sollen, zu stoppen. Dies sei eine entscheidende Initiative, betonten auch die australischen Forscher. Gleichzeitig merkten sie aber auch an, dass Razzien im leicht zugänglichen Internet auf der anderen Seite natürlich dazu führten, dass der Wildtierhandel im Darknet zunehme.