Tetingen schafft ein Monument für eine vergessene Beförderungstechnik

Tetingen schafft ein Monument für eine vergessene Beförderungstechnik

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Wie kriegt man die Minette zum Hochofen, wenn die Erzgruben oben auf dem Berg, die Schmelzen aber unten im Tal liegen? Früher hatte man dafür eine originelle Lösung. In Tetingen kann man sie seit Mittwoch am neu restaurierten Bremsberg des Tagebaus Langenacker wieder in Augenschein nehmen.

Die Minetteschichten des lothringisch-luxemburgischen Erzbeckens sinken von Norden nach Süden hin ab. Während in Luxemburg das Erzgestein mehr oder weniger horizontal zugänglich war (durch Galerien oder Tagebaue), mussten bei unseren französischen Nachbarn oft vertikale Schächte zu den Lagerstätten hin gegraben werden, um an die Minette heranzukommen. In Luxemburg lagen durch jahrmillionenalte geologische Entwicklungen die Erzschichten teilweise sogar in einiger Höhe über den Tälern von Kaylbach, Alzette oder Chiers, in denen die Hüttenwerke angesiedelt waren.

Um die Minette ins Tal zu befördern, wurde daher von mehreren Grubenbetrieben – so etwa auch am Tetinger Tagebau Langenacker – auf die Technik der „schiefen Ebene“ (beziehungsweise „Bremsberg“) zurückgegriffen. Die Franzosen sprechen dabei von einem „Plan incliné“, wovon die Luxemburger ihren Begriff „Plang“ abgeleitet haben. Ein „Plang“ funktioniert mithilfe einer Standseilbahn (französisch „Funiculaire“), auf der zwei Eisenbahnzüge am gleichen Drahtseil hängen, wodurch sie sich simultan und symmetrisch fortbewegen: Zum gleichen Moment, wo der eine an der Bergstation eintrifft, läuft der andere in die Talstation ein.

Hierzulande ist derzeit eine einzige Standseilbahn, die allerdings der reinen Personenbeförderung vorbehalten ist, in Betrieb: der von der CFL betriebene Funiculaire, der das Pfaffenthal mit dem Kirchberg verbindet. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied zwischen der neuen CFL-Standseilbahn und ihren Vorgängern aus dem „Minett“. Während Erstere von Elektromotoren angetrieben wird, funktionierten Letztere ganz ohne Motor, allein durch Schwerkraft.

Selbst die Mönche hatten ihre Seilbahn

Dies hat eine einfache Erklärung: Beim CFL-Funiculaire werden die schwereren, weil stärker beladenen Kabinen mit ihrer Pendler-„Fracht“ morgens motorisch bergauf gezogen, derweil abends die schwereren Kabinen bergab laufen. Bei einem „Plang“ dagegen rollen die geladenen Züge ausnahmslos immer bergab und ziehen durch ihre weitaus größere Masse die am selben Stahlseil hängenden Leerzüge bergauf. Ein geladener Buggy wog rund drei Tonnen, während ein entladener lediglich auf rund 800 Kilo kam. Durch diese Gewichtsdifferenz lief eine geladene Wagengarnitur ziemlich flott den Berg hinab. Und zwar so flott, dass ihre Geschwindigkeit nicht mehr beherrschbar gewesen wäre, wenn man sie nicht gebremst hätte.

Kontrolliert wurden die Buggys von einem oben als Bergstation („Station de freinage“) fungierenden Bremshäuschen aus, in dem das Förderseil über eine Umlenkrolle lief: Ein Arbeiter, dem sein überhöhter Standpunkt einen Überblick über den gesamten Bremsberg verschaffte, mäßigte die Geschwindigkeit der Kipploren durch Bremsung der Umlenkrolle.

Wie findet man den Tetinger „Plang“?

Das beschriebene Verfahren der „Plans inclinés“ geriet aber in der Minette recht bald in Vergessenheit, da sich das Eisengestein im Endeffekt meist dann doch effizienter mit lokbetriebenen Zügen, Lastwagen, Fließbändern oder Luftseilbahnen zu Tale bringen ließ.
Die Technik des „Plang“ war aber nicht nur in der MinetteGegend anzutreffen: Auf der hervorragenden, von Jean-Marie Ottelé produzierten Webseite www.rail.lu sieht man historische Bilder nicht nur vom Tetinger Langenacker, sondern auch von den Bremsbergen der Firma Chaux de Contern, dem Grevenmacher Steinbruch Kelsbach, den Gipsgruben in Rosport, dem Obermartelinger Schieferbergwerk oder dem Quarzitsteinbruch bei Bockholtz.

Ja sogar die Clerfer Abtei betrieb einst einen Schrägaufzug, über welchen die Patres mit Holz und Kohle versorgt wurden. Um das neue Monument zu finden, fährt man bei der Tetinger Kirche die Langertengaass hinauf bis zu einem kleinen Parkplatz, an dem die Wolmeringer Straße beginnt. Diese geht man bergauf, bis man linkerhand an einem mit einem Schmetterling gekennzeichneten Wanderweg ankommt. Dieser Weg führt einen dann geradewegs zum „Plang“.


Ein gelungener Neuanfang: „Bremshaischen“

Anlässlich der Einweihung des „Bremshaischen“ in Tetingen konnte Bürgermeister und CIGL-Präsident John Lorent neben Kammerpräsident Mars di Bartolomeo den Staatssekretär im Kulturministerium, Guy Arendt, eine Anzahl an Südabgeordneten und Ehrengästen begrüßen. Angesprochen auf die Lokalitäten meinte der Redner, man könne meinen, man sei in der Pampa. Eine solche teilweise Wiederherstellung der selbstfahrenden schiefen Ebene der Grube „Langenacker“ erfordere jede Menge Sachkenntnis. Eine Herausforderung, welche die CIGL-Mannschaft mit Bravour gemeistert habe, und darauf sei er überaus stolz. Das Projekt passe in das Gesamtkonzept der Gemeinde, zu den zwei bestehenden Kulturwegen komme jetzt ein dritter hinzu: der „Minettswee“.

Guy Arendt bedauerte in seiner Ansprache, dass man sich nicht an der Finanzierung des „Bremshaischen“-Projektes beteiligen konnte, da es sich um einen Neuaufbau handele und das Gesetz darin strikt sei. Kammerpräsident Mars di Bartolomeo erinnerte an die vergangenen Zeiten und betonte in seiner kurzen Ansprache, dass der Reichtum des Landes nicht vom Himmel gefallen sei und auch nicht vom Finanzsektor herrühre, sondern von der „Roten Erde“ und der Arbeitskraft der Luxemburger sowie ihrer zugewanderten Kollegen aus anderen Ländern. Abschließend erinnerte er an Jean Schortgen, dessen Verdienste die Errungenschaften unseres Sozial- und Gesundheitssystem waren, und an Robert Krieps, Vater der „Sentiers culturels interdisciplinaires“.