WinterspieleDamoklesschwert Coronavirus: Team Lëtzebuerg auf riskantestem Teil der „Mission Peking“

Winterspiele / Damoklesschwert Coronavirus: Team Lëtzebuerg auf riskantestem Teil der „Mission Peking“
Gilles (Teamchef Alpin), Matthieu und Geoffrey (Physiotherapeut) Osch hoffen auf sorgenfreie Olympische Spiele  Foto: Privat

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Die Sorgenfalten bei den Nationalen Olympischen Komitees sind vor den Winterspielen groß. Zum einen herrscht die Angst, in Peking einen positiven Test aufzuweisen, zum anderen müssen sich die Delegationen mit einer fragwürdigen App auseinandersetzen. Auch das Team Lëtzebuerg bleibt von all dem nicht verschont. Am Samstagmorgen fliegt das Team um Gwyneth ten Raa und Mathieu Osch nach Peking – wo mit dem Covid-Test die erste Hürde gleich bei Ankunft ansteht. 

In diesen speziellen Zeiten beherrscht laut dem erfahrenen und exzellent vernetzten Teamchef Heinz Thews ein Wunsch und Gedanke die olympische Vorbereitung: „Gleich bei Ankunft in Peking will ich ohne Close Contact oder positiven Test in den ’closed loop’ – und alle gesund zurückbekommen. Das ist auch die größte Sorge meiner Kollegen.“ Während die westliche Welt die nächste Welle mit Wucht und Rekordzahlen an Infizierten reitet, hält China an seiner rigorosen Null-Covid-Politik fest. Gerade bei ersten kleinen Infektionsherden auch durch die Omikron-Variante fahren sie einen riesigen Aufwand mit Lockdown und konsequenten Tests von Millionenstädten. Die „Gefahr“ Olympische Spiele mit Tausenden potenziellen Infektionsquellen gilt da als Chefsache.

Den chinesischen Chefs und Gastgebern traut aber nicht jeder. Im Spiegel befürchtet etwa die 25-jährige deutsche Goldkandidatin im Snowboard, Ramona Hofmeister, Willkür mit falsch-positiven Corona-Tests: „Wir können einfach aus dem Wettkampf genommen werden. Wenn wir durch einen vermeintlich positiven Test rausgezogen werden, sind wir aufgeschmissen und können nichts mehr machen.“ Viel mehr, als auf faire und gute Spiele zu hoffen, könne sie aber nicht machen. Im gleichen Artikel teilt der 61-jährige DSV-Alpinchef Wolfgang Maier ihre Befürchtungen: „Da ist Manipulation Tür und Tor geöffnet. Du kannst jeden aus dem Verkehr ziehen, der dir irgendwie im Weg steht. Wir haben keinen Schutz für die Athleten und sind dort quasi einer Willkür ausgesetzt.“

Um sie als verschwörungstheoretischen Unsinn beiseite zu wischen, stützen sich die Befürchtungen auf zu viele konkrete Anzeichen. Einerseits fährt China seine rigorose Covid-Politik, die mit – im Westen unvorstellbarer – Konsequenz und Autorität durchgezogen wird. Selbst das mächtige IOC beugt sich völlig den Vorgaben der chinesischen Gesundheitsbehörden. Dabei ist – andererseits – etwa der CT-Wert seit Wochen Diskussionsthema. An diesem entscheidet sich anhand der Viruskonzentration, wann ein Test positiv ist. Bei einem höheren Wert reicht weniger Viruslast für ein positives Resultat. In China gilt 40, im Westen zumeist 30 (bei den Sommerspielen in Tokio war auch 40 die kritische Schwelle).

Angst vor der Vor-Ort-Quarantäne

Die Befürchtung ist dabei, dass man trotz der vorgeschriebenen negativen PCR-Tests innerhalb von 96 und 72 Stunden vor den speziellen Charterflügen nach Peking bei den dortigen Tests zum Eintritt in den „closed loop“ plötzlich positiv ist. Damit würde man selber isoliert werden und die „close contacts“, also etwa alle Teammitglieder in der gleichen Reihe im Flugzeug sowie die Sitzreihe davor und dahinter, müssten durch eine intensive dreitägige Test- und Überwachungsprozedur.

Hinzu kommen natürlich die täglichen PCR-Tests während des gesamten Aufenthalts. Ein Positivfall muss dabei sofort in eines der Quarantänehotels, aus dem man erst nach zwei negativen Tests im Abstand von 24 Stunden wieder raus darf. Deren Standard soll nach massiven Beschwerden wegen unter anderem Kakerlakenbefall während olympischer Testevents zwar verbessert worden sein. Ein Horrorszenario bleibt eine Zwangsquarantäne statt des erträumten Höhepunkts einer Sportlerkarriere natürlich dennoch.

Um die Infektionsgefahr bestmöglich zu minimieren, hat sich die luxemburgische Delegation wie vom IOC empfohlen bereits vor rund zwei Wochen in größtmögliche Selbstisolation begeben. Die Weltbesten konnten dabei schlecht auf ihre Weltcupauftritte verzichten, doch Gwyneth ten Raa und Matthieu Osch haben in den letzten Tagen einige Wettkämpfe ausgelassen, da das Infektionsrisiko dort schlechter zu kontrollieren war, und stattdessen auf intensives Training gesetzt.

Der Teamkapitän der Alpinen, Gilles Osch, sieht sein kleines Team allgemein in einem Vorteil. Mit seinen Söhnen Geoffrey als Physiotherapeut und Matthieu als Aktiver waren sie bereits die letzten Tage in einer familiären Blase und die wenigen weiteren Teammitglieder waren ähnlich vorsichtig. Haben sie am heutigen Samstag den gefürchteten Test bei der Einreise in Peking erst einmal geschafft, ist er für die Zeit der Spiele zuversichtlich: „Wir sind ein überschaubares Team, in dem jeder seine Rolle gut kennt und wir uns prima ergänzen. Ich sehe unsere Blase vor Ort ganz positiv, denn wir reisen früh an und können uns vor Ort optimal auf die Gegebenheiten einstellen. Ich kann mir vorstellen, dass die Chinesen sehr achtgeben und dass wohl kaum andere Plätze ähnlich sicher vor Covid wie das Olympische Dorf sein werden.“

Olympia-App „My2022“ kritisch beäugt

Der heutige Lufthansa-Sonderflug von Frankfurt nach Peking sollte auch verhältnismäßig sicher sein, da ihn ausschließlich Passagiere mit einer Vorakkreditierung für die Winterspiele buchen konnten. Zu den Vorsichtsmaßnahmen gegen eine Infektion gehört, dass zwischen den Delegationen auch eine Sitzreihe Sicherheitsabstand vorgesehen ist. Da dies natürlich nicht auf einen Zubringerflug vom Findel zutrifft, und so zudem kein Material und Koffer verloren gehen kann, fuhr das COSL-Team am Samstagmorgen im Minibus nach Frankfurt.

Ein anderer Punkt, der manchen Olympioniken, Funktionären, aber auch Datenschützern Sorgen bereitet, ist die chinesische Olympia-App „My2022“ mit ihren erwiesenen Sicherheitslücken. Bereits zwei Wochen vor der Anreise muss jeder hierin täglich penibel Buch führen über seinen Gesundheitszustand. Die Datenschützer von CitizenLab warnen vor Spionage und Datenklau und viele befürchten, dass die chinesische Regierung sie als trojanisches Pferd nutzt, um die Anwesenden zu überwachen, Schlüsselwörter an die Zensurbehörden zu melden und kritische Äußerungen zu unterbinden. Die kanadischen Forscher entdeckten jedenfalls bereits eine Zensurliste mit über 2.000 Schlüsselwörtern.

Bei ihrer eigenen Bevölkerung hat sie den Hang zu ausführlicher Zensur hinreichend bewiesen. Yang Shu vom Organisationskomitee in China wurde bei einer Pressekonferenz überraschend deutlich: „Jede Äußerung, die mit dem olympischen Geist zu vereinbaren ist, ist geschützt. Jedes Verhalten, jede Rede, die gegen den olympischen Geist, besonders gegen chinesische Gesetze und Regularien ist, unterliegt genauso gewissen Bestrafungen.“ Auch in der Regel 50 der Olympischen Charta sind Demonstrationen und politische, religiöse oder rassistische Propaganda in den Spielstätten verboten. Bei allen anderen Gelegenheiten will das Internationale Olympische Komitee aber die freie Rede ihrer Athleten schützen. Worauf sich viele auch angesichts des windelweichen Verhaltens des IOC angesichts des Falles der Tennisspielerin Peng Shuai nicht verlassen wollen. Nicht zuletzt mit einem simplen, positiven PCR-Test wäre man schließlich schnell und wortwörtlich isoliert.

Gilles Osch sagt dazu: „Ich habe mir zur App auch meine Gedanken gemacht. Aber ich bin kein Informatiker und glaube, dass ich auch ohne diese App einem gezielten Hackerangriff ziemlich ausgeliefert wäre. So gilt für mich, Kopf einziehen und hoffen, dass es gutgeht.“ Mit zwei jungen Sportlern von 16 und 22 Jahren, die weit von jeglichen Medaillenchancen oder internationalem Medienrummel entfernt sind, erwartet dabei eigentlich auch niemand vom Team Lëtzebuerg kritische Äußerungen zu den Internierungslagern in Xinjiang oder der Unterdrückung der Zivilgesellschaft in Hongkong.

„Omikron ändert alle Vorgaben komplett. Alles wäre viel einfacher, auch das Leben im Olympischen Dorf“, ist sich der Skienthusiast jedenfalls sicher. Trotz dieser erschwerenden Umstände wird sich das kleine luxemburgische Team aber – negative Tests vorausgesetzt – auf das Essenzielle konzentrieren können: Bei den vier Rennen die bestmögliche Leistung in den weißen Kunstschnee pressen zu können und in bester olympischer Manier für ein paar Farbtupfer zu sorgen.

Tim
29. Januar 2022 - 14.37

Und der nächste Artikel aus der Sinophobie-Reihe des Tageblatts. Ja, auch olympische Sportler müssen sich an chinesische Gesetze halten, wenn sie in China sind. Hier wird der politische Wille, sich nicht der Willkür des IOC zu beugen, als potentielle Korruption und Unfairheit den westlichen Sportlern gegenüber dargestellt. Geht's noch? China hat nunmal eine sehr wirksame Covid-Politik und hat damit Millionen von Leben gerettet! Die chinesischen PCR-Tests sind also weniger vertrauenswürdig als die Deutschen und könnten dazu benutzt werden Deutsche Rivalen auszuschalten, behauptet einfach mal der DSV Typ. Worauf begründet man das? Rassismus, klar. Und dann gibt's auch noch eine App! Soll man einfach blind darauf vertrauen, dass so eine China-App sich an den gleichen strengen Datenschutz hält wie Google, FB und NSA? Übrigens, in Japan hatte man kein Problem mit den strengen nationalen Gesetzen und dem höheren CT-Wert, aber China böööse.