Polizei ohne Grenzen am Findel

Polizei ohne Grenzen am Findel
Das Gebäude des gemeinsamen Zentrums für Polizeiarbeit aus vier Ländern in der Nähe des Findels.

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Sie leben Europa ganz praktisch - und das Tag für Tag: die Beamten des gemeinsamen Zentrums für Polizeiarbeit aus vier Ländern in Luxemburg. In den ersten 15 Jahren haben sie schon viele Fälle mit aufgeklärt.

Sie leben Europa ganz praktisch – und das Tag für Tag: die Beamten des gemeinsamen Zentrums für Polizeiarbeit aus vier Ländern in Luxemburg. In den ersten 15 Jahren haben sie schon viele Fälle mit aufgeklärt.

Vier Polizisten aus vier Ländern sitzen im Bereitschaftsraum an einem Tisch. Sie haben Datenbanken auf ihren Bildschirmen geöffnet, greifen immer wieder zum Telefon und rufen sich Informationen in Deutsch oder Französisch zu. Die Beamten kommen aus Deutschland, Luxemburg, Frankreich und Belgien – und arbeiten gemeinsam an der Aufklärung von Straftaten in der Großregion.“Wir haben schon dazu beigetragen, dass etliche Täter identifiziert werden konnten“, sagt der Deutsche Koordinator des Gemeinsamen Zentrums für Polizei- und Zollzusammenarbeit mit Sitz in Luxemburg, Thomas Kiefer.

Denn in dem Zentrum mit insgesamt 40 Polizei- und Zollbeamten aus elf Behörden laufen Informationen aus den vier Ländern zusammen, die bei einem Verbrechen ruckzuck abgefragt und kombiniert werden können. Beispielsweise nach einer Schlägerei in einer Disco im saarländischen Merzig. „Da gab es den Verdacht, dass die Täter aus dem Grenzraum kommen“, erzählt Bundespolizist Kiefer aus Saarbrücken. „Wir haben Lichtbilder an alle Kollegen verteilt und dann Treffer gehabt.“

Häufig könnten auch Taten grenzüberschreitend zugeordnet werden, berichtet der Luxemburgische Koordinator, Roland Weber. Wenn auf deutscher Seite zum Beispiel ein Einbruch nach einem bestimmten Muster geschehe, könne geprüft werden, ob es ähnliche Fälle auch woanders gebe. Das sei häufig der Fall. „Wir stellen fest, dass sich Täter sehr schnell über die Grenze bewegen“, sagt er. „Wir fügen Puzzleteile zusammen, was sonst grenzüberschreitend kaum möglich wäre. Und das hilft Ermittlern dann bei der Arbeit.“

Das Zentrum, das nahe dem Luxemburger Flughafen Findel liegt, gibt es seit 15 Jahren. Die gemeinsame Stelle war am 25. Februar 2003 zwischen den Regierungen von Deutschland, Belgien und Luxemburg gegründet worden. Zuvor (2001) hatte es bereits ein Abkommen zwischen Luxemburg und Frankreich gegeben. „Ab 2003 waren alle vier Nationen unter einem Dach“, sagt Weber. Die Zahl der seitdem bearbeiteten Anfragen aus den vier Ländern an das Zentrum ist beachtlich: Insgesamt seien 341 290 Ersuchen bis Ende 2017 eingegangen.

Für die deutschen Sicherheitsbehörden ist das Zentrum in Luxemburg etwas Besonderes. Ist es doch das einzige, in dem vier Nationen vertraglich zusammenarbeiten. Weitere gemeinsame Zentren gibt es zum Beispiel im baden-württembergischen Kehl mit Frankreich, in Padborg (Jütland) mit Dänemark, in Swiecko bei Frankfurt (Oder) mit Polen. An den EU-Binnengrenzen gibt es insgesamt mehr als 40 solcher Zentren, in denen Polizei über Grenzen hinweg zusammenarbeitet.

Keine Außeneinsätze

Raus auf die Straße zu Einsätzen geht das Team in Luxemburg nicht. „Wir sind keine ermittelnden Beamten, sondern wir unterstützen diese“, sagt Weber. Dabei liefern sie aber öfter die entscheidende Information, damit andere zugreifen können. Vor ein paar Jahren sei in Luxemburg ein Zollbeamter absichtlich bei einer Kontrolle überfahren worden. Mit Hilfe der Belgier sei der Täter dann ermittelt worden, erzählt der 49 Jahre alte Chefkommissar.

Oder: Ein in Saarbrücken gestohlenes Auto konnte in Belgien sichergestellt werden, weil es über die GPS-Daten geortet und über die Grenze hinweg verfolgt werden konnte. „In 200 Kilometern fahren sie hier über vier Ländergrenzen“, sagt Kiefer. „Wir konnten die Informationen sofort weiterleiten, das ist polizeiliche Rechtshilfe.“

Das Zentrum wird auch gefragt, wenn es Verdachtsfälle bei Verkehrskontrollen gibt. „Da rufen wir schnell ab, ob Personen in der Grenzregion schon mal auffällig geworden sind“, sagt Weber. Aktiv werden sie auch bei der Überprüfung von Asyl-Antragsstellern. Da stelle sich häufig über Lichtbilder und Fingerabdrücke heraus, dass deren Antrag zuvor bereits in Nachbarländern abgelehnt worden war.

Unterstützende Arbeit

Weber ist überzeugt: „Ohne den direkten Kontakt mit Kollegen hier im Zentrum hätte man vieles wahrscheinlich nie herausgefunden.“ Und Polizeihauptkommissar Kiefer ergänzt: „Es gibt viele Felder, wo man sagen kann, dass das Sinn macht.“ Im Zentrum gebe es das Sprachproblem nicht.

Bundespolizist Ralf Boesen aus Sinz im Saarland, der bei Saarburg in Rheinland-Pfalz wohnt, überprüft gerade die Angaben eines Marokkaners am Computer. „Das Interessante ist diese bunte Mischung, die hier zusammenkommt.“ Zuvor habe es eine Anfrage aus Perl gegeben: Eine Person wurde mit Kupfer-Diebesgut im Kofferraum entdeckt, man wisse aber nicht, wo der Diebstahl geschehen sei. Die Recherche läuft.

Immer wieder wird politisch diskutiert, ob das Zentrum nicht rund um die Uhr geöffnet haben sollte. Derzeit ist es werktags von 8 bis 17 Uhr besetzt. „Man muss dabei die Ausrichtung des Zentrums betrachten“, sagt Kiefer. Wenn es weiter „ermittlungsunterstützend“ arbeiten solle, reichten die Zeiten durchaus. Wolle man aber eine „operative Unterstützung“ bei Einsätzen, müsse man neu überlegen.