Unsichtbare FrauenStudie zeigt Genderungleichheit in Luxemburgs Medienwelt

Unsichtbare Frauen / Studie zeigt Genderungleichheit in Luxemburgs Medienwelt
Für gute Stimmung sorgt der Länderbericht der „Global Media Monitoring“-Studie nicht: Anik Raskin vom CNFL präsentierte ihn zusammen mit Gleichstellungsministerin Taina Bofferding und der Politologin Anissa Amjahad Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Frauen sind in Luxemburgs Medienwelt unterrepräsentiert: Sowohl in Artikeln und Berichten als auch in den Redaktionen, die der Öffentlichkeit die Nachrichten präsentieren. Das geht aus dem Länderbericht der Studie „Global Media Monitoring“ hervor. Dieser wurde am Montag von Gleichstellungsministerin Taina Bofferding präsentiert.

Frauen machen auch in Luxemburg fast die Hälfte der Bevölkerung aus. Nach den neuesten Statec-Zahlen leben 2021 rund 315.300 Frauen und 319.400 Männer im Großherzogtum. Doch wirft man einen Blick in Luxemburgs Medien, könnte der Leser schnell den Eindruck bekommen, dass der weibliche Teil der Bevölkerung sehr viel geringer ist. 

Frauen machen nur 24,9 Prozent der in den Medienberichten erwähnten Personen in Luxemburg aus. Das geht aus dem am Montag öffentlich präsentierten Länderbericht der „Global Media Monitoring“-Studie hervor. Untersucht wurden dazu 200 Artikel und Reportagen, die am 29. September 2020 in 18 verschiedenen Medien in Luxemburg erschienen sind. Für Luxemburg wurde die Studie vom Nationalen Frauenrat (CNFL) und „CID – Fraen an Gender“ durchgeführt. Anik Raskin vom CNFL präsentierte den Bericht zusammen mit Gleichstellungsministerin Taina Bofferding und der Politologin Anissa Amjahad.

 Grafik: GMMP

Frauen selten im Zentrum der Artikel

Luxemburg hat damit kaum Fortschritte bei der Gendergleichheit im Medienbereich gemacht. 2015 machten Frauen 23,9 Prozent der in der Presse erwähnten Personen aus. In fünf Jahren konnte damit nur ein Prozentpunkt gewonnen werden. In diesem Tempo bräuchte es bis zur Gendergleichheit im Medienbereich noch knappe 70 Jahre. Betrachtet man rein die digitalen Medien (Internet und Twitter), machen Frauen rund 31 Prozent der erwähnten Personen aus. Bei den klassischen Medien wiederum tauchen sie in nur 20 Prozent der Fälle auf. 

 Grafik: GMMP

Bei Artikeln, in denen eine Person im Zentrum der Geschichte steht, war es nur in 15 Prozent der Fälle eine Frau. Ging es um persönliche Erfahrungen, kamen Frauen in nur 17 Prozent der Fälle zu Wort, als Zeugen traten zu 19 Prozent Frauen auf. 20 Prozent der interviewten Experten waren Frauen und in 33 Prozent der Fälle, in denen Pressesprecher zu Wort kamen, waren diese weiblich. Hingegen werden Frauen deutlich öfter als Pressestimmen gehört, wenn es um die  „Meinung der Gesellschaft“ geht. Hier machen sie 60 Prozent der Interviewpartner aus. 

 Grafik: GMMP
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„Frauenthemen“

Thematisch findet man Frauen in Medienberichten hauptsächlich in den Themenbereichen „Wissenschaft und Gesundheit“, „Gesellschaft und Legislatur“ sowie „Berühmtheiten, Kunst, Medien und Sport“ wieder. Im Internet sind Frauen auch viel in den Bereichen „Kriminalität und Gewalt“, „Genderfragen“ und „Berühmtheiten, Kunst, Medien und Sport“ zu finden. Besonders in den „prestigeträchtigeren“ Feldern „Politik“ und „Wirtschaft“ kommen Frauen in den Medien deutlich weniger oft zum Zug als Männer. Auch bei den Online-Medien sind Männer häufiger als Experte, Pressesprecher oder Hauptthema zu hören als Frauen. 

 Grafik: GMMP
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Auffällig ist auch, dass Frauen in Artikeln und Reportagen, die eine internationale oder nationale Tragweite haben, deutlich weniger häufig vorkommen als in solchen, die eher einen lokalen Bezug haben. Außerdem ist die Sichtbarkeit von Frauen in manchen Berufen in den Medien geringer: Insbesondere kommen sie kaum in einer Rolle als Politikerin, Angestellte des Öffentlichen Dienstes, Entrepreneurin, Wissenschaftlerin oder Technikerin vor. Im Sport und als Mitglied der Polizei oder der Armee seien Frauen in der Berichterstattung an dem untersuchten Tag komplett inexistent gewesen. 

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In den Redaktionen

 Grafik: GMMP

Doch nicht nur in den Texten und Reportagen selbst sind Frauen weniger häufig zu hören, auch in den Redaktionen der luxemburgischen Medienwelt sind sie deutlich unterrepräsentiert. Nur 30,2 Prozent der Journalisten der untersuchten Artikel waren Frauen. 2015 waren es noch 39,1 Prozent. Beim Radio waren am untersuchten Tag in Luxemburg nur ein Viertel der Moderatoren Frauen und bei Fernsehen war sogar keine einzige Frau als Moderatorin zu sehen. Am besten schnitten Frauen bei der numerischen Presse ab: Hier wurden 43 Prozent der an diesem Tag veröffentlichen Artikel von Reporterinnen geschrieben. 

 Grafik: GMMP

Thematisch besetzen männliche Journalisten und Reporter vor allem die Themen „Kriminalität und Gewalt“ (19 Prozent gegenüber von 0 Prozent Frauen), „Politik und Regierung“ (39 Prozent gegenüber 27 Prozent), während Frauen sich eher den Themenbereichen „Gesundheit und Wissenschaft“ (18 Prozent Frauen gegenüber 10 Prozent) und „Gesellschaft und Legislatur“ (36 Prozent gegenüber 16 Prozent) widmen. 

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Corona-Pandemie

Der 29. September 2020 lag mitten in der Corona-Pandemie, kurz vor der Herbstwelle. Es ist also kaum verwunderlich, dass dieses Thema auch bei den an diesem Tag veröffentlichten Artikeln vorherrschend war: Rund ein Drittel beschäftigten sich mit der Corona-Krise.

Dabei kommt wieder die Genderungleichheit zum Tragen. In diesen Artikel machten Frauen ebenfalls nur etwas mehr als ein Drittel der erwähnten Personen aus. 36,2 Prozent der Reporter dieser Artikel waren weiblich. Dass etwas mehr Frauen zu Wort kommen, machen die Erheber der Studie am Thema fest: Corona fällt in die Kategorie „Wissenschaft und Gesundheit“, in der Frauen eher zitiert werden und mehr weibliche Journalisten tätig sind. 

Was nun?

Die Verfasser des Berichts haben einige Vorschläge im Gepäck, wie Luxemburg die Genderungleichheit in der Presselandschaft angehen könnte. Unter anderem schlagen sie vor, mehr Frauen in Verantwortungspositionen in den Entscheidungsorganen der Presse zu positionieren und eine Vertretung für Journalistinnen nach dem Vorbild anderer Länder zu schaffen. Außerdem sollen Personen des Mediensektors für die Erkenntnisse des Berichts sensibilisiert werden und Weiterbildungen für Journalisten in der Thematik anbieten. Ein weiterer Vorschlag ist es, einen Preis für „best practices“ einzuführen und den Gesellschaftsdiskurs über Genderungleichheit und die Rolle der Medien anzukurbeln. 

Nicht überrascht

„Als ich den Bericht gelesen habe, war ich schockiert. Aber gleichzeitig auch kaum verwundert. Er spiegelt die Erfahrung wider, die ich in meiner Karriere bisher gemacht habe“, sagt die Journal-Chefredakteurin und ehemalige Tageblatt-Journalistin Melody Hansen im Gespräch mit dem Tageblatt

„Eigentlich müssten sich besonders die Leute aus der Branche der Thematik bewusst sein, da wir ja immer wieder darüber berichten“, sagt Hansen. „Ich habe auch das Gefühl, dass viele zumindest versuchen, gegen die Geschlechterungleichheit anzugehen. Doch dann verlaufen die Initiativen wieder im Sand.“ Als Journalist sei es auch teilweise nicht einfach, weibliche Gesprächspartner zu finden. Man müsse Frauen manchmal regelrecht ermutigen, einem Rede und Antwort zu stehen. 

Auch die geringe Zahl der Mitarbeiterinnen bei den Medien selbst findet Hansen bedauerlich. Das spiegele sich bei den Inhalten wider: „Es gibt Themen, die haben Männer schlicht nicht auf dem Schirm oder trauen sich nicht heran“. Mehr Frauen in der Redaktion bedeute also eine breitere Themenvielfalt. „Ich will nicht pauschalisieren, aber Frauen haben auch eine andere Herangehensweise, etwa bei Interviews. Als Frau erzählt man einer weiblichen Reporterin vermutlich die Sachverhalte anders, als wenn ein männlicher Kollege das Gespräch führt.“

Die Verbesserungsvorschläge für Luxemburg begrüßt Hansen. Es bräuchte beim Thema Genderungleichheit mehr Sichtbarkeit für Initiativen, die dagegen ankämpfen. „Wenn man das Gefühl hat, die Anstrengungen werden eh nicht anerkannt, gibt man schnell wieder auf. So könnten die Redaktionen motiviert werden, sich mehr für das Thema einzusetzen.“ Als Beispiel verweist die Journal-Chefredakteurin auf eine Initiative ihrer Zeitung zum internationalen Frauenstreik: Bei der „Women’s Week“ habe man versucht, weibliche Gesprächspartner hervorzuheben – „mehr noch, als wir es sonst tun“.

Sepp
6. Oktober 2021 - 13.14

Der Denkfehler der Quotenbefürworter liegt darin, das Konzept der Gerechtigkeit in eine sich dieser vollkommen entziehenden, kapitalistischen Realität implementieren zu wollen. Wir Frauen müssen nicht besser sein als die Männer, nicht stärker als unsere Selbstzweifel und nicht tougher als der Rest. Wir müssen einzig und allein unseren Bock, unser Wollen und unser Können so hoch stapeln, dass die Dummheit unserer Gegner nicht länger an uns heranreicht. Zitat zeit.de

Gentleman
6. Oktober 2021 - 12.53

UNVERSTÄNDLICH !!!! Genderungleichheit im Schöffenrat der Europa Kulturhauptstadt Esch-la-Mauvaise , müsste doch für unserer Feministinnen viel schlimmer als die in der Luxemburger Merdienwelt sein, oder ?

Wieder Mann/Fraa
6. Oktober 2021 - 11.40

Genderunggleichheit das neue Schlagwort unsere verwöhnte westliche Welt keine Probleme hat , deren zu erschaffen, Ich schlage vor , Frau/ Mann die immerfort neue Problemchen, Ungleichheiten, Diskriminierung glauben zu finden , einige Tage mit Frau/ Mann in Afghanistan, Nordkorea,Mali,Indien,den Emiraten,Iran,Russland, der Ukraine,…….zu tauschen und erkennen was wirkliche Probleme sind, anstatt nach schönen Stellungnahmen ins angenehme westliche Leben zu entschwinden , ,im trügerischen Glauben die Welt zu erretten und etwas gleicher zumachen.