ForschungStudie nimmt Luxemburgs Impfmuffel unter die Lupe

Forschung / Studie nimmt Luxemburgs Impfmuffel unter die Lupe
Bei den „weißen Märschen“ protestieren Impfkritiker regelmäßig in der Hauptstadt Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

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Die Ergebnisse einer Umfrage im Frühjahr machten Hoffnung: 86,8 Prozent der Befragten in Luxemburg äußerten darin einen „großen Willen“, sich impfen zu lassen. Aber obwohl inzwischen jedem im Land die Möglichkeit einer Impfung angeboten wurde, liegt die Impfquote weit darunter. Den Ursachen dafür will eine Studie der Uni Luxemburg auf die Spur kommen. 

70,1 Prozent der Einwohner Luxemburgs haben sich bis jetzt mindestens einmal impfen lassen, geht aus Zahlen der europäischen Seuchenschutzbehörde ECDC vom Montagabend hervor. Das heißt: Fast ein Drittel ist ungeimpft. Das kann nachvollziehbare Gründe haben: Viele Menschen können sich wegen Erkrankungen oder anderer Risikofaktoren einfach nicht impfen lassen. Für Kinder unter zwölf Jahren sind die Vakzine in Luxemburg noch nicht freigegeben. Dennoch: Der Anteil jener, die sich impfen lassen könnten, es aber nicht tun, ist nicht klein: Auf 100.000 Menschen bezifferte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) bei einer Pressekonferenz Ende Oktober die Zahl der Impfverweigerer oder Impfmuffel – also fast 16 Prozent der gesamten Bevölkerung.

Forscher der Universität Luxemburg haben mit einer Studie versucht, herauszufinden, wer das ist. „Wir versuchen schrittweise zu verstehen, was diese Menschen antreibt“, erklärt Anja Leist, Professorin für Public Health und Ageing an der Uni Luxemburg, am Montagnachmittag im Gespräch mit dem Tageblatt. Das Resultat: „Viele sind besorgt wegen der Nebenwirkungen – und man kann nicht oft genug sagen: Die sind sehr, sehr selten und äußerst klein im Vergleich zu den Risiken einer Infektion.“ Leist ist eine der Wissenschaftlerinnen, die Daten aus der Con-Vince-Studie hinsichtlich der Impfbereitschaft der Menschen in Luxemburg auswertet. In einem „Rapid Report“ haben die Forscher erste Resultate veröffentlicht. Zweimal wurden die Menschen im Alter von 18 bis 79 befragt. 1.589 gaben in der Befragung von April bis Juni eine Antwort, 1.714 im März davor. 6,7 Prozent der Befragten waren zu diesen Zeitpunkten noch nicht sicher, ob sie sich impfen lassen würden. 2,4 Prozent gaben an, dass sie sich eher nicht impfen lassen würden – und für vier Prozent war es äußerst unwahrscheinlich, dass sie sich das Vakzin verabreichen lassen.

Kein Gender Gap

Impfen für die Gesellschaft

Auch diejenigen, die sich impfbereit gezeigt haben, wurden nach ihren Gründen befragt. Dabei kamen durchaus altruistische Motive ans Tageslicht: Der größte Teil – mehr als 80 Prozent der Impfwilligen  – gab an, sich impfen zu lassen, um der Gesellschaft im Kampf gegen die Pandemie zu helfen. Etwas weniger wollten sich impfen lassen, um sich selbst zu schützen.

Zwischen den Geschlechtern tat sich dabei keine große Lücke auf. Bei denjenigen, die noch unentschieden waren oder die Impfung ablehnten, gab es bei Männern und Frauen aber leicht abweichende Gründe: Männer zeigten sich eher skeptisch, weil sie sich nicht ausreichend informiert sahen, Frauen fürchteten potenzielle Nebenwirkungen. Die Unterschiede fielen aber laut den Forschern sehr gering aus.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen die Forscher beim Blick auf den Bildungsstand der Befragten. Nur jene mit einem höheren Sekundarschulabschluss zeigten sich der Impfung gegenüber zögerlicher oder ablehnender – und das vor allem in den Altersgruppen unter 50. Bei den unterschiedlichen Einkommensgruppen zeigten sich jedoch Unterschiede: Je kleiner der Gehaltscheck ausfiel, desto größer ist offenbar die Neigung, die Impfung abzulehnen: Die Wahrscheinlichkeit für die Unentschlossenheit oder kategorische Abneigung war bei einem Einkommen unter 50.000 Euro viermal höher als bei einem Einkommen von 150.000 Euro.

Die größte Rolle spielt aber offenbar das Alter. Bei den über 60-jährigen Ablehnern ist der Hauptgrund mit Abstand ebenfalls die Annahme, dass die Vakzine nicht ausreichend getestet seien. Mehr als 25 Prozent der älteren Impfverweigerer gaben zudem an, sich prinzipiell nicht impfen zu lassen. Den 40- bis 49-jährigen Ablehnern macht zudem Sorgen, dass die derzeitigen Vakzine nicht gegen zukünftige Formen des Coronavirus schützen könnten. Die Angst vor Nebenwirkungen ist bei den 18- bis 29-Jährigen, die die Impfung verweigern, größer als in den anderen Altersgruppen.  

 Grafik: Uni Luxemburg

Als meistgenannten Grund gegen die Impfung gaben die Ablehner an, dass sie denken, dass das Vakzin noch nicht ausreichend getestet ist. Als zweithäufigste Antwort nannten die meisten die Angst vor möglichen Nebenwirkungen. „Das ist eine Angst, die vielleicht zu Beginn des Jahres begründet war“, sagt Leist. „Die Menschen sehen, dass der Impfstoff in sehr kurzer Zeit entwickelt wurde, das verursacht ein bisschen ein diffuses Gefühl.“ Aber: „Das Risiko, dass man am Virus erkrankt, ist unterbewertet.“ Welche Rolle Verschwörungstheorien bei den Impfmuffeln unter den Befragten genau spielen, ist noch unklar.

Weniger Geimpfte, als die Studie prognostizierte 

Allerdings haben sich bis jetzt weniger Menschen in Luxemburg tatsächlich impfen lassen, als bei der Con-Vince-Studie im Frühjahr angekündigt wurde – obwohl mittlerweile jeder ein Impfangebot bekommen haben sollte. Damals zeigten 86,8 Prozent der Befragten „großen Willen“, sich impfen zu lassen. „Ich bin schon besorgt über den Einfluss der Querdenker-Bewegung auf Facebook“, sagt Leist. „Die hat vermutlich viele Zögerliche negativ beeinflusst.“ Die obskuren Theorien hätten in der Öffentlichkeit viel Raum bekommen. „In den sozialen Medien wurde man mit impfkritischen Posts oft konfrontiert.“ Zeitgleich mit dem Ausrollen der Impfkampagne sei von dort eine große Beeinflussung gekommen.

Lob erntet dagegen die Luxemburger Politik für die Impfkampagne. Die Ansprachen, beispielsweise über persönliche Einladungen per Brief und in fünf Sprachen, den Impfbus oder Kampagnen an Arbeitsplätzen oder Schulen, seien ausreichend niederschwellig gewesen. Weitere Zögernde könnten vielleicht noch überzeugt werden, wenn sie sie über weniger traditionelle Medienkanäle angesprochen würden. Eine allgemeine Antwort darauf, die Impfquote zu vergrößern, gäbe es aber nicht. „Wenn wir die hätten, wären die Impfdaten besser.“

 Grafik: Uni Luxemburg
Joss
25. November 2021 - 9.48

Nicht alle, die sich nicht impfen lassen sind "Impfmuffel ". Es gibt auch Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen, nicht geimpft werden dürfen. Es gibt wohl auch Skeptiker- keine Verschwörungstheoretiker- die den Impfstoffen nicht trauen. Auffallend ist, dass trotz massiver Impfung, die Zahl der Infizierten in einem erschreckenden Masse zunimmt. Die Wirkung des Impfstopfes scheint nachzulassen und viele Geimpfte wähnen sich in einer falschen Sicherheit und werden In Sachen Schutz ( Maske und sonstigen hygienischen Massnahmen ) lascher und nachlässiger. Ausserdem gibt es auch wirksame Mittel sein Immunsystem zu stärken resp.zu unterstützen durch eine gesündere Lebensführung. Und solange wie die Menschen ihre Mentalität nicht ändern, wird uns dieses Virus noch lange begleiten. Ich wurde übrigens ein Mal geimpft. Dabei hat der behandelnde Arzt eine Borreliose übersehen und aus einem gesunden, rüstigen Senior wurde von einem Tag zum andern ein kranker Mann, der keine zweite Impfung erhalten kann, weil die Risiken zu hoch sind .

Olmert
24. November 2021 - 19.17

@Serge / "Ich würde mich über weitergehende Informationen und Analysen freuen. Wie erklärt sich Frau Leist die Anzahl der Nebenwirkungen" Niemand erklärt sich was, das sind nur Sie. PS. In Slowenien hat sich ein Mann 23 Mal impfen lassen, unter falschem Namen, um Leuten wie Ihnen einen Impfass zu besorgen. Nicht die geringsten Nebenwirkungen. Wenn wir schon von Anekdoten reden.

Mensch
24. November 2021 - 16.56

Raucher entscheiden sich für den Tod, 1000 mal pro Jahr in Luxemburg. Niemand bezeichnet sie als Muffel für irgendwas. Wie gesagt, 1000 Tote pro Jahr, durch Rauchen. Aber da dies kein Virus ist haben wir scheinbar kein Mittel dagegen.

Lenny
24. November 2021 - 11.25

Man soll sich impfen wenn man sich impfen kann Punk aus.

Robert Hottua
23. November 2021 - 15.53

Guten Tag Frau Leist, ich hatte als Psychologe im lux. Gesundheitswesen mit stabilen, aus unterirdischen Kasemattenenergien gespeisten Überzeugungen zu tun. Herr und Frau Mitscherlich haben das mit der Unfähigkeit zu trauern erläutert. Die Energien von Schuld und Scham gehen irrationale Wege solange sie tabuisiert werden. MfG Robert Hottua

Klod
23. November 2021 - 14.30

@jemp Wahrscheinlich weil niemand gedraengt oder gezwungen wird aspirin zu schlucken.

Serge
23. November 2021 - 13.33

@Jemp, warum so aggressiv? Habe ich etwa einen wunden Punkt getroffen?! ?‍♀️ Schade jedenfalls, dass Sie mir meine Frage nicht substantiell beantworten können…

Jemp
23. November 2021 - 13.08

@Serge: Wenn Sie den Pharmakovigilanzbericht richtig gelesen hätten, hätten Sie vielleicht gemerkt, dass z.B. Aspirin gegen Kopfschmerzen weitaus mehr Nebenwirkungen hat, als die Covid-Impfung. Komischerweise hat aber noch keiner einen weißen Schweigemarsch gegen Aspirin organisiert.

Fern
23. November 2021 - 10.22

Fakt: Vu wat schwetzt Dir?

Serge
23. November 2021 - 9.48

Danke für den Artikel. Ich würde mich über weitergehende Informationen und Analysen freuen. Wie erklärt sich Frau Leist die Anzahl der Nebenwirkungen und der Todesfälle im aktuellen Pharmakovigilanz Bericht? Wie sind die veröffentlichten Daten, insbesondere zu ernsthaften Nebenwirkungen, der EMA zu erklären?

Fakt
23. November 2021 - 7.36

't Kaartenhaus as um zesummefalen