RümelingenStatt Hammer und Meißel VR-Brille und 360-Grad-Kamera: „Projekt Spektrum“ eröffnet

Rümelingen / Statt Hammer und Meißel VR-Brille und 360-Grad-Kamera: „Projekt Spektrum“ eröffnet
Viel Prominenz bei der Spektrum-Eröffnung am Samstag Foto: Lucien Montebrusco

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Der Rümelinger Bildhauer Albert Hames verstarb 1989. Seit vergangenem Samstag ist seine Wirkungs- und Lebensstätte erneut mit Leben erfüllt. Spektrum, ein Zentrum für kreativen Tourismus, wurde offiziell eröffnet. Im Mittelpunkt stehen das Atelier und das Wohnhaus von Albert Hames in der Rümelinger rue de la Bruyère.

Seine Plastiken und Basreliefs – Muttergottes- und andere Heiligenfiguren, Gedenkskulpturen für die Opfer des Zweiten Weltkrieges – sind in vielen Gemeinden des Landes zu sehen. Im Rümelinger Stadtpark steht seine Statue des Rümelinger Bürgermeisters, Grubenarbeiters und Abgeordneten Jemp Bausch. Flachreliefs schmücken das Rathaus.

Ein Blick ins Atelier verrät, dass der Künstler noch etliche Projekte hatte. Köpfe, eine lebensgroße Statue, Basreliefs und andere kleine Plastiken bevölkern die Werkstatt, die sich der Artist in einer ehemaligen Scheune eingerichtet hatte. Der Besucher von Spektrum sieht sie in dem Zustand, in dem der Bildhauer sie 1989 hinterlassen hatte, als er an einem Herzinfarkt starb. Mit etwas Fantasie und mit Hilfe technischer Mittel könne man den Schatten des Künstlers bei der Arbeit erblicken, heißt es. Das Atelier selbst darf man nicht betreten. Drei Fenster öffnen die Sicht hinein. Eines davon bildet das Wandfenster eines der drei Zimmer, die von Gästen gemietet werden können.

Doch Spektrum ist keinesfalls bloß ein weiteres Museum. Das Projekt verbinde Kulturerbe und digitale Kunst, so Kulturministerin Sam Tanson am Samstag. Immersion, Teilnahme an kreativen Prozessen, je nach Lust und Laune, so lauten die Stichworte. Man kann den Künstlern, die in Zukunft hier wohnen und arbeiten werden, bloß zuschauen, aber auch eigene Ideen einbringen und Projekte verwirklichen. Dabei setzt man auf neue Technologien. Vorrichtungen für Virtual und Augmented Reality, 360-Grad-Kamera und Audioinstallationen verwandeln den Standort in eine veritable Immersionsmaschine, heißt es. „Ein neuer Begegnungsort für Co-Kreation, Immersion, Experimentation und kreativ-touristische Erlebnisse“, versprechen die Schöpfer von Spektrum.

Einen Vorgeschmack davon bekamen die Besucher bereits am Wochenende. Mit VR-Brille bewehrt oder gemütlich auf flauschigen Kissen unter einem großen Flachbildschirm liegend, konnten sie die Projekte digitaler Künstler sehen und miterleben. Wer wollte, beteiligte sich an der Suche nach passenden Stücken zum 9.000 Teilen zählenden Puzzle. Workshops liefen im Pop-up-Spektrum in den ehemaligen Sparkassenräumen am place Grande-Duchesse Charlotte. Ein 360-Grad-Film über die „Cascate di Monte Gelato“ in Italien, Drehort zahlreicher italienischer Sandalenfilme und Westernfilme der 50er und 60er Jahre, lief dank VR-Brille im Foyer des Ciné Kursaal.

Aufgewertetes Industriekulturerbe

Noch ist nicht alles fertig. Stellenweise sieht es nach einer Baustelle aus. Dennoch bestand man in Rümelingen darauf, die Stätte ihrer Bestimmung zu übergeben. Schließlich ist Spektrum das „projet phare“ der Stadt für Esch2022, erinnerte Bürgermeister Henri Haine (LSAP) am Samstag. Die Gemeinde hatte das Albert- Hames-Haus und das daneben stehende Elternhaus vor vier Jahren erworben. Zwei Jahre später fiel der Beschluss, es für kulturelle Zwecke zu nutzen und als Standort für kreativen Tourismus zu entwickeln, unter Einbeziehung des Grubenmuseums, des Pop-ups im Stadtzentrum und des Kinos. Mit Spektrum soll Rümelingen einen Platz auf der kulturellen Landkarte des Landes bekommen.

Mehr als vier Millionen Euro investierte die Stadt bisher in das Projekt. Die Hames-Immobilie wurde instand gesetzt und umgestaltet, eine geräumige Annexe und ein Wintergarten gebaut, der die alten und neuen Räumlichkeiten verbindet.

Mit Spektrum wird ein weiteres Stück Industriekulturerbe im südlichen Zipfel des Landes erhalten und aufgewertet. Das alles knapp hundert Meter vom Nationalen Grubenmuseum entfernt. Seit kurzem setzt auch das MnM verstärkt auf digitale Technologie und bietet den Besuchern u.a. eine virtuelle Tour in die Arbeitswelt der Grubenarbeiter vor hundert Jahren an. Rechtzeitig für das Kulturjahr wurde auch das unweit des MnM stehende Gonner-Haus als Unterkunft für Wanderer auf dem Minett Trail umgebaut und eröffnet. Ein weiterer Zeuge der industriellen Vergangenheit der Stadt muss jedoch vorerst noch auf seine Auferweckung warten. Die wenige Meter vom Hames-Haus stehenden ehemaligen Kalköfen werden wohl noch längere Zeit vor sich hin verrotten.