DunkelzifferStatec-Sterbestatistik deckt sich mit Zahl der gemeldeten Corona-Toten 

Dunkelziffer / Statec-Sterbestatistik deckt sich mit Zahl der gemeldeten Corona-Toten 
Ein Grab auf dem Friedhof in Merl Symbolfoto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

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Jeden Tag um 17.30 Uhr meldet die „Santé“ neue Infektionen, Hospitalisierungen – und Tote. Aber werden tatsächlich alle Covid-19-Tote von der Regierung erfasst? Oder sterben mehr Menschen an der Pandemie, als wir wissen? Eine Statec-Erhebung gibt Entwarnung. 

Es ist der Abend des 13. März 2020, als Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) vor die Presse tritt und sichtlich bewegt davon berichtet, was nur wenige Wochen vorher niemand kommen sah: den ersten Covid-19-Toten in Luxemburg. Vielen wurde spätestens an diesem Freitag, den 13., klar, wie ernst die Lage ist. Zwei Tage später kündigte die Regierung den Lockdown an. 

Die 94 Jahre alte Person, die am 13. März starb, war der erste Tote, den die Pandemie in Luxemburg gefordert hat. Aber er sollte nicht der letzte sein. Bis Freitag meldete die „Santé“, dass im Land 345 Menschen an dem Virus gestorben sind. Das sind die Zahlen, die über das Melderegime von Ärzten, Laboren und Gesundheitsministerium offiziell im System verzeichnet sind. Aber gibt es noch mehr Todesfälle? Wie groß ist die Dunkelziffer?

Die Mitarbeiter der Luxemburger Statistikbehörde Statec haben versucht, darauf eine Antwort zu finden. Und wie es aussieht, spiegeln die Zahlen, die die Behörden erfassen, die Wirklichkeit gut wider. Statec hat die Sterbestatistik des Landes untersucht. Die Schlussfolgerung des Amtes, die Freitagvormittag veröffentlicht wurde: Es gibt eine „Übersterblichkeit“, das heißt, es gibt mehr Todesfälle als erwartet wurden. „Die Zahl der Todesfälle zwischen Januar und Oktober ist höher als in den vergangenen Jahren“, schreiben die Statistiker.

Und diese Differenz deckt sich mit den gemeldeten Todesfällen. „Seit der Meldung des ersten Corona-Toten und bis Ende Oktober wurden 2.739 Todesfälle aus dem Nationalen Register physischer Personen gezählt“, erklärt Statec. Das entspreche im Vergleich zu den beiden Vorjahren mehr oder weniger 180 zusätzlichen Todesfällen. „Diese Zahl deckt sich mehr oder weniger mit den 161 Todesfällen aufgrund von Covid-19 in diesem Zeitraum.“

70 Tote mehr im April

Im Januar, Februar, Juni und Juli registrierte Statec eine Zahl von Todesfällen, die niedriger oder vergleichbar mit der durchschnittlichen Zahl der vergangenen zwei Jahre war. Für die anderen Monate – als es ein wesentlich aktiveres Infektionsgeschehen gab – wird eine höhere Zahl von Todesfällen beobachtet. Im April gab es beispielsweise 70 Tote mehr als im Durchschnitt der Jahre 2018 und 2019. Die „Santé“ meldete in dem Monat 66 Corona-Tote. 

Die Corona-Pandemie sorgt in der Luxemburger Sterbestatistik deshalb für eine Trendwende. Vor dem ersten Corona-Toten folgte die Sterblichkeit im Jahr 2020 einer früheren, positiven Entwicklung. Luxemburg verzeichnete nämlich – wie viele andere Länder auch – im Laufe der Zeit eine geringere Sterblichkeit, wie Statec erörtert. „Anfang 2020 war diese hauptsächlich auf einen besonders milden Winter zurückzuführen, in dem es keine wirklichen Grippeepidemien gab“, schreiben die Statistiker. Die Zahl der Todesfälle war in dieser Zeit sogar außergewöhnlich gering. 2018 wurden zwischen Januar und Mitte März 1.072 Todesfälle gezählt, 2019 wurden 966 verzeichnet. Im Jahr 2020 waren es nur 902.

Wenn die Statistiker aber auch die Folgemonate in die Rechnung mit einbeziehen, sehen die Vorzeichen anders aus. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2020 zählte Statec insgesamt 3.601 Todesfälle – 2019 waren es 3.498. „Während die Sterblichkeit in den letzten Jahren tendenziell zurückgegangen ist, liegt die Zahl der Todesfälle nach dem Erscheinen von Covid-19 höher als im gleichen Zeitraum im Jahr 2019“, schreibt die Behörde. 

„Übersterblichkeit“ in sechs Wochen

Sechs Wochen stechen in den Statec-Grafiken besonders ins Auge. In ihnen wurden „mäßige“ bis „sehr hohe“ Übersterblichkeiten verzeichnet. Eine mäßige Übersterblichkeit gab es in den Wochen vom 23. bis 29. März, vom 13. bis zum 19. April, vom 4. bis zum 10. Mai und vom 10. bis zum 16. August. Die sehr hohe Übersterblichkeit wurde in der Woche vom 14. bis zum 20. September verzeichnet – in der wurde kein einziger Corona-Toter gemeldet. „Die in Luxemburg beobachtete Übersterblichkeit ist daher relativ begrenzt, insbesondere im Vergleich zu anderen europäischen Ländern“, schreibt die Statistikbehörde. 

Daten vom November, in dem mehr Menschen gestorben sind als in allen Monaten zuvor insgesamt, sind in der Statec-Untersuchung noch nicht enthalten. Die Statistiker geben aber schon einmal einen Ausblick: Ausgehend vom Durchschnitt der Jahre 2018 und 2019 – 381 Todesfälle – könnte die Zahl der im November 2020 verzeichneten Todesfälle um 42 Prozent höher liegen.