7. Dezember 2025 - 14.21 Uhr
„Platzverweis renforcé“Staatsrat weist Gesetzentwurf erneut zurück – Opposition sieht Projekt gescheitert
Was ist ein Verhalten, das „öffentliche Ruhe, Gesundheit oder Sicherheit stört“? An dieser zentralen Formulierung entbrennt der Streit um den Gesetzesentwurf zum sogenannten „Platzverweis renforcé“. Der damalige Polizeiminister Henri Kox („déi gréng“) hatte den „einfachen“ Platzverweis erst 2022 eingeführt. Gloden plant, diese Maßnahme auszuweiten. Unter anderem soll die Polizei eine Person zur Ordnung rufen können, wenn diese sich „in einer Weise verhält, die die öffentliche Ruhe, Gesundheit oder Sicherheit stört“.
Eine Formulierung, die auf dem in der Affäre um das Bettelverbot berüchtigt gewordenen Dekret von 1789 fußt, das den Luxemburger Kommunen zuschreibt, für „tranquillité, salubrité ou la sécurité publique“ zu sorgen. Bereits in seinem ersten Gutachten im Februar dieses Jahres hatte der Staatsrat diese Begrifflichkeiten kritisiert. Sie seien zu ungenau, um den Eingriff in die Freiheitsrechte zu rechtfertigen. Der Staatsrat spielte den Gesetzesentwurf mit mehreren formellen Einwänden an den Innenminister zurück.
Anfang dieser Woche veröffentlichte der Staatsrat nun sein zweites Gutachten zum überarbeiteten Text. Das Ergebnis: Die Änderungen sind unzureichend. Die Hohe Körperschaft hält an ihrer formellen Opposition gegenüber einer der Schlüsselbestimmungen des Textes fest.
Wir fordern den Minister auf, seinen Vorschlag für den erweiterten Platzverweis unverzüglich zurückzuziehen
In den Wochen und Monaten zuvor hatten sowohl zivilgesellschaftliche Organisationen aus Luxemburg als auch zwei Berichterstatter der Vereinten Nationen teils heftige Kritik an dem Gesetzesvorhaben geäußert. Esmeralda Wirtz von Amnesty International bezeichnete den Text als Gesetz für die „Mülltonne“ und zweifelte an dessen Vereinbarkeit mit rechtsstaatlichen Prinzipien. Guy Foetz von „Solidaritéit mat den Heescherten“ sah in dem Gesetzesprojekt eine Kontinuität im Kampf der Regierung gegen Bettler.
Die Überarbeitung des Gesetzestextes hat indes keine Ruhe in die Debatte gebracht. Auch die konsultative Menschenrechtskommission (CCDH) bedauert in ihrem zweiten Gutachten vom September, dass die parlamentarischen Änderungsanträge nicht zu einer Verbesserung des Textes geführt hätten, da die verschiedenen Empfehlungen nicht berücksichtigt wurden. Es bestehe weiterhin „Anlass zu großer Sorge hinsichtlich der Achtung der Menschenrechte“.
Risiko von Straftaten statt Intervention des Bürgermeisters
Neben der Ungenauigkeit der Begrifflichkeiten „tranquillité, salubrité ou la sécurité publique“ steht vor allem auch die „interdiction temporaire de lieu“, das vorübergehende Aufenthaltsverbot, in der Kritik. Zwar wurde im Gesetzestext die ursprüngliche Regelung, wonach der Bürgermeister selbst das vorübergehende Aufenthaltsverbot „anordnet“, durch eine neue Regelung ersetzt. Demnach soll der Bürgermeister der Großherzoglichen Polizei eine Genehmigung erteilen, damit diese ein Aufenthaltsverbot von höchstens 30 Tagen verhängen kann. Das hat die Bedenken der CCDH und des Staatsrats jedoch nicht geschmälert. Letzterer bekräftigt seinen Vorschlag, diesen Teil des Gesetzentwurfs aufzugeben, und plädiert für eine Regelung ohne direkte Intervention des Bürgermeisters. Nach dem Vorbild der Gesetzgebungen verschiedener deutscher Bundesländer sollte eine Maßnahme des Aufenthaltsverbots vielmehr an das Risiko des Begehens von Straftaten geknüpft sein.
Aus den Reihen der Oppositionsparteien gibt es nach dem zweiten Gutachten des Staatsrats Stimmen, die nun ein Ende des Gesetzesprojekts fordern. „Wenn der Staatsrat festhält, dass zentrale Textpassagen zu vage sind und das Risiko von Willkür nicht ausgeschlossen ist, dann ist klar, dass dieses Gesetzesprojekt in der aktuellen Form nicht tragbar ist“, sagt Meris Sehovic, sicherheitspolitischer Sprecher von „déi gréng“. Sicherheit brauche klare Regeln, keine Grauzonen auf Kosten der Grundrechte. „Wir fordern den Minister auf, seinen Vorschlag für den erweiterten Platzverweis unverzüglich zurückzuziehen.“
Aus dem Innenministerium hieß es am Freitagnachmittag auf Tageblatt-Nachfrage, das zweite Gutachten des Staatsrats werde zurzeit analysiert und zu einem späteren Zeitpunkt im zuständigen Ausschuss des Parlaments diskutiert.
De Maart

Die Tatsache dass der Minister geglaubt hat mit Hilfe einer simplen Wortklauberei, durch Austauschen einer "Anordnung" des Buergermeisters mit einer "Genehmigung" des selben durchzukommen, sagt viel aus ueber das Rechtsstaatsvertaendniss unseres Polizeiministers.
Die praktische Umsetzbarkeit des Textes wirft ebenfalls Fragen auf.
Schon erstaunlich dass der vor den Wahlen als Justizminister gehandelte Jurist L.G. es nicht fertig bringt einen, sei es auch nur, bedingt anehmbaren Text zu formulieren. Unter anderen Umstaenden haette ich ihm gerne meine Hilfe angeboten.