EU-GipfelStaats- und Regierungschefs müssen angesichts der Energiekrise handeln

EU-Gipfel / Staats- und Regierungschefs müssen angesichts der Energiekrise handeln
Erdgasanlage in Deutschland: Die EU-Staats- und Regierungschefs befassen sich bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel unter anderem mit Maßnahmen zur Senkung des Gaspreises  Foto: Sina Schuldt/dpa

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Die Energiekrise wird im Mittelpunkt des am heutigen Donnerstag beginnenden EU-Gipfels in Brüssel stehen. Daneben werden sich die 27 EU-Staats- und Regierungschefs mit dem Krieg in der Ukraine befassen, in dem nun auch der Iran eine Rolle spielt. Zudem steht eine Debatte zu China auf der Tagesordnung.

Es ist das dritte Gipfeltreffen, bei dem sich die EU-27 mit den gestiegenen Energiepreisen befassen. Die Gipfelteilnehmer müssten „mit größter Dringlichkeit“ auf die Energiekrise reagieren, fordert der Vorsitzende der Europäischen Rates Charles Michel in seinem Einladungsschreiben an die 27. Doch gibt es zwischen denen noch erheblichen Gesprächsbedarf, denn noch immer gibt es divergierende Ansichten darüber, wie auf die gestiegenen Energiepreise reagiert werden soll. Bei ihren Gesprächen werden sich die Gipfelteilnehmer auf drei Ziele konzentrieren: eine Drosselung der Nachfrage, die Versorgungssicherheit und die Eindämmung der Energiepreise. Vieles wurde bislang getan, weiteres bleibt zu tun, wozu die EU-Kommission am Dienstag neue Vorschläge vorgelegt hat, die nun zur Diskussion stehen. Sie erwarte nun „politische Führung“ von den EU-Staats- und Regierungschefs, sagte die Kommissionschefin Ursula von der Leyen gestern nach einem Treffen mit den europäischen Sozialpartnern in Brüssel.

Immerhin, die Gasspeicher in der EU sind mittlerweile zu 92 Prozent (Stand 17. Oktober) gefüllt und auch das vorgegebene Einsparungsziel von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahresverbrauch scheint bis zum September erreicht worden zu sein. Ursula von der Leyen wies darauf hin, dass Zweidrittel der russischen Gaslieferungen weggefallen seien und nur mehr neun Prozent des Pipeline-Gases aus Russland in der EU ankomme.

Vorschläge für Senkung der Energiepreise

Das Problem, das sich den 27 bei ihren Diskussionen stellt, sind die unterschiedlichen Situationen in den Mitgliedstaaten. Dabei steht vor allem Deutschland im Mittelpunkt, das durch die Auflage eines 200 Milliarden Euro schweren Entlastungspaketes für seine Bürger und Unternehmen Druck auf andere EU-Staaten ausübt, die sich Unterstützungen in dieser Größenordnung nicht leisten können. Streit gibt es zudem weiterhin über einen Gaspreisdeckel, dessen Einführung 15 EU-Staaten fordern. Gegner dieser Maßnahmen befürchten hingegen, dass dadurch Gaslieferanten abgeschreckt werden und vor allem Flüssiggas (LNG) in andere, vornehmlich asiatische Länder liefern. Als Kompromisslösung dürfte daher in Brüssel über das sogenannte „iberische Modell“ (siehe unten stehenden Beitrag) geredet werden. In Spanien wurde ein Gaspreisdeckel für jenes Gas eingeführt, das für die Stromproduktion genutzt wird, um wenigstens die Strompreise zu senken. Von der Leyen will nun prüfen, ob dieses Modell auf EU-Ebene angewandt werden kann.

Als weiteres Mittel, gegen steigende Gaspreise vorzugehen, schlägt die EU-Kommission gemeinsame Gaseinkäufe vor. Eine entsprechende Plattform dazu hat Brüssel bereits eingerichtet, über die von EU-Gasunternehmen gebildete Konsortien auf dem Weltmarkt zu besseren Preisbedingungen Gas beschaffen könnten. Mindestens 15 Prozent ihres Gasbedarfs sollten die EU-Staaten künftig auf diesem Weg beschaffen, und zwar verbindlich, so der Vorschlag der Kommission. Wobei Ursula von der Leyen darauf hinwies, dass insbesondere die letzten 10 bis 20 Prozent des Gasbedarfs am teuersten seien, da sie nicht über langfristige Verträge abgesichert seien.

Treffen der Energieminister in Luxemburg

Wegen der hohen Volatilität, die zu massiven Preisspitzen führte, soll zudem bis März ein weiterer Referenzwert für LNG-Preise eingeführt werden, da in der EU wegen ausbleibendem russischen Pipeline-Gas vermehrt LNG eingeführt wird. Einstweilen will Brüssel über einen Preiskorrektur-Mechanismus die Preise an der niederländischen TTF-Gasbörse begrenzen.

Wie der tschechische Minister für europäische Angelegenheiten und amtierender EU-Ratsvorsitzende Mikulas Bek gestern im EU-Parlament erklärte, herrsche unter den 27 eine breite Übereinstimmung über die zu treffenden Schlüsselmaßnahmen, allerdings noch nicht, wie diese umgesetzt werden sollen. Von den EU-Staats- und Regierungschefs wird daher erwartet, dass sie sich auf die einzuschlagende Richtung einigen. Mit den Detailfragen werden sich ohnehin die EU-Energieminister befassen müssen, die bereits am kommenden Dienstag in Luxemburg ihr nächstes Treffen haben.

Daneben wir sich der Gipfel mit dem Krieg in der Ukraine befassen, vor allem mit den anhaltenden russischen Drohnenangriffen auf die ukrainische Energieinfrastruktur. In diesem Zusammenhang ist der Iran ins Visier der EU-Staaten geraten. Wegen der Lieferung von sogenannten Kamikaze-Drohnen an die russischen Invasoren, verhängt die EU weitere Sanktionen gegen Teheran. Auf der Tagesordnung steht ebenfalls eine strategische Diskussion über China, wo über das vergangene Wochenende Präsident Xi Jinping zum dritten Mal als chinesischer Präsident bestätigt wurde. Die 27 wollen sich darüber austauschen, wie sie künftig ihre Beziehungen zu China gestalten wollen.