Vereitelter Anschlag auf Exil-IranerSprengstoffübergabe im Alima: Luxemburger Polizei hilft bei Antiterror-Mission

Vereitelter Anschlag auf Exil-Iraner / Sprengstoffübergabe im Alima: Luxemburger Polizei hilft bei Antiterror-Mission
Bei mehreren tausend Besuchern wäre ein Anschlag auf die Konferenz des oppositionellen Widerstandsrates des Iran verheerend gewesen. Doch konnte die Attacke vereitelt werden, u.a. mithilfe der Luxemburger Behörden.  Foto: dpa

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In der Affäre um einen vereitelten Anschlag auf Exil-Iraner vor zwei Jahren in Frankreich wurde lange über mögliche Verbindungen zu Luxemburg spekuliert. Eine zeitnahe Mitteilung der Staatsanwaltschaft bestätigte die Zusammenarbeit mit Belgien, weitere Details aber gab es nicht. Inzwischen steht der Anführer in Belgien vor Gericht. Somit sickern auch was die Verbindung zum Großherzogtum angeht immer mehr Details ans Licht.

Daniel war sein Deckname. Doch vielen Kollegen in der iranischen Botschaft in Wien war er nur unter seinem bürgerlichen Namen Assadollah Assadi geläufig. Dass der dritte Botschaftssekretär eigentlich für den iranischen Geheimdienst arbeitete und vom Sicherheitsministerium seine Befehle erhielt, war sogar seinen engsten Mitarbeitern in Österreich lange entgangen. Demaskiert wurde der Diplomat erst nach seiner Verhaftung im Zusammenhang mit einem vereitelten Anschlag vor zwei Jahren im französischen Villepinte. Das, nachdem er in Luxemburg bei der Übergabe von Sprengstoff beobachtet werden konnte.

Es war die deutsche Bild-Zeitung, die Anfang Juli 2018 erstmals öffentlich eine Verbindung zwischen dem in Deutschland festgenommenen Terroristen und dem Großherzogtum herstellte. Assadi war auf dem Weg zurück nach Wien, als er am 1. Juli 2018 in der Nähe der österreichischen Grenze festgenommen wurde. Am Tag zuvor hatten die belgischen Behörden bereits ein iranisches Paar verhaftet, das nur Stunden später im Norden von Paris einen Sprengstoffanschlag auf das Jahrestreffen des oppositionellen Widerstandsrates des Iran verüben sollte. Den entsprechenden Sprengstoff hatte das Paar laut Bild nur wenige Tage zuvor in Luxemburg erhalten.

Die europäischen Sicherheitsbehörden hielten sich zunächst bedeckt. Nur langsam sickerten Informationen zum vereitelten Anschlag an die Öffentlichkeit, richtige Details aber gab es keine. In der Affäre um den vereitelten Anschlag auf Exil-Iraner in Frankreich könnte es eine Verbindung zum Großherzogtum geben, vermuteten die internationalen Agenturen. Meldungen, die auch von der einheimischen Presse aufgegriffen und wenige Tage später von der Luxemburger Staatsanwaltschaft bestätigt wurden.

Genauere Angaben zu den Namen, Örtlichkeiten und geplanten Abläufen blieben allerdings auch die Luxemburger Behörden schuldig. Die Mitteilung der Staatsanwaltschaft blieb entsprechend vage. Im Zusammenhang mit einem Dossier, das von einem belgischen Untersuchungsrichter bearbeitet werde, bestätige die Luxemburger Staatsanwaltschaft, dass ein Kooperationsgesuch an die Luxemburger Behörden gerichtet worden sei, so die Mitteilung. Es sei zudem zu Festnahmen und Verhören in den Nachbarländern gekommen, außerdem sei Sprengstoff sichergestellt worden.

Trotz der relativ kurzen First hätten es die Luxemburger Behörden dennoch hinbekommen, ihre Mission mit Erfolg abzuschließen, hieß es weiter. Es habe einen ständigen Austausch zwischen den Autoritäten beider Länder gegeben. Die lokalen Behörden hätten aber ständig jegliche Kontrolle über jene Maßnahmen gehabt, die sich auf Luxemburger Boden abgespielt haben. Da es sich um ein belgisches Dossier handelt, werde man zu diesem Zeitpunkt nicht weiter kommunizieren. Zu keinem Moment aber habe eine Gefahr für die Luxemburger Bevölkerung bestanden.

Die Luxemburger Mission

Inzwischen muss sich der iranische Botschaftssekretär als erster iranischer Diplomat überhaupt wegen der Anschlagspläne in Belgien vor Gericht verantworten. Seit Mitte Juli läuft das Verfahren gegen den Mitarbeiter des iranischen Sicherheitsministeriums. Dabei gelangen immer mehr Details an die Öffentlichkeit – etwa auch was die Mission der Luxemburger Polizei am 28. Juni 2018 anbelangt.

Nur zwei Tage vor dem geplanten Anschlag in Villepinte werden die Ermittler im Großherzogtum darum gebeten, ein iranisches Paar zu beschatten, das aus Belgien angereist ist. In einem Mercedes bahnen sich Amir Saadouni und Nasimeh Naami ihren Weg durch die Luxemburger Innenstadt, bevor sie ihren Wagen in der Nähe des „Aldringen“ abstellen. Durch die rue Aldringen spazieren sie in Richtung Grand-rue, bevor sie links in die Avenue de la Porte-Neuve abbiegen und den Supermarkt Alima anpeilen.

Erst als sie das Geschäft betreten, wird die Polizei auf einen dritten Mann aufmerksam, der sich schon seit einiger Zeit in der Umgebung von Saadouni und Naami aufhält, zitiert etwa die deutsche Welt am Sonntag aus dem Observationsbericht. T3, wie die Person provisorisch im Bericht genannt wird, geht auch in den Supermarkt, wo es dann zur Übergabe eines kleinen Päckchens kommt.

T3 ist niemand Geringeres als Assadollah Assadi, der iranische Botschaftsberater aus Wien. Seit Jahren pflegt er eine Beziehung zu dem Paar, das zehn Jahre zuvor aus dem Iran geflüchtet war, um sich in der Nähe von Brüssel niederzulassen. Saadouni und Naami sind nämlich Mitglieder von Mujahedin-e Khalq, kurz MEK, jenem oppositionellen Widerstandsrat, der sich nur zwei Tage später in Frankreich treffen soll. Jahrelang zahlt Assadi den iranischen Dissidenten gutes Geld für Informationen über den MEK. In all dieser Zeit kennen Saadouni und Naami den Botschaftsberater nur unter dem Decknamen „Daniel“.

Meist treffen sie sich in Belgien oder in Österreich. Mehrere tausend Euro erhält der 38-jährige Dissident in der Regel für Informationen von den MEK-Treffen, die er und seine Lebensgefährtin seit 2014 regelmäßig besuchen. Diese aber scheinen Teheran 2018 nicht mehr zu reichen. Der MEK soll empfindlich getroffen werden. Mit einem Sprengstoffanschlag. Die Konferenz am 30. Juni in der Nähe von Paris scheint das ideale Ziel zu sein: Neben tausenden Exil-Iranern werden auch hochrangige Vertreter aus Gesellschaft und Politik erwartet, darunter Maryam Rajavi, die Anführerin der Volksmudschaheddin oder US-Präsident Trumps persönlicher Anwalt, Rudy Giuliani.

Daniel bestellt seine belgischen Kontakte am 28. Juni nach Luxemburg. In einer kleinen Kosmetiktasche überreicht er ihnen 500 Gramm des Sprengstoffs TATP und eine Zündvorrichtung. Bei ihrer Verhaftung, zwei Tage später auf dem Weg nach Paris, versucht sich das Paar noch mit dem Argument herauszureden, es handele sich nur um einen Knallfrosch, mit dem man die Teilnehmer der Konferenz erschrecken wollte. Bei der kontrollierten Sprengung vor Ort wird jedoch ein Mitglied des belgischen Einsatzkommandos schwer verletzt.

Dass es nur bei diesem einen Verletzten blieb, ist ursprünglich dem israelischen Geheimdienst zu verdanken. Dieser hatte die europäischen Behörden über die bevorstehende Pläne aufgeklärt. Daraufhin hatten die belgischen Dienste das iranische Paar beschattet und auch die Luxemburger Ermittler mit einbezogen. Assadi wurde indessen von deutschen Polizisten verhaftet und nach Belgien abgeschoben, wo er sich derzeit als erster der drei Verdächtigen vor Gericht verantworten muss.

Bereits mehrmals habe Assadi den belgischen Behörden mit weiteren Anschlägen gedroht, sollte er nicht freigelassen werden. Teheran bemühe sich Medienberichten zufolge ebenfalls um die Freilassung ihres Agenten, auch wenn sie dessen Existenz bis heute öffentlich abstreiten. Die europäischen Behörden – darunter auch die Luxemburger Polizei – werden indessen für ihre Entschlossenheit gelobt und den Umstand, den Anschlag innerhalb kürzester Zeit noch mit gemeinsamen Kräften vereitelt zu haben.