Lichter aus, weniger KühlungSpaniens Energiesparplan zeigt erste Erfolge – doch nicht alle sind zufrieden

Lichter aus, weniger Kühlung / Spaniens Energiesparplan zeigt erste Erfolge – doch nicht alle sind zufrieden
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez hat „dringende Maßnahmen“ zur Einsparung und zur effizienteren Nutzung von Energie eingeleitet – die Opposition ist erzürnt Foto: dpa/Eduardo Parra

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Brüssel lobt die Bemühungen von Spaniens Regierung, von der Opposition hagelt es Kritik. Dabei zeigen die Maßnahmen schon nach einer Woche erste Erfolge.

Der historische Königspalast in Madrids Altstadt liegt im Dunklen. Die Außenbeleuchtung des Stadtschlosses, eine der meistbesuchten Attraktionen der spanischen Hauptstadt, ist abgeschaltet. Auch die prachtvolle Fassade des gegenüberliegenden „Königlichen Theaters“, Madrids berühmtem Opernhaus, wird nachts nicht mehr angestrahlt. Seit Spaniens Energiesparplan am 10. August in Kraft trat, werden jeden Abend im ganzen Land Millionen Lampen ausgeknipst.

Das kollektive Abschalten zeigt offenbar schon erste Erfolge. Nach Angaben des spanischen Netzbetreibers Red Eléctrica fiel in den letzten Tagen die landesweite Stromnachfrage. Vergleicht man etwa die zweite Augustwoche – in welcher die Sparmaßnahmen eingeführt wurden – mit der ersten Woche im August, so ergibt sich eine Verringerung des nationalen Elektrizitätsverbrauchs um 3,6 Prozent.

Das Energiedekret ist eine erste Maßnahme des sozialdemokratischen Regierungschefs Pedro Sánchez, um den Gas-Notfallplan der EU umzusetzen – weitere Schritte sollen folgen. Der EU-Notfallplan sieht vor, dass die 27 Mitgliedstaaten ihren Gaskonsum reduzieren. Die meisten Länder einigten sich auf eine Verringerung um 15 Prozent. Für Spanien, das sehr viel weniger von russischem Gas abhängig ist als etwa Deutschland, wurden sieben Prozent vereinbart.

Während EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die „wertvollen freiwilligen Maßnahmen“ in Spanien und anderen europäischen Ländern lobt, verlangt Spaniens Opposition, den Energiesparplan zurückzunehmen. Der Chef der konservativen Volkspartei, Alberto Feijoo, spricht von einem „improvisierten Plan mit einseitigen Maßnahmen, die mit niemandem abgestimmt wurden“.

Opposition fordert zum Ungehorsam auf

Die konservative Ministerpräsidentin der Region Madrid, Isabel Ayuso, fordert die Geschäftsleute sogar zum Ungehorsam auf. Die Energiebeschränkungen würden dem Handel schaden, sagt sie. Ayuso kündigte an, gegen das Stromspardekret vor dem Verfassungsgericht zu klagen, weil die Staatsregierung in Kompetenzen der regionalen Verwaltungen und der Rathäuser eingegriffen habe.

Die rechtspopulistische Partei Vox, nach Sozialdemokraten und Konservativen die drittgrößte Formation im spanischen Parlament, lehnt den Energiesparplan ebenfalls ab: „Die Maßnahmen sind eine weitere Einschränkung der Rechte und Freiheiten der Spanier.“ Vox-Chef Santiago Abascal fordert zudem die „Aufhebung aller Klimaschutzgesetze“.

Bei den Unternehmern ist das Echo geteilt. „Der Plan verpflichtet zu etwas, das gut ist ­– und zwar zu sparen“, sagt etwa José Luis Yzuel, Chef des nationalen Gastronomieverbands. Antonio Garamendi, Präsident der spanischen Arbeitgebervereinigung CEOE, verlangt von der Regierung hingegen „mehr Dialog und auch mehr Hilfen für die betroffenen Branchen“.

Premier Sánchez antwortete auf die Kritik am Sparplan mit einem Appell an den Gemeinsinn: „Spanien hat sich verpflichtet, mit den anderen europäischen Ländern solidarisch zu sein“, sagte Sánchez. Er forderte die Nation vor dem Hintergrund der Energiekrise und des Ukrainekrieges zu „verantwortungsvollem Handeln“ auf, um gemeinsam mit ganz Europa „gegen die Energie-Erpressung Putins“ vorzugehen.

Mit dem Beschluss der Regierung muss nicht nur die Außenbeleuchtung von Tausenden öffentlichen Gebäude um 22 Uhr abgedreht werden. Auch dürfen in den Schaufenstern der mehr als 900.000 Geschäfte zu nächtlicher Stunde keine Lichter mehr die Waren erhellen. Nicht wenige Geschäftsleute hatten übrigens wegen der hohen Strompreise schon vor Beginn der amtlichen Sperrzeit freiwillig die Beleuchtung in den Ladenfenstern heruntergedreht – nun ist es Pflicht.

Der spanische Effizienzplan setzt zudem der Klimatisierung von öffentlichen Gebäuden, Geschäftslokalen, Büros und Flughäfen Grenzen. Denn die Millionen Kühl- und Heizgeräte, die in ganz Spanien brummen, gelten als besonders große Stromfresser.

Auch Klimaanlagen müssen langsamer drehen

„Jedes Grad weniger bei der Kühlung oder Heizung bedeutet eine Einsparung von sieben Prozent“, sagt Umwelt- und Energieministerin Teresa Ribera. Jetzt im Sommer darf daher im Normalfall die Raumluft nur noch auf 27 Grad heruntergekühlt werden.

Allerdings gelten Ausnahmen, zum Beispiel für Restaurants und Bars, wo die Temperatur immerhin noch auf 25 Grad sinken darf. Auch für Friseure, Fitness-Studios und andere Einrichtungen mit schweißtreibenden Aktivitäten wurden Sonderregeln erlassen. Genauso wie für Hotels, wo nur Gemeinschaftsräume unter das Dekret fallen. Die Zimmer dürfen weiterhin individuell klimatisiert werden.

Im Winter ist bei der Heizung in allen öffentlich zugänglichen Räumen künftig bei 19 Grad Schluss. Um Energieverluste zu vermeiden, dürfen zudem bei Nutzung von Klima- oder Heizgeräten die Eingangstüren nicht mehr – wie in vielen Shops üblich – offenstehen.

Romain C.
18. August 2022 - 11.45

Steige wieder auf Wachskerzen um, aber die Feinstoffbelastung ist ein Problem!