Sozialpartner treffen sich in Senningen

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Die Sozialpartner trafen sich am Mittwoch in Senningen und trugen sich gegenseitig ihre Analysen der wirtschaftlichen Situation vor.

Dass es sich nicht um eine gewöhnliche Konferenz handelt, wie es so viele in Luxemburg gibt, lässt bereits der Veranstaltungsort vermuten: das Schloss in Senningen oder vielmehr dessen Nebengebäude. Auch die in zivil gekleideten Männer, die angestrengt unauffällig an strategischen Stellen des Geländes stehen und die ankommenden Menschen beobachten, lassen kaum einen anderen Schluss zu.

Tatsächlich treffen sich die halbe Regierung sowie Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeber, um über die Zukunft des Landes zu sprechen. Das Treffen findet im Rahmen des Europäischen Semesters statt. Dabei handelt es sich um einen Prozess, bei dem die Mitgliedstaaten der EU jedes Jahr ihre Wirtschafts- und Haushaltspolitik analysieren und abstimmen.

Premier Xavier Bettel eröffnet die Veranstaltung mit einer Beschreibung der momentanen Situation. Trotz aller „Dynamik“, die momentan das Geschehen in der Welt bestimme, habe sich die Situation in Luxemburg grundlegend gebessert. Trotzdem blieben noch eine Menge Baustellen, so der Premier, wie etwa das Wohnen und die Mobilität.

Finanzminister Pierre Gramegna berichtet, dass die Europäische Kommission Luxemburg ein dynamisches Wachstum vorhersagt. Das erlaube es, nachhaltig zu wachsen. Noch nach der Krise seien sich Analysten sicher gewesen, dass man nie mehr ein solches Wachstum sehen wird, wie Luxemburg es im Moment erlebt. Laut Kommission, so der Finanzminister, hält Luxemburg alle Maastricht-Kriterien ein. Die Verschuldung Luxemburgs liege sogar deutlich unter 30 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Auch berichtet der Finanzminister, dass die Banken in Luxemburg nur sehr begrenzt faule Kredite in ihren Büchern haben, was die Risiken im Finanzsektor klein hält.

Luxemburg halte sich an alle Regeln, erklärt Gramegna als Reaktion auf eine kritische Bemerkung von EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici. Dieser hatte Luxemburg zusammen mit sechs anderen Ländern als „trous noirs fiscaux“ bezeichnet.

Sozialwohnungen stoßen auf wenig Interesse

Unter anderem Wirtschaftsminister Etienne Schneider thematisiert die Immobilienpreise. Diese verhinderten, dass Arbeitskräfte angezogen werden. Wohnungsbauminister Marc Hansen erläutert, dass die stark steigenden Preise auf dem Luxemburger Wohnungsmarkt nichts Neues sind. Erneut wundert er sich, warum das Sozialwohnungsprojekt in Rollingen auf so wenig Interesse stößt. Die Menschen zögen zwar ins benachbarte Ausland, allerdings interessiere sich scheinbar niemand für Rollingen. Ein Bauprojekt auf dem Kirchberg stieß dagegen auf reges Interesse.

Neben der Regierung dominieren vor allem Gewerkschaftler André Roeltgen (OGBL) und Unternehmer Michel Wurth (UEL) das Geschehen. Beide sitzen sich gegenüber. Rechts bzw. links von den Regierungsvertretern. „Wir brauchen Wachstum, damit es uns gut geht“, sagt Wurth. Luxemburg müsse langfristig Kompetenzen aufbauen, so Wurth weiter mit Blick auf die Bildungspolitik. Anhand von Grafiken erläutert er, dass in Luxemburg die Lohnstückkosten seit 2000 schneller gestiegen sind als in den Nachbarländern.

Roeltgen erklärt, dass die Ungleichheit in Luxemburg zugenommen hat und der „Impakt der Transferleistungen“ gesunken ist. Er kritisiert außerdem den „neoliberalen“ Trend in Europa, die öffentlichen Sozialversicherungen zu schwächen und die Menschen in die private Altersvorsorge zu drängen. Roeltgen erneuert die Forderung nach zehn Prozent mehr Mindestlohn. LCGB-Präsident Patrick Dury hingegen fordert ein „Recht auf Fortbildung“.

Der Premier seinerseits weigert sich, die Rolle des Schiedsrichters einzunehmen und zu entscheiden, ob nun die Gewerkschaften oder das Patronat recht haben. Bettel verweist auf seine Rechenschaftspflicht gegenüber dem Parlament und darauf, dass er an einen Koalitionsvertrag gebunden ist.