DeutschlandSo soll das Flughafen-Chaos beseitigt werden

Deutschland / So soll das Flughafen-Chaos beseitigt werden
Nicht nur an deutschen Flughäfen müssen Passagiere derzeit viel Geduld aufbringen. Wegen der Pandemie fehlt es an Bodenpersonal. Foto: dpa/David Young

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Europa versinkt im Flugchaos. Im Kampf gegen das Durcheinander an den deutschen Flughäfen sollen es jetzt ausländische Kräfte richten. Allerdings gibt es große Zweifel, ob die Probleme in dieser Reisesaison noch behoben werden können. Frühestens im Winter, glauben die Piloten. Schuld an der Misere sei die Luftfahrtbranche, betont die deutsche Regierung.

Das Chaos an den deutschen Flughäfen soll jetzt mit Hilfe von ausländischen Arbeitskräften gelöst werden. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), Arbeitsminister Hubertus Heil und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) stellten dazu am Mittwoch ihre Pläne vor. Um zugleich mehrfach Klartext zu reden, wer verantwortlich ist für die große Misere, unter der viele Reisende derzeit leiden: die Luftfahrtunternehmen und die Airports.

Vor allem Arbeitsminister Heil nahm kein Blatt vor den Mund: „Wir haben in der Corona-Pandemie den Luftfahrtgesellschaften und den Airports in Deutschland mit massiven Wirtschaftshilfen unter die Arme gegriffen“, so der SPD-Politiker. Vor allem mit dem Instrument der Kurzarbeit sei der Sparte geholfen worden. „Gerade, um Fachkräfte an Bord zu halten, um nach der Pandemie oder in solchen Saisons wieder durchzustarten.“ Vielen anderen Branchen sei das gelungen. Im Luftfahrtbereich sei stattdessen Personal entlassen worden. Menschen hätten sich daher umorientiert. „Es wäre Aufgabe der Unternehmen gewesen, dazu rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Das ist nicht in ausreichendem Maße geschehen“, so Heil.

Angesichts des massiven Personalmangels und der Zustände auf den Flughäfen war die Branche auf Verkehrsminister Wissing zugegangen und hatte um Hilfe gebeten. Man wolle ein „paar Tausend Arbeitskräfte aus dem Ausland holen“, hieß es. Konkret aus der Türkei. Laut Innenministerin Faeser handelt es sich dabei um Kräfte, die „wohl Erfahrung“ hätten. Derzeit würden sie in ihrem Heimatland nicht gebraucht. Heil ergänzte: „Wir holen die Arbeitskräfte nicht. Wir beschleunigen das Verfahren, wir erlauben zu arbeiten.“

Die Menschen sollen nun zeitlich befristet an den Flughäfen arbeiten, vor allem in der Gepäckabfertigung. „Jede Form von Sozialdumping und Ausbeutung muss ausgeschlossen sein“, so Heil. Die Firmen müssen demnach die Menschen direkt anstellen und nach Tarif bezahlen, um Lohndumping zu verhindern. Und sie „menschenwürdig“ unterbringen. Für die Klärung des Aufenthaltstitels ist das Innenministerium zuständig, das Auswärtige Amt soll dann schnell Einreisevisa erteilen. Heil wiederum sorgt für die notwendigen Voraussetzungen seitens der Bundesagentur für Arbeit. 

Ob die Probleme jetzt zügig beseitigt werden, daran glaubt eigentlich keiner. Auch die Minister zeigten sich skeptisch. Zumal es sich nicht um ein rein deutsches Thema handelt. Auch an anderen europäischen Flughäfen gibt es Schwierigkeiten. „Es kommt jetzt darauf an, dass alle schnell arbeiten und handeln. Wie schnell das gelingt, liegt in den Händen der Unternehmen selbst“, sagte Heil.

Die deutsche Pilotenvereinigung Cockpit geht jedenfalls nicht von einem raschen Ende der Probleme aus. Vorstandsmitglied Matthias Baier sagte dieser Redaktion: „Wir rechnen frühestens im Winter mit einer Normalisierung der Situation.“ Die Unternehmen müssten jetzt ihrerseits Maßnahmen ergreifen, damit der Flugverkehr wieder reibungslos funktioniere. „Kurzfristig wird dies allerdings schwer möglich sein“, betonte Baier. Zugleich forderte er: „Die Branche hat an Attraktivität verloren. Die Arbeitsbedingungen müssen verbessert werden, um wieder ausreichend Personal gewinnen zu können.“