So meistert die „Haar-Virtuosin“ vom Herrenberg Carine Piette ihren Alltag

So meistert die „Haar-Virtuosin“ vom Herrenberg Carine Piette ihren Alltag

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Fällt der Begriff „Armee“, stellt sich bei den meisten prompt ein Bild von Drill, Camouflage-Uniform und streng dreinblickender Soldaten ein. Doch dahinter steckt mehr, in einer Kaserne spielt sich der Alltag der Soldaten ab. Carine Piette ist Friseurin und gehört seit 2015 zu genau diesem Alltag. In ihrem Job widmet sie sich nicht nur der Kahlrasur des Luxemburger Militärs, denn auch auf dem „Härebierg“ läuft das Leben (fast) ganz normal weiter.

Von unserer Korrespondentin Laura Tomassini

Ein schnelles Resultat – das ist es, was Carine Piette will. Die 47-Jährige arbeitet seit nunmehr über drei Jahren als die hauseigene Friseurin des „Härebierg“ und hat hier ihren Traumjob gefunden. „Ich schneide leidenschaftlich gerne Haare und mein Ziel ist es, Leute zu verändern, mit sofortigem Vorher-Nachher-Effekt“, sagt Carine. Mit Schere, Rasiermesser und „Tondeuse“ verpasst sie ihrer Klientel so den ganz besonderen Look, der das Militär ausmacht. Doch auch in der Kaserne Grand-Duc Jean in Diekirch gibt es mehr, als nur den traditionellen Zwei-Millimeter-Schnitt.

„Ich arbeite nicht nur mit dem Rasierer, wie es die Leute oft glauben. Hier gibt es auch eine Mode und die ist generell ungefähr dieselbe wie draußen“, erklärt die gelernte Friseurin. Vor ihrem Job auf dem Herrenberg arbeitete Carine in einem ganz normalen Salon für Männer und Frauen, und dies ganze 25 Jahre lang. Nach dem Schritt in die Selbstständigkeit plante sie eigentlich die Eröffnung eines neuen Haarschneidesalons, doch die Bauarbeiten am Gebäude machten ihr einen Strich durch die Rechnung.

Von Langeweile keine Spur

Anstatt einer neuen Location für ihren Salon fand sie dann die Anzeige vom Militär und war auf Anhieb vom Job begeistert. „Natürlich war es auch ein großer Schritt für mich, ich musste das andere ja dafür aufgeben“, erinnert sich Carine. Doch sie nahm die Herausforderung an und hat es seither keinen einzigen Tag bereut – auch wenn die Arbeit auf dem Herrenberg bei Weitem nicht so vielfältig und kreativ sein mag wie im herkömmlichen Friseursalon. „Bei uns gibt es keine Farbe oder Strähnchen, solche Fantasie-Schnitte sind nicht erlaubt“, erklärt die 47-Jährige.

Langweilig wird es der Friseurin allerdings nie, denn bei ihr passiert jeder Kopf, egal ob Soldat, angehender Polizist oder Kommandant. „Alle 20 Minuten sitzt ein anderer auf meinem Stuhl, das ist schon ein strammes Programm“, meint die gebürtige Luxemburgerin mit belgischen Wurzeln. Hochgerechnet frisiert Carine somit 16 bis 18 Kunden am Tag, von Februar 2017 bis Februar 2018 machten das insgesamt 3.167 Schnitte.

Eine Leistung, die sich sehen lassen kann. Und auch sonst hat die Friseurin so einiges zu tun, denn ausgerüstet mit Schere und einer sicheren Hand fungiert sie in Diekirch als „Seelenklempnerin“ der Kaserne. „Ich höre natürlich viel Privates von meinen Kunden, die Atmosphäre ist sehr kollegial. Anfangs meldet sich jeder mit Nachnamen bei mir an, aber nach nur kurzer Zeit heißt es schon ‚Hallo, hier ist John, Luc oder Lex!‘“, verrät Carine schmunzelnd.

Schnipp, schnapp, die Mähne ist ab

Der Gang zum Friseur ist für viele nicht nur die erste „Hürde“ ihrer Zeit auf dem Herrenberg, sondern oftmals auch eine gern gesehene Pause im Arbeitsalltag. „Der Haarschnitt ist eine Dienstleistung, die hier gratis angeboten wird. Schließlich muss hier jeder sauber und ordentlich aussehen, also müssen wir dies auch gewährleisten“, sagt Carine. So findet sich der ein oder andere Soldat nach einer verlorenen Fußballwette am Montagmorgen prompt auf dem Lederstuhl der Friseurin wieder und auch so manchen pensionierten General verschlägt es in der Rente noch regelmäßig auf den Herrenberg.

Anders als bei Model-Castingshows fließen in Diekirch allerdings keine Tränen, wenn die Mähne dann ab muss. „Früher gab es das manchmal, aber heute werden die angehenden Soldaten schon im Vorfeld gebeten, zum Friseur zu gehen und sich die vorgeschriebenen drei bis sechs Millimeter schneiden zu lassen. Sie wissen also, auf was sie sich einlassen“, erklärt die Friseurin.

Und auch außerhalb ihrer regulären Arbeit lässt Carine Piette ihr Handwerk nicht ruhen. Neben Waschen, Schneiden und Färben in der Familie hilft sie seit 1997 freiwillig im Freilichttheater von Jemp Schuster aus. „Ich mache mich einfach gerne nützlich und die Zeit, die ich im Theater verbringe, ist immer wieder schön“, schwärmt die 47-Jährige. Dennoch gilt ihre größte Aufmerksamkeit unverkennbar ihren Kunden auf dem Herrenberg und diese wissen dies auch zu schätzen, wie Carine bestätigt: „Nicht jeder Betrieb hat seinen eigenen Friseursalon, wo man zudem auch noch während der Arbeitszeiten hingehen kann!“