Mobbing-AffäreSo könnte Monica Semedo aus der „Renew Europe“-Fraktion ausgeschlossen werden

Mobbing-Affäre / So könnte Monica Semedo aus der „Renew Europe“-Fraktion ausgeschlossen werden
Seit 2019 existiert die Fraktion „Renew Europe“, die die Interessen der liberalen Parteien in den EU-Ländern im Europäischen Parlament vertritt Symbolbild: Philipp von Ditfurth/dpa

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Auch wenn sie aus der Luxemburger DP ausgetreten ist – Teil der liberalen EU-Parlamentsfraktion „Renew Europe“ ist Monica Semedo auch ohne Parteibuch. Die Reaktion der Fraktion bliebt bis jetzt aus. Aber: Ein Ausschluss eines Fraktionsmitglieds ist denkbar – und hat es in der Vergangenheit auch schon gegeben. Wir erklären, wie die Prozedur dazu abläuft. 

Luxemburgs Europaabgeordnete Monica Semedo hat am Dienstagabend per Facebook bekannt gegeben, dass sie die ihre Partei – die DP – verlässt. Als Abgeordnete im Europaparlament (EP) ist sie jedoch noch immer Mitglied der Fraktion „Renew Europe“. Die Gruppierung, die liberale und zentristische Parteien im EP eint, hat bisher nicht offiziell Stellung zum Fall Semedo bezogen. Ein erzwungener Ausschluss Semedos aus der Allianz ist aber möglich – sollte die Abgeordnete nicht aus freien Stücken gehen. Die Vorwürfe gegen die 36-Jährige wiegen schwer: Sie hat ihre drei früheren Assistenten gemobbt und wurde deshalb auch vom Parlament bestraft. Damit hat sie auch gegen die Satzungen der Fraktion verstoßen.

Laut den „Rules of Procedure“, der Geschäftsordnung der Fraktion, müssen Mitglieder eine Erklärung unterzeichnen, mit der sie sich „zur Einhaltung des Verhaltenskodex für Mitglieder des Europäischen Parlaments“ verpflichten. Als Arbeitgeber hätten die Fraktionsmitglieder „eine Sorgfaltspflicht gegenüber ihren Mitarbeitern und sollten alle angemessenen Maßnahmen ergreifen, um deren Gesundheit, Sicherheit und Wohlbefinden zu gewährleisten.“

Die Fraktion spricht sich in ihrer Geschäftsordnung explizit gegen Mobbing und Belästigung jeglicher Art aus: „Die Abgeordneten sollten das Arbeitsumfeld frei davon halten“, heißt es in dem Papier. Von den Mitgliedern der Fraktion wird erwartet, dass sie sich am Arbeitsplatz korrekt verhalten – und sogar, dass sie an einer Einführungsschulung zur Verhinderung von Mobbing teilnehmen. Im Text heißt es, dass die Fraktion „ein offenes und integratives Arbeitsumfeld“ unterstützt.

Die Sanktionierung Semedos durch den EU-Parlamentspräsidenten David Sassoli könnte somit Semedos Fraktionsausschluss bedeuten – und damit auch den erzwungenen Austritt aus den verschiedenen parlamentarischen Ausschüssen und Delegationen, in denen sich Semedo für „Renew Europe“ engagiert.

Ausschluss von Ausschüssen und Delegationen

Semedo ist derzeit Mitglied von drei verschiedenen Parlamentsausschüssen: jenem für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, dem für Kultur und Bildung sowie dem Petitionsausschuss. Zudem ist sie Teil der Delegation in der „Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU“. Semedo ist zudem als Vertretung für Fraktionskollegen in fünf weiteren parlamentarischen Gremien und Delegationen nominiert. 

„Wenn ein Abgeordneter die Fraktion verlässt, verliert er auch seine Mitgliedschaft in den Ausschüssen und Delegationen“, erklärt eine Pressesprecherin von „Renew Europe“. Sie sagt: Die Sitze in den Gremien und Abordnungen sind begrenzt: Jede Fraktion erhält gemessen an ihrer Größe eine feste Anzahl von Sitzen. Die Parlamentarier würden den verschiedenen Ausschüssen zugeteilt werden. „Sie können sie sich nicht selbst aussuchen“, sagt die Pressesprecherin – das mache die Fraktion. Persönliche Interessen und der bisherige Lebenslauf des Parlamentariers spielten aber durchaus eine Rolle. 

Wenn nun ein Fraktionsmitglied sein politisches Lager verlasse, müsse er auch seinen Sitz aufgeben. „Er kann wieder Teil der Komitees oder der Delegation werden, vorausgesetzt es wird ein Sitz bei den nicht-fraktionsgebundenen Abgeordneten frei“, erörtert die Pressesprecherin. Diesen stehe nämlich auch eine begrenzte Anzahl an Sitzen zur Verfügung. Bis dahin verliert ein fraktionslos gewordener EU-Abgeordneter seine Mitgliedschaft in den verschiedenen Beiräten und Abordnungen – und somit auch einen Teil seiner Aktionsmacht als Politiker.

Ausschüsse im Europaparlament

Laut dem Europäischen Parlament umfasst ein Ausschuss zwischen 25 und 81 EU-Abgeordneten und verfügt über einen Vorsitz, einen Vorstand und ein Sekretariat. Die Ausschüsse erstellen, ändern und billigen Vorschläge der Legislative und Initiativberichte. Sie prüfen zudem die Vorschläge der EU-Kommission und des Rates und verfassen gegebenenfalls Berichte, die im Plenum vorgestellt werden.

Es gibt 20 unterschiedliche Ausschüsse. Darüber hinaus existieren 44 ständige Delegation. Die Delegationen sind „offizielle Gruppen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments, die Beziehungen zu den Parlamenten von Nicht-EU-Staaten, Regionen und Organisationen unterhalten und diese Beziehungen vertiefen.“ clau

Ausschluss von homophobem Politiker 

„Renew Europe“ besteht seit 2019 und ist die Nachfolgerin der „Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa“ (ALDE). In der kurzen Geschichte der Fraktion wurde bisher ein Mitglied ausgeschlossen – und zwar erst Mitte Januar dieses Jahres. Viktor Uspaskich heißt der Mann, ein Litauer, dem die Fraktion am 20. Januar offiziell den Rücken kehrte, nachdem er sich online auf menschenverachtende Weise über Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft geäußert hatte. Dem Ausschluss war laut „Renew Europe“ ein „internes Disziplinarverfahren“ vorangegangen.

„Bei einer solchen Prozedur wird auch immer der Beschuldigte angehört“, erklärt ein Mitarbeiter des „Renew Europe“-Sekretariats. Ihm zufolge wurden die Regeln zum Ausschlussverfahren in der Geschäftsordnung der Fraktion erst vor drei Wochen überarbeitet – und zwar eben wegen des Falls Uspaskich. Von ihm habe sich „Renew Europe“ nämlich schnellstmöglich trennen wollen. Der Mitarbeiter erklärt, dass es bei Disziplinarverfahren zuvor einen Unterschied in der Behandlung von Fraktionsmitgliedern mit und ohne Anbindung an eine nationale Partei gegeben habe. Die Fraktion konnte die Mitgliedschaft parteilich ungebundener Parlamentarier zwar einfach beenden – bei Mitgliedern mit Parteibuch gab es aber eine große Hürde: Zuerst musste die nationale Partei den Mandatsträger ausschließen. „Das wurde jetzt geändert“, erzählt der Fraktionsmitarbeiter. Nun besitze „Renew Europe“ in beiden Fällen die Möglichkeit, ein Mitglied bei grobem Fehlverhalten vor die Tür zu setzen.

Ausschluss bei Zwei-Drittel-Mehrheit

Die aktuelle Geschäftsordnung von „Renew Europe“ sieht vor, dass der Beschluss zur Beendigung einer Mitgliedschaft mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst werden könne, „wenn ein Quorum vorhanden ist“. Ein Quorum ist wiederum dann vorhanden, wenn mehr als ein Drittel der Mitglieder anwesend sind. „Renew Europe“ zählt aktuell 97 Mitglieder.

Bei einer Versammlung, in der über den Ausschluss eines Mitglieds entschieden wird, müssen also mindestens 33 Mitglieder anwesend sein. Dann würden 22 Stimmen reichen, um den Ausschluss zu entscheiden. „Die Zwei-Drittel-Mehrheit richtet sich bei wichtigen Entscheidungen immer nach der Zahl der Anwesenden“, heißt es aus dem „Renew-Europe“-Fraktionssekretariats. „Es müssen zwei Drittel der Anwesenden dafür stimmen – egal wie viele das sind.“ Das sei notwendig, damit wichtige Entscheidungen nicht von „einer Minorität“ getroffen würden.

In anderen Worten: Je mehr Menschen anwesend sind, desto mehr „Pro“-Stimmen braucht es, um den Ausschluss einer Person aus der Fraktion zu erwirken. „Bei wichtigen Abstimmungen sind meistens sehr viele Menschen zugegen“, sagt der Fraktionsmitarbeiter. Die Fraktion informiere die Mitglieder im Vorfeld, worüber bei einer Sitzung votiert würde. „Bei der Abstimmung über den Ausschluss von Uspaskich waren fast alle Mitglieder der Fraktion präsent“, sagt der Mitarbeiter.

Sollte es demnächst zu einer Abstimmung über den Ausschluss Semedos kommen, kann man also davon ausgehen, dass die Entscheidung in Anwesenheit vieler Fraktionsmitglieder getroffen würde. Der Pressesprecherin der Fraktion zufolge wird die nächste Versammlung in der ersten Februarwoche stattfinden. Zu dem Fall Semedo wollte sie sich nicht äußern. „Wir kommentieren das nicht als politische Gruppe“, sagte die Sprecherin. Auf eine weitere Anfrage des Tageblatts sagte ein Sprecher des Parteivorsitzenden Dacian Cioloș: „Das Thema wurde noch nicht innerhalb der Fraktion besprochen.“

Lëtzi
4. Februar 2021 - 12.35

Ech verstinn net, dass hei nach Leit jaizen, dass een et Madame soll a Rou loossen. Als EU (an och als Nationaldéputéiert) huet een nun emol eng ganz besonnesch Virbildfunktioun. Dat op e Niveau mat Mobbing op der Aarbecht (wat och ganz schlemm ass a bestroft muss ginn!) ze setzen ass einfach falsch! Als Députéiert ass een e Vertrieder vum Wieler a vum Vollék, do huet Mobbing eng ganz aaner Dimensioun wéi als "normale" Mensch, deen weder eng public nach eng representativ Roll huet. A genau dowéinst geheiert esou en Persoun mei haart bestrooft wei de Recht vun der Zivilgesellschaft. Dat geheiert nun emol zu enger Kandidatur fir eng politesch, representativ Roll dozou. An wann een dei net erfellen kann, geheiert net an e Parlament. An ze soen, et Madame hätt et begraff, ass net wouer, et schengt eischter esou ze sinn, dass se sech als Opfer duerstellt an trotzeg hier Partei verleisst, well dei hier net de Reck staipen.

nk
31. Januar 2021 - 12.30

Hoffentlech fuederen dei 3 Gescheidegt Moralesche Schudenersatz ann eng Nei Platz am Parlament.

churchill
30. Januar 2021 - 8.53

Politik ass een dreckecht Geschäft.Wann een all Fall elo ging op de Grond goen an dementspriechend Strofen gin,dann viren net méi vill Politiker mat enger weisser West do. Mais Mobbing an egal wéi enger Form muss bestroft gin. An nach eppes:Hochmut kommt vor dem Fall! Madame Semedo huet sech elo zou der Elite gefillt,mais dem ass net esou.Sie ass vun der DP als Instrument gebraucht gin fir hir Interessen auszebauen. De Schoss ass no hannen gangen.

Charles HILD
30. Januar 2021 - 7.42

@Marc Decker Richteg. An dem Fichier vun der Justiz get grousse Wäert drop geluecht, dat jiddereen "e Recht op Vergiessen" huet. An hei ass et dach net Anescht. Et gouf eng Infraktioun. Do ass een Uerteel gesprach gin. Et gouf eng "fazzeg" Strof. Déi Schëlleg huet de Fehler agesinn, an hir Strof ugeholl. Da verstinn ech elo net, virwat dat si nach weider vun den ale "Parteifrënn" gemobbt a beslästegt gëtt. War déi Strof net haart genuch? Da muss dat Reglement ebe fir d'Zukunft geännert ginn. Et ass leider oft esou: Wann ee bis um Buedem leit, da kommen och déi feig a schloen drop.

promme rené
29. Januar 2021 - 19.09

mme semedo huet elo endlech leid fonnt dei se net faerten, well hei zu letzebuerg huet sie will mam elebou geschafft, an soguer hart geschaut wann hir eppes net gelong ass, dann machen mir leiwer so enger madämchen plaatz, fir eis roue ze hunn, dass hir recht geschitt, fir watt huet sie misten goen bei rtl well keen se mei wollt gesin.

Marc Decker
29. Januar 2021 - 18.47

Serieux..weivill Leit gin ob hierer Arbest gemoppt an et discuteiert keen driwer... Daat ass an mengen Aan schon langweilech déi Artikelen iwert Madame Semedo,an Grenzt och schon un Mobbing déi Fraa mat perseinlech Menungen moralesch ferdech ze maachen. Ech mengen hat huet eng Lektion fir Liewen draus gezunn,mee et geet awer esou loues duer nee?

Linda
29. Januar 2021 - 17.14

Vis à vis vun denen 3 Persounen wou duerch Madame hir Demissioun angereescht hun,wir et net méi wéi richteg datt hir lo och do fristlos gekenescht get! Et muss schlem geweescht sin wann direkt 3 Leit hirer Wee gin! Madame huet sech als Chef gefillt bestemt! Huet hir Positioun genotzt vir hir Mataarbechter färdech ze maan! Leider ass dest net en Eenzelfall! Get et an allen Positiounen.