Gemeinderat Luxemburg„Sehr frustrierende Situation“: Der Streit um die private Sicherheitsfirma wird hitziger

Gemeinderat Luxemburg / „Sehr frustrierende Situation“: Der Streit um die private Sicherheitsfirma wird hitziger
Ein Ende der Diskussionen um die private Sicherheitsfirma scheint nicht in Sicht Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Diskussionen um die private Sicherheitsfirma, die im Auftrag der Gemeinde im Bahnhofsviertel und der Oberstadt patrouilliert, gingen am Montag im Stadtrat in eine weitere Runde. Die Opposition stellt die Legalität des Auftrags an die private Firma infrage, eine Behauptung, die Bürgermeisterin Lydie Polfer kategorisch verneinte. Der Vertrag mit der Firma wird um zwei Monate verlängert. In der Auseinandersetzung wird der Ton zunehmend hitziger.

Gleich zu Anfang der Gemeinderatssitzung kam es in der Angelegenheit zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) und Vertretern von „déi gréng“, als die Bürgermeisterin Christa Brömmel („déi gréng“) untersagte, die Motive der gemeinsamen Frage der LSAP-„déi Lénk“-„déi gréng“-Opposition vorzutragen. Es sei schließlich keine Debatte, sondern eine Fragestunde, deshalb solle sich die Opposition darauf beschränken, ihre Fragen zu stellen. Dies führte zu heftigen Protesten seitens der Opposition. Die Vorgehensweise der Bürgermeisterin verurteilten LSAP, Grüne und Linke in einer späteren Pressemitteilung als Machtmissbrauch.

Die drei Parteien stellen grundsätzlich die Legalität des Vertrages zwischen dem Gemeinderat und der privaten Sicherheitsfirma GDL infrage. In ihrer gemeinsamen Frage wollten sie  wissen, auf welche Daten sich der Schöffenrat basiere, um den Vertrag mit der Sicherheitsfirma zu verlängern und sogar auf das Bonneweger Viertel auszuweiten. Des Weiteren fragten sei nach der Aufgabe der Hunde, und an wen die Einsatzberichte der Sicherheitsfirma gingen.

Die drei Parteien argumentieren, dass das Gesetz von 2002 bezüglich privater Überwachungsfirmen missachtet werde, da dieses nicht die Überwachung des öffentlichen Raumes durch Privatfirmen erlaube. Die Verfassung erlaube nur der Polizei, im öffentlichen Raum für Sicherheit zu sorgen. Dies schränke den Handlungsspielraum der privaten Sicherheitsleute quasi komplett ein.

Zudem würden die bisherigen Einsatzberichte der privaten Sicherheitsleute ernste Fragen aufwerfen. So gehe die Rede von Interventionen außerhalb des öffentlichen Raums und Eigeninitiativen der privaten Sicherheitsbeamten. Das größte Problem sei dabei die Untergrabung der Polizeiautorität. Durch die Antwort des Innenministeriums auf eine diesbezügliche Anfrage sieht sich die Opposition in ihrer Meinung bestätigt: „L’exercice de la police administrative constitue un service public dont l’organisation ne peut pas être déléguée, mais que la collectivité publique doit assurer la régie.“ Die Polizeiarbeit an Drittpersonen zu delegieren, widerspreche diesem Prinzip, schreibe die Innenministerin.

Die Opposition ist der Meinung, mit dem Auftrag an eine private Firma werde der Öffentlichkeit Sand in die Augen gestreut; sie fordert ein Ende der Zusammenarbeit mit der Firma, da diese nichts im öffentlichen Raum zu suchen habe.

Polfer: „Nicht illegal“

Nichts an diesem Vertrag sei illegal, verteidigte die Bürgermeisterin das Vorgehen des Schöffenrats. Im Gegenteil, es gehöre zu den ureigensten Kompetenzen einer Gemeinde, für die Sicherheit ihrer Bürger zu sorgen. Bei einem Treffen mit Innenministerin Taina Bofferding habe diese lediglich gefordert, den Auftrag mit der privaten Firma präziser zu formulieren, was auch getan worden sei.

Der Auftrag sei nun wie folgt definiert: „La surveillance des infrastructures et installations communales dans les parcs et places publiques par une présence visible dans le périmètre assigné en début d’exécution du contrat. Le périmètre étant sujet à révision. En cas de nécessité, prêter assistance aux personnes en difficulté, sauf dans la limite de ce qui est légalement permis dont notamment l’article 43 du code procédure pénale et 410.1 et 410.2., appeler la police en cas d’incident.“

Das sei genau das, was die Firma nun zwei Monate getan habe, und das Sicherheitsgefühl der Bürger sei dadurch erheblich verbessert worden. Der Vertrag mit der Firma GDL werde um zwei Monate verlängert. Sie hoffe, dass in dieser Zeit endlich Klarheit geschaffen werde, wer dafür zuständig sei, wenn Leute z.B. private Eingänge besetzten und dort übernachten, sagte Polfer. Bis dato interveniere die Polizei nicht in solchen Fällen. Minister François Bausch habe seit längerem einen Gesetzestext hierzu versprochen, der aber noch immer nicht vorliege.

Des Weiteren steht eine Ausweitung des Aktionsradius auf einige Straßen im Bonneweger Viertel noch im Raum. Das sei noch nicht endgültig beschlossen, da noch geklärt werden müsse, wo genau die CFL Überwachungsaufgaben übernimmt, wie z.B.auf der Fußgängerbrücke, die die „Gare“ mit der Bonneweger Straße verbindet, erklärte Lydie Polfer auf Nachfrage hin.

„Racial profiling“

Die Opposition monierte ebenfalls, dass in den Berichten der Sicherheitsfirma von „racial profiling“ die Rede gehe, d.h. Menschen würden aufgrund ihrer Hautfarbe überprüft. Lydie Polfer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass kein Geringerer als Minister François Bausch öffentlich von einer nigerianischen Mafia gesprochen habe. Man müsse die Fakten anerkennen, sonst könne man keine Probleme lösen.

Aus den Erklärungen der Bürgermeisterin ging ebenfalls hervor, dass die Hunde, die auf Streife mitgeführt werden, dem Schutz der Sicherheitsleute selbst dienten. Die Einsatzberichte schließlich gingen nicht an die Polizei, sondern an die juristische Abteilung der Gemeindeverwaltung.

Der Frage des Tageblatt, ob sie bedauere, dass es keine kommunale Polizei gebe, wich Polfer aus. Sie wolle nun keine zweite Diskussion über dieses Thema beginnen, aber es sei sehr frustrierend, dass man einerseits als Gemeinde eine gewisse Verantwortung trage, andererseits aber keine Mittel habe, um dieser Verantwortung effektiv nachzukommen.

Verschiedenes

– Denkmalschutz: Der Gemeinderat entschied einstimmig, den Vorschlag des Kulturministeriums gutzuheißen, den Bischofssitz in der Avenue Marie-Thérèse als nationales Monument einzustufen. Der Bischofspalast, der 1958 nach Plänen der Architekten René Mailliet und Pierre Reuter erbaut wurde, genieße schon den höchsten Schutz auf kommunaler Ebene. Auch die auf dem Gelände befindliche Kapelle, mit einem Fensterwerk des Künstlers François Gillen, empfahl der Gemeinderat einstimmig, unter Denkmalschutz zu stellen.
Keine Einstimmigkeit gab es bezüglich des Gebäudes neben dem Bischofssitz  (5, av. Marie-Thérèse). Die Mehrheit (außer „déi gréng“) sprach sich gegen den Vorschlag des Kulturministeriums aus, auch dieses Gebäude zu schützen. Dieses Haus sei schon 1977 umgebaut worden und seine Fassade sei nicht mehr die ursprüngliche, argumentiert der Schöffenrat. 

– Gesunde Finanzen:  „Die Finanzsituation der Stadt ist mehr als korrekt“, sagte Finanzschöffe Laurent Mosar bei der Vorstellung des „plan financier pluriannuel“. Ende 2021 verfüge die Gemeinde, falls alles läuft wie geplant, noch über Reserven von rund 800 Millionen Euro.

Der Bischofssitz soll unter Denkmalschutz gestellt werden
Der Bischofssitz soll unter Denkmalschutz gestellt werden Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

titi
27. Januar 2021 - 15.48

@ Realist. Hier geht die Rede von gut ausgebildeten ( so hoffe ich doch ) Sicherheitsagenten und nicht von Passanten die von ihnen beschützt werden sollen und sich in falscher Sicherheit wähnen. Das ist doch die Realität.

Realist
27. Januar 2021 - 15.12

@titi: So lange die Hunde die Richtigen beissen, habe ich damit kein Problem. Und wer schon mal abends alleine durchs Garer Véirel musste, hat sich bestimmt noch ganz andere Mittel zum Selbstschutz als nur einen Hund gewünscht...

Claude Oswald
27. Januar 2021 - 13.07

An der Avenue Marie-Thérèse stinn nach aner Haiser, déi, falls se net ënner Denkmalschutz stinn, onbedingt geschützt misste ginn. Ech denken un déi Haiser op der aner Stroossesäit.

titi
27. Januar 2021 - 9.27

Sicherheitsleute, die den Schutz von Hunden brauchen. Ein Witz!