SonderwegSchweden will sein Corona-Bild im Ausland verbessern

Sonderweg / Schweden will sein Corona-Bild im Ausland verbessern
Was von Schwedens Sonderweg sichtbar sein soll, die Unterschiede oder die Gemeinsamkeiten zum Corona-Vorgehen der anderen Europäer, ist zum Politikum geworden Foto: AFP/Jonathan Nackstrand

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Ausländische Diplomaten in Schweden wurden laut der Zeitung Aftonbladet dazu angehalten, der Kritik in ihren Heimatländern zum lockeren Sonderweg Schwedens in der Corona-Krise mit Aufklärung entgegenzutreten. Schweden befürchtet eine Isolation bei den EU-Grenzöffnungen.

Vor allem im Ausland wird scharfe Kritik am lockeren Sonderweg des gut zehn Millionen Einwohner zählenden Schwedens in der Corona-Krise geübt. Denn fast alles blieb erlaubt und geöffnet. Inzwischen ist die mit je 100.000 Einwohner relativ hohe Todeszahl Schwedens im Vergleich zu den nordischen Corona-Lockdown-Nachbarländern ein wiederkehrender Kritikpunkt im Ausland.

Die Kritik in Schweden selbst bleibt weiterhin verhalten. Doch das Außenministerium in Stockholm möchte anscheinend den Ruf des Landes verbessern, um dem Schreckensbild, das von Schweden im Ausland gezeichnet wird, entgegenzutreten. Das berichtet die Tageszeitung Aftonbladet, der entsprechende Informationen vorliegen. „Nun übt die Regierung Druck auf das ausländische Diplomatenkorps aus, um das Schwedenbild reinzuwaschen“, schreibt die Zeitung und zitiert Außenministerin Ann Linde aus ihrer Rede an die in Stockholm stationierten ausländischen Diplomaten: „Als Botschafter in Schweden habt ihr eine wichtige Rolle darin, eure Hauptstädte über die Situation hier zu informieren.“

Der Tenor dieser Informationen solle, laut Aftonbladet, darin liegen, das Ausland darüber in Kenntnis zu setzen, dass die schwedische Strategie nicht anders sei als die der anderen Länder. „Schweden teilt die gleichen Ziele wie alle anderen Länder. Wir arbeiten mit den gleichen Herausforderungen und benutzen ähnliche Werkzeuge wie die meisten anderen Länder“, zitiert Aftonbladet die Rede die Außenministerin. Die Wörter „gleichen“ und „ähnlichen“ seien in der Rede dick gedruckt, so die Zeitung.

Im Ausland sei Schwedens Strategie oft missverstanden worden, sagte auch Sozialministerin Lena Hallengren laut Aftonbladet gegenüber dem ausländischen Diplomatenkorps in Stockholm. In Schweden hätte man entgegen den Behauptungen im Ausland nicht einfach so weitergemacht wie bisher. Auch sei ein zentrales Ziel nicht die Herdenimmunität durch relativ ungehemmte Ansteckung vieler gewesen, unterstreicht demnach die Ministerin. Ebenso betont sie, dass Schwedens Krankensystem stets ohne Überlastung funktioniert hat. „Es hat die ganze Zeit zwischen 20 und 30 Prozent freie Betten in den Intensivstationen gegeben“, sagt sie.

Im Nachhinein sei man immer klüger, so Tegnell

In Schweden selbst ist es weiterhin relativ ruhig, die rotgrüne Regierung hat viel Vertrauen in der Bevölkerung, auch die Opposition hält sich relativ ruhig, denn auch sie stützte ja von Anfang an den Sonderweg. Die Opposition setzte allerdings durch, dass Schwedens Coronaweg von einer Kommission geprüft wird. Ex-Staatsepidemiologin Annika Linde, die den Sonderweg zunächst befürwortet hatte, kritisierte zudem, man hätte zumindest anfänglich einen Lockdown machen müssen, um Zeit zu haben, notwendige Vorkehrungen für die besonders gefährdeten Risikogruppen zu treffen. Ihr Nachfolger, Schwedens Staatsepidemiologe Anders Tegnell, entgegnet, dass ein genereller Lockdown die Sterbezahlen nicht vermindert hätte. So gebe es Lockdownländer, in denen die Todeszahlen höher waren als in Schweden.

Allerdings hat Tegnell auch eingeräumt, dass man mit dem jetzigen Wissen in einer vergleichbaren neuen Situation vielleicht eher einen Mittelweg aus dem harten Lockdown anderer Länder und der lockeren Empfehlungspolitik der Schweden gegangen wäre. Am Sonderweg hält er aber weiter als richtig fest. Im Nachhinein sei man immer klüger, so Tegnell.

Unterdessen beunruhigt die Schweden derzeit vor allem, dass sie eventuell in diesem Sommer wegen ihres Sonderweges nicht in allen europäischen Ländern als Touristen willkommen sein könnten. Dänemark öffnet seine Grenzen ab 15. Juni für die wirtschaftlich wichtigen Deutschen als auch Norweger. Für die Schweden bleibt sie zunächst geschlossen. Auch Zypern will norwegische und dänische Touristen sehen in diesem Sommer, aber keine schwedischen.