Schüsse auf Ehefrau: Angeklagter sieht sich in der Opferrolle

Schüsse auf Ehefrau: Angeklagter sieht sich in der Opferrolle

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Am Montag musste sich der 58-jährige Jamek M. erneut vor der Kriminalkammer wegen vorsätzlichen Mordes an seiner Ehefrau verantworten, die er 2015 mit sechs gezielten Kopfschüssen aus einer nicht angemeldeten Pistole in Esch/Alzette niedergestreckt haben soll.

Der bereits im vorigen Jahr eröffnete Prozess war wegen der gerichtlichen Verfügung, ein zweites psychiatrisches Gutachten einzuholen, etwas verzögert worden. Beide Experten sprachen den Beschuldigten jedoch für schuld- und nicht unbedingt therapiefähig.

Seine Kinder hatten den jähzornigen Vater schwer belastet, während seine Geschwister und deren Ehepartner – zum Leidwesen des verängstigten Nachwuchses – versuchten, den Beschuldigten etwas aus der Schuld zu reden.

Schöne Geschichte …

Gestern bekam der Angeklagte erneut die Möglichkeit, seine Geschichte zu erzählen. Er sei 1998 als Soldat an der Grenze von Kroatien stationiert gewesen, habe viel Leid gesehen und an Fahnenflucht gedacht. Danach sei er wie ein Verräter behandelt worden.

Wegen finanzieller Probleme sei er dann mit der Hilfe seines Vetters über Italien nach Deutschland geflohen und habe seine Familie nachkommen lassen. Durch seine Schwester soll er dann nach Luxemburg gekommen sein – ein Land, in dem sich vor allem die Kinder wohlfühlten.

Er habe viel gearbeitet, damit die Kinder es gut haben sollen, so der Beschuldigte ausschweifend. Dann habe er ein kleines Haus für sich und seine Frau gekauft. Er bedankte sich, dass Luxemburg ihm und seiner Familie so viel gegeben hat.

Er habe seiner Frau den Führerschein und ein Auto bezahlt. Ihm zufolge sollen seine Kinder keine Lügen vor Gericht erzählen, wegen derer er sich schäme und am liebsten im Erdboden versinken würde. Er schwöre, seine Frau und Kinder nie geschlagen zu haben.

Auf das Argument der Vorsitzenden, dass er wegen solcher Anschuldigungen zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden war, ohne Berufung dagegen einzulegen, ging er nicht ein. Auch das damalige Attest der Verletzungen an seiner Frau ignorierte er.

… mit tragischem Ausgang

Ein Imam habe seinem Sohn gesagt, das Haus sei verteufelt. Der Angeklagte soll daraufhin zwar Angst gehabt haben, doch die Wohnung wollte er nicht verkaufen, weil er nicht mehr so viel habe arbeiten können.

Er habe seiner Frau gesagt, sie solle sich nicht fürchten, und seinen Kindern, dass sie gehen sollen, sollten sie etwas Besseres finden. Daraufhin habe ihm seine Tochter wütend an den Kopf geworfen, ihre Mutter habe bereits etwas Besseres gefunden und er müsse gehen. Er fühle sich als Opfer.

Mit den dem Gericht vorliegenden Texten konfrontiert, in denen er seiner Exfrau auf aggressive Art und Weise mit dem Tod drohte, zeigte sich der Beschuldigte empört und behauptete, so etwas könne kein normaler Mensch schreiben.

Auf die Frage des öffentlichen Anklägers, warum er seine Frau umgebracht habe, meinte er lediglich, dass er es nicht gewesen sei – ein anderer habe wohl Kontrolle über ihn gehabt. Er könne sich jedenfalls an nichts mehr erinnern.

Der Nebenkläger stellte den Angeklagten als kaltblütigen Mörder dar, der seine Familie über Jahre hinweg terrorisiert haben soll. Er entwickelte die tragende These, dass sich der Angeklagte acht Tage vor Tat beurlauben gelassen und seine Frau in der Zeit auch nicht bedroht haben soll.

Damit soll er sie in Sicherheit gewogen haben, um seine Tat in aller Ruhe durchführen zu können. Er forderte lebenslange Haft und für die drei Kinder einen symbolischen Euro sowie für die Schwester und den Neffen 100.000 Euro Schadenersatz.

Der Verteidiger begann sein Plädoyer anschließend mit der Aussage, dass er mildernde Umstände für seinen Mandanten fordern werde. Zudem wolle das Gericht davon überzeugen, dass sein Mandant nicht das Monster sei, als das er dargestellt werde.

Der Prozess wird am Dienstag mit dem Strafantrag abgeschlossen.

Von Carlo Kass