Geschützte TierartRotmilan vergiftet: Naturverwaltung startet Zeugenaufruf

Geschützte Tierart / Rotmilan vergiftet: Naturverwaltung startet Zeugenaufruf
Der Rotmilan (Milvus milvus) gehört zu den eindrucksvollsten Greifvögeln Luxemburgs. Hierzulande hat sich der Bestand zuletzt erholt. Dennoch gehört der Vogel in Luxemburg zu den geschützten Tierarten.  Archivbild: Isiwal

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Die Naturverwaltung hat einen dringenden Aufruf im Zusammenhang mit der Vergiftung eines Rotmilans gestartet. Der endemische Greifvogel gehört in Luxemburg zu den geschützten Tierarten. In den Nachbarländern ist der Brutbestand sogar rückläufig.

Als einer der größten und weit verbreitetsten Greifvögel des Landes ist der Rotmilan ein gern gesehener Gast in der Luxemburger Naturlandschaft. Das Großherzogtum liegt quasi im Zentrum seines Verbreitungsgebiets und spielt eine entsprechend wichtige Rolle beim Erhalt der endemischen Vogelart. Somit gehört der elegante Greifvogel in Luxemburg zu den geschützten Tierarten.

Dass der akrobatische Flugspezialist im Großherzogtum aber nicht nur Freunde hat, zeigt die jüngste Mitteilung der „Administration de la nature et des forêts“. Bereits Anfang August hatten Mitarbeiter der ornithologischen Zentrale von „Natur & Ëmwelt“ in der Nähe von Rippweiler einen toten Rotmilan gefunden. Nun sucht die Naturverwaltung dringend nach möglichen Zeugen.

Da das Tier auf den ersten Blick äußerlich unversehrt erschien und auch die Autopsie keine weiteren inneren Verletzungen offenbarte, entschieden sich die Verantwortlichen für weitere toxikologische Untersuchungen in einem spezialisierten Labor. Dabei stellten die Experten fest, dass der elegante Greifvogel einem Giftköder zum Opfer gefallen war: Im Körper des Tieres wurden hohe Werte eines verbotenen Insektizides nachgewiesen.

Da das in Luxemburg heimische Tier für wissenschaftliche Untersuchungen mit einem GPS-Sender ausgestattet war, waren die Verantwortlichen in der Lage, dessen Bewegungen relativ genau nachzuzeichnen. So konnten Spezialisten auch den ungefähren Ort ausmachen, an dem das Tier mit dem Gift in Kontakt gekommen war.

In diesem Zusammenhang sucht die Naturverwaltung nun Zeugen, denen zwischen Juli und August im Raum Noerdingen (Noerdange) etwas aufgefallen sein könnte. Personen, die in dieser Gegend etwas Verdächtiges beobachten oder möglicherweise sogar Fleischköder finden konnten, sollen sich bei der Naturverwaltung melden, per Telefon (24 75 66 45) oder via E-Mail an infractions@anf.etat.lu.

Personen, die wissentlich und nachweislich eine in Luxemburg geschützte Tierart umbringen, drohen ganz empfindliche Strafen. Verurteilte Tierquäler können laut dem neuen Tierschutzgesetz von Juli 2018 mit bis zu sechs Monaten Freiheitsentzug bestraft werden. Außerdem drohen Geldstrafen von bis zu 750.000 Euro.

Ein einzigartiger Greifvogel

Namensgebend ist das rostrot gefärbte Federkleid des Rotmilans. Mit circa 65 Zentimetern Körpergröße und einer Flügelspannweite von rund 175 Zentimetern gehört er zu den größten Greifvögeln Luxemburgs. Der Kopf ist in der Regel hellgrau und die Unterseite ist mit schwarzen und weißen Federn verziert. Einzigartig ist der tief gegabelte Schwanz, der sich von allen anderen in Luxemburg ansässigen Greifvögeln unterscheidet. Von daher ist der Rotmilan auch relativ leicht mit dem bloßen Auge auszumachen.

Der Rotmilan sei eine Charakterakt Westeuropas, deren Bevölkerung sich in unseren Gefilden zuletzt stark erholt habe, betont Philip Birget von der Luxemburger Naturverwaltung. Global gesehen nehme Luxemburg eine zentrale Rolle beim Schutz dieses Greifvogels ein: „Das Großherzogtum verfügt über ein schönes Landschaftsmosaik, das ideal ist für den Rotmilan“, so der Biologe. Strukturreiche, landwirtschaftlich genutzte Kulturlandschaften seien sein bevorzugtes Habitat. Und davon gibt es in hierzulande reichlich.

„Einerseits jagt der Rotmilan vor allem auf offenen Wiesen, andererseits kommt seine Nahrung aber vor allem in Hecken, Gräben oder Wäldern vor“, erklärt Birget. Dabei handelt es sich nicht um seine bevorzugten Jagdgründe, weshalb der Rotmilan in Luxemburg vor allem auf offener Flur fündig wird. „Deshalb benötigt der Greifvogel eine gewisse Diversität an Biotopen in der Landschaft, damit er sich wirklich wohlfühlt“, so der Experte für Biodiversitätsverträge.

Mit der Markteinführung von DDT ließen sich ab den 1950er Jahren Schädlinge in der Landwirtschaft quasi über Nacht ausrotten. Allerdings wurde die schädliche Wirkung des Insektizides lange Jahre unterschätzt. Darunter gelitten hat in Luxemburg auch der Bestand der Rotmilane, der über die vergangenen hundert Jahre extrem gesunken sei. „Erst mit dem Verbot von DDT konnte sich die Bevölkerung langsam wieder erholen“, schlussfolgert der Biologe, der das Insektizid als „furchtbar“ bezeichnet. Aufgenommen wurde die Substanz in der Regel durch Mäuse und andere Nahrung. Mit dem Resultat, dass die Eierschalen des Greifvogels so weich wurden, dass sie beim Brüten im Nest zu brechen drohten.

Der Mensch ist und bleibt der größte Feind des Rotmilans. Gefunden wurde das Tier bei Rippweiler, vergiftet in der Nähe von Noerdingen. 
Der Mensch ist und bleibt der größte Feind des Rotmilans. Gefunden wurde das Tier bei Rippweiler, vergiftet in der Nähe von Noerdingen.  Foto: Natur&Ëmwelt Asbl.

Laut Philip Birget hat aber auch der Tierschutz eine wichtige Rolle beim Erhalt der Greifvögel eingenommen. In Großbritannien war der Rotmilan etwa ausgestorben, bis vor 20 Jahren mehrere Paare ausgesetzt wurden. Daraufhin habe sich die Art wieder stark ausgebreitet.

Inzwischen sei der Bestand in unseren Gegenden wieder stabil, so Birget, doch sollte man sich nicht zurücklehnen: In unseren Nachbarländern ist der Brutbestand nämlich rückläufig, während die Art in bestimmten Regionen – etwa im Norden Deutschlands – sogar als „stark gefährdet“ gilt. „Das Verbreitungsgebiet des Rotmilans ist immer noch relativ klein. Auch wenn sich die Bevölkerung in Luxemburg gut erholt hat, hat der Greifvogel nicht nur Freunde, wie dieser jüngste Vorfall beweist. Deshalb dürfen wir keine Risiken eingehen“, mahnt der Mitarbeiter der Naturverwaltung.

Der Schwarzmilan – eine Schwesterart des Rotmilans – ist beispielsweise weltweit verbreitet. Diesen trifft man auch in Ländern wie Indien oder Australien an. „Den Rotmilan aber finden wir nur in unseren Gegenden“, unterstreicht Philip Birget. „Luxemburg trägt eine große Verantwortung beim Schutz dieser Vogelart!“