Briefing MinisterratRegierung will gezielter auf Impfmuffel zugehen

Briefing Ministerrat / Regierung will gezielter auf Impfmuffel zugehen
Zuversichtlich trotz vierter Welle: Premierminister Xavier Bettel und Gesundheitsministerin Paulette Lenert wollen noch gezielter auf ungeimpfte Bürger zugehen Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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In der sanitären Krise setzt die Regierung auf einen Paradigmenwechsel: Tests sind künftig nicht mehr kostenlos. Es könne nicht sein, dass die Allgemeinheit weiter für die Kosten aufkomme, weil eine Minderheit sich nicht impfen lassen möchte, so Premier Xavier Bettel. Ansonsten sollen die geltenden Covid-Gesetze bis zum 18. Oktober verlängert werden.

Ab dem 15. September sind PCR-Tests nicht mehr kostenlos. Das Large Scale Testing, wie es bis dato praktiziert wurde, wird abgeschafft. Das hat Premierminister Xavier Bettel (DP) am Mittwoch im Pressebriefing nach dem Ministerrat angekündigt.

Jeder Bürger über zwölf habe inzwischen die Möglichkeit, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. „Menschen aber, die nicht geimpft sind, aus Bequemlichkeit jedoch eine Covid-Check-Maßnahme nutzen wollen, müssen ab diesem Zeitpunkt selbst für den PCR-Test aufkommen“, unterstrich der Staatsminister, der in diesem Zusammenhang von einem Paradigmenwechsel sprach.

Tatsächlich wurden die Kosten der PCR-Tests bisher vom Staat übernommen. Bürger konnten sich auf Eigeninitiative oder Einladung der „Santé“ im Rahmen des Large Scale Testing kostenlos testen lassen. Inzwischen seien aber bereits 74 Prozent der Bevölkerung mit einer Dosis oder mehr geimpft worden. „Bei einer solchen Durchimpfungsrate kann es die Regierung nicht rechtfertigen, die Freiheiten von geimpften Bürgern weiter einzuschränken“, so Bettel. „Es kann nicht sein, dass die Allgemeinheit für PCR-Tests aufkommt, weil sich einige Menschen nicht impfen lassen wollen.“

Ungeimpfte Bürger, die ab dem 15. September eine Reise antreten oder eine Veranstaltung besuchen wollen, bei der sie einen negativen Test vorzeigen müssen, werden ab diesem Zeitpunkt selbst für die Kosten des Tests aufkommen. Ausgenommen sind lediglich Kinder unter zwölf Jahren sowie Personen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können. In dem Fall werde man dafür sorgen, dass der Staat auch weiterhin die Kosten übernehme, versprach der Staatsminister.

Der Weg zurück in die Normalität

Zufrieden zeigten sich Premierminister Xavier Bettel und Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) angesichts der Durchimpfungsrate in Luxemburg, die mit 74 Prozent etwas über dem europäischen Schnitt von 70 Prozent liegt. „Die Impfung ist und bleibt unser bester Weg zurück in die Normalität“, unterstrich Bettel, der damit seinen Aufruf an den ungeimpften Teil der Bevölkerung erneuerte, sich doch noch impfen zu lassen.

Auch wenn eine Impfung eine Infektion nicht hundertprozentig ausschließe, so seien die Vorteile unbestritten, so der Staatsminister. Acht Patienten befinden sich aktuell auf der Intensivstation. „Alle acht waren nicht geimpft. Eine Impfung ist zwar keine Garantie gegen eine Infektion, doch haben wir hier den Beweis, dass die Krankheit bei geimpften Personen weitaus schwächer verläuft“, so der Staatsminister.

542 Neuinfektionen wurden in der letzten Woche festgestellt – ein Anstieg von 23 Prozent gegenüber der Vorwoche. Für Gesundheitsministerin Paulette Lenert handelt es sich dabei um ein klares Indiz, dass die Zahlen im Hinblick auf eine vierte Welle im Herbst wieder steigen. Diese sei unausweichlich, wenn auch Luxemburg im Vergleich mit den Nachbarländern aktuell etwas besser dasteht.

„Derzeit sind sämtliche Indikatoren grün“, so die Ministerin. Im Gegensatz zu den relativ hohen Infektionszahlen sei die Zahl der Krankenhausaufenthalte weiter niedrig. Keine Bedenken haben die Behörden in puncto Positivrate, während größere Cluster im Vergleich zu den Nachbarländern ebenfalls ausbleiben. Dennoch müsse sich auch das Großherzogtum auf eine vierte Welle im Herbst einstellen. „Dass sie kommt, steht fest. Nur wie sie ausfällt, wissen wir noch nicht“, betonte Lenert.

Treibende Kraft der vierten Welle

Ein Grund dafür seien die Urlaubsrückkehrer, die in der vergangenen Woche bereits 40 Prozent der Neuinfektionen ausmachten. Die Behörden gehen davon aus, dass diese Rate zum Schulstart hin noch steigen wird. „Es ist ein Rennen gegen die Zeit“, so Lenert. „Wir kämpfen gegen eine Variante, die extrem ansteckend ist und sich schnell verbreitet. Allerdings kommen wir gleichzeitig auch mit der Impfkampagne weiter.“

Ziel der Regierung ist es weiterhin, die Auswirkungen auf die Krankenhäuser einzuschränken. Eine Schlüsselrolle fällt dabei den ungeimpften Bürgern zu: „Sie werden die treibende Kraft hinter der vierten Welle sein. Damit steigt das Risiko für gefährdete Menschen und die Wahrscheinlichkeit einer Mutation“, unterstrich die Gesundheitsministerin, die gleichzeitig nicht verhehlen wollte, dass die Impfung keinen hundertprozentigen Schutz bietet.

Tatsächlich seien 114 der 542 neu infizierten Personen vollständig geimpft gewesen – ein Anteil von 21 Prozent. Dies sei jedoch nicht weiter verwunderlich, sondern vielmehr im Einklang mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen, so Lenert. Die Praxis zeige, dass der Krankheitsverlauf bei geimpften Patienten weitaus schwächer ausfällt: „Studien haben ergeben, dass das Ansteckungsrisiko mit einer Impfung um 80 Prozent zurückgeht. Sollte man sich dennoch anstecken, sinkt die Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs um bis zu 90 Prozent.“

Die meisten Neuinfektionen werden derzeit bei Menschen unter 50 Jahren festgestellt, das Durchschnittsalter liegt bei 31 Jahren. Gleichzeitig sind von den 18- bis 50-Jährigen nur 50 bis 65 Prozent geimpft. „Uns interessiert, warum sich die Leute nicht impfen lassen“, betonte die Ministerin. Die Gesundheitsbehörden seien entschlossen, mehr über deren Gründe zu erfahren, um gezielter auf diese Menschen zuzugehen.

Die Gesundheitsministerin zeigte sich denn auch zuversichtlich, dass man einen Teil der verbliebenen Bevölkerung mit Argumenten und den nötigen Erklärungen doch noch für eine Impfung gewinnen könne. Eine wesentliche Rolle könnte dabei dem Impfbus zufallen, der bis dato recht erfolgreich unterwegs sei. Auch wolle man künftig verstärkt in die Unternehmen und Schulen gehen.

Uns interessiert, warum sich die Leute nicht impfen lassen

Paulette Lenert, Gesundheitsministerin

7.000 Covid-Check-Events

Neben den Vorteilen von Impfkampagne und Impfbus hoben Bettel und Lenert auch den Erfolg der Covid-Check-Regelung hervor. Bei diesbezüglichen Veranstaltungen können Gäste oder Teilnehmer bekanntlich auf Maskenpflicht und Mindestabstände verzichten. Vorausgesetzt, man kann beim Eintritt ein Covid-Check-Zertifikat vorzeigen. Dieses erhält man im Fall eines negativen Testresultats, einer Impfung oder einer vollständigen Genesung.

Insgesamt seien seit Juni rund 7.000 dieser Veranstaltungen gemeldet worden, so Lenert. Bei 6.700 davon handelte es sich um Events mit weniger als 300 Leuten. Gleichzeitig waren 233 Anträge für größere Veranstaltungen mit mehr als 300 Gästen eingegangen. In dem Fall mussten die Organisatoren ein vollständiges sanitäres Konzept vorlegen. Den meisten Anträgen wurde laut Gesundheitsministerin auch stattgegeben.

„Die Bestimmungen wurden verstanden und das Konzept wurde in Luxemburg gut angewendet. Bis auf ein kleines Cluster nach Einführung der Bestimmungen um Nationalfeiertag wurden größere Infektionsketten bis heute vermieden“, so Lenert. „Die Covid-Check-Regelung ist ein guter Sicherheitsgurt. Wir sind auf jeden Fall zufrieden.“

Unter diesen Voraussetzungen will die Regierung dem Parlament empfehlen, die aktuellen Covid-Gesetze zu verlängern, und das vorerst bis zum 18. Oktober. Zu diesem Zeitpunkt soll die Lage erneut bewertet werden, so Bettel. Bis auf kleine Textänderungen bleiben die Gesetze weitestgehend unangetastet. Einzige Ausnahme: In den Krankenhäusern und Pflegeheimen müssen künftig sämtliche Besucher die Covid-Check-Bestimmungen befolgen, also auch bei Terminen beim Spezialisten. Dies war bislang nur bei Besuchen von Patienten und Bewohnern so vorgesehen.

Auch sind verschiedene Anpassungen zur „Rentrée“ in den Schulen geplant. Die werden am Donnerstag von Bildungsminister Claude Meisch vorgestellt.

M. Delvaux
3. September 2021 - 20.52

Wéi gudd déi Impfung wiirkt, kann een elo ganz impressionant um Beispill vun Israel gesinn. Israel hat jo schonn am März seng 60% geknackt. Op zweeter Plaz elo d'USA, si haten och fläissech geimpft. Den CDC gesäit elo e puer kleng Problemecher (ADE). D'EU Länner wäerten ongeféier 5 Méint no Israel déi selwecht Effekter gesinn. Praktescherweis fällt dat an d'Wantersaison. Vill Spaass.

Kloos
3. September 2021 - 20.50

Gottseidank kënnen d'Betriber d'Leit diskriminéieren, déi net geimpft sinn an se net astellen. Laut Diskriminatiounsgesetz ass dat kee Problem, kee Geschlecht, keng Rass, keen Alter, problemlos heelbar mat enger Sprëtz.

frolick
3. September 2021 - 20.19

10% der Bevölkerung hat einen IQ von unter 83, da ist Hopfen und Malz verloren.

Jean Muller
3. September 2021 - 1.31

@LPM "Man sollte sämtliche Massnahmen fallen lassen" Genau das ist auch meine Meinung. Viele Staaten haben ja inzwischen genau das getan (z.B. Dänemark, Norwegen, eine Überzahl der US-Staaten), oder gar nicht erst damit angefangen (z.B. Schweden, Weissrussland, Süd-Dakota), und siehe da: praktisch kein Unterschied zu den Hardcore-Anhängern. Eher im Gegenteil!

Romain
2. September 2021 - 15.15

Wer sich nicht impfen will ist ok. Doch wenn dieser erkrankt, eine Aspro und schaue selber dass du gesund wirst.

LPM
2. September 2021 - 14.33

Da mittlerweile auch hier in den Kommentaren mehr Gefühle als Argumente vorgebracht werden hier noch eines: Man sollte sämtliche Massnahmen fallen lassen und, wenn die Intensivstationen überlaufen, Leute die sich bewusst nicht haben gegen Covid-19 impfen lassen nicht mehr priorisieren. Wäre interessant wenn uns die Gesundheitsministerin mal etwas mehr über die "Kollateralschäden" in den Spitälern erzählen würden, über das Schicksal von Menschen bei denen dringende medizinische Eingriffe wegen vermeidbaren Corona-Infektionen nur verspätet durchgeführt werden konnten.

LPM
2. September 2021 - 12.35

Weltweit wurden mittlerweile über 5 Milliarden Impfdosen gespritzt. Leute die da noch immer Zweifel haben sind sicherlich nicht solche die sich "viel mit dem Thema beschäftigt haben". Das sind wohl eher solche, die sich an falschen Quellen , in sogenannten sozialen Medien "informiert" haben. Das Problem ist - und das erlebe ich leider auch in meiner eigenen Familie - dass diese Leute gar nicht mehr erreichbar sind. Denen kann man zwar (vielleicht) noch zuhören, umstimmen kann man sie aber in den seltensten Fällen

joji
2. September 2021 - 10.46

Es ist erschreckend wie politischer Populismus, mit dystopischen Prognosen, die Menschen gegeneinander aufhetzt und den ausser Kontrolle geratenen Überwachungsstaat ausbaut.

Leila
2. September 2021 - 10.12

Tatsache ist, dass man den Stich nicht spürt!

Therese
2. September 2021 - 9.28

Also repressiv!!!! Mir sin an der Diktatur ukomm.

Claude Oswald
1. September 2021 - 22.42

"Impfmuffel" ass e Schimpfwuert, dat awer net deenen ënnerschittleche Situatioune gerecht gëtt. Et gëtt och Leit déi sech vill mam Thema beschäftegen, an déi ëmmer nach Zweifelen hunn, well se héieren oder gelies hunn, dass eenzel Leit mat den Niewewierkungen zum Deel ganz hefteg geplot sinn. Et gëtt vläicht och Leit déi fäerten, fir gepickt ze ginn. Wéi sot d'Madame Lenert : "Uns interessiert, warum sich die Leute nicht impfen lassen." Majo, dat ass vläicht eng gutt Iddi, fir emol de Leit nozelauschteren.