Corona und Konsum / Regierung: Sanitäre Maßnahmen wurden am Black Friday berücksichtigt
Konsumfördernde Maßnahmen waren in der Vorweihnachtszeit nicht ganz unumstritten. Statt zu Hause zu bleiben, wurden die Bürger zu Shoppingtouren verleitet. Besonders kritisiert wurden verkaufsoffene Sonntage und Black Friday. Zumindest Letzterer scheint die Infektionszahlen nicht in die Höhe getrieben zu haben. Davon geht die Regierung aus.
Es war eine Entscheidung, die Ende des letzten Jahres für recht viel Diskussionsstoff gesorgt hat: Bars, Restaurants, Sport- und Kultureinrichtungen mussten schließen, während der Handel in der doch so lukrativen Vorweihnachtszeit weiter florieren durfte. Kritiker stießen sich vor allem an den widersprüchlichen Botschaften in der Öffentlichkeit. Black Friday und der vorweihnachtliche Kaufrausch waren mit „Bleift doheem“ kaum unter einen Hut zu bringen.
In der öffentlichen Wahrnehmung prallten Warnungen von Regierung und Gesundheitsbehörden auf Werbebroschüren und verkaufsoffene Sonntage. Unnötige Fortbewegungen und Aufenthalte außerhalb der eigenen vier Wände sollten unbedingt vermieden oder auf ein Minimum reduziert werden. Nicht ob man etwas dürfe, sollte man sich fragen, sondern ob es unbedingt notwendig sei, predigten die führenden Regierungsvertreter. Und dennoch lockten Anzeigen, Werbespots und satte Rabatte die Bürger in Scharen in die Einkaufstempel der Nation.
Kritisiert wurde etwa der Umstand, dass der Kaufrausch in Zeiten einer sanitären Krise von öffentlichen Maßnahmen noch zusätzlich befeuert wurde. Damit würden Maßnahmen gefördert, die zu großen Menschenmengen in engen Räumen führen, während andere Branchen mit weitaus weniger Besucherverkehr und mehr Kontrolle über Besucherflüsse leer ausgingen.
Mit anderen Worten: Black Friday und die verkaufsoffenen Wochenenden waren nicht ganz unumstritten. Verstöße gegen die sanitären Vorschriften wurden aber keine festgestellt. Zumindest nicht an Black Friday, wie Premier Xavier Bettel (DP), Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP), Mittelstandsminister Lex Delles (DP) und Polizeiminister Henri Kox („déi gréng“) nun in einer Antwort auf eine parlamentarische Frage des Abgeordneten Marc Goergen (Piraten) unterstrichen.
„Wer an diesem Wochenende in einem der größeren Einkaufszentren des Landes unterwegs war oder die Fotos in den sozialen Medien gesehen hat, hat sich in diesem Moment in die Normalität vor Corona zurückversetzt gefühlt“, stellt Goergen kurz nach dem Black-Friday-Wochenende fest. Die Shoppingmalls seien teilweise so voll gewesen, dass „die Schlangen vor den Läden miteinander verschmolzen sind“, so der Abgeordnete.
Es sei vorhersehbar gewesen, dass die Menschen trotz hoher Infektionszahlen die Gelegenheit nutzen, um sich vor den Feiertagen mit Schnäppchen einzudecken. Dennoch seien die Bilder aus den Einkaufszentren „mehr als besorgniserregend“ und ließen Zweifel an den Maßnahmen der Regierung aufkommen, so Goergen. Mehr noch: „Wie mir von verschiedenen Händlern zugetragen wurde, sei es unmöglich gewesen, Distanzen und Hygienemaßnahmen in den Galerien und Läden einzuhalten.“
Mitarbeiter hätten zum Teil acht Stunden am Stück in engstem Kontakt zu Kunden gestanden, Hunderte Artikel und Kassenzettel angefasst, ohne sich regelmäßig die Hände desinfizieren zu können. Manche Kunden hätten sich in den Gängen auf den Boden gesetzt, um Nahrung aus den Takeaways zu konsumieren, und dabei ihre Masken abgenommen.
140 Kontrollen, keine Verstöße
Vorwürfe, die den Regierungsmitgliedern zumindest offiziell nicht zu Ohren gekommen sind. Rund 90 Kontrollen seien an den vier Tagen vor dem 27. November – Black Friday also – durchgeführt worden, die nicht im Zusammenhang mit den Ausgangsbeschränkungen standen. Am entsprechenden Wochenende seien noch 50 Kontrollen hinzugekommen. Zwischenfälle habe es aber keine gegeben.
Denn: „Von der Polizei wurde keine gebührenpflichtige Verwarnung ausgestellt und den Beamten wurde auch kein Zwischenfall in diesem Zusammenhang gemeldet“, schreiben die Minister in ihrer Antwort. Allerdings mit einem Vorbehalt: Da diese Kontrollen aber im Rahmen der allgemeinen Überwachung der öffentlichen Ordnung durchgeführt worden seien, könne nicht statistisch herausgefiltert werden, welche sich davon auf Läden oder Galerien beziehen.
Eine ganze „Palette an Maßnahmen“ sei im Vorfeld ausgearbeitet worden, um sicherzustellen, dass die Mindestabstände und Hygieneregeln in den Einkaufszentren eingehalten werden könnten, so die Minister weiter. Genannt wird in diesem Zusammenhang etwa das obligatorische Tragen einer Maske. Oder die Regel, dass sich in Läden mit mehr als 400 Quadratmeter Verkaufsfläche nie mehr als ein Kunde pro zehn Quadratmeter aufhalten darf. Zur Kontrolle seien etwa die Kunden gezählt oder die Parkplätze eingeschränkt worden.
Laut dem neuen Covid-Gesetz sei der Verzehr von Nahrung oder Getränken in Einkaufszentren explizit verboten. Zudem müssten die Shoppingzentren individuelle Sicherheitskonzepte erstellen, die Distanzen und Hygienemaßnahmen berücksichtigen und den Besucherfluss sicherstellen.
Goergens Frage, warum Konsumaktivitäten, die Tausende Menschen auf engem Raum zusammenführen nicht weiter eingeschränkt wurden, während Kinos und Kultureinrichtungen schließen mussten, weichen die Minister indessen aus. Sie erklären nur, dass sogenannte „Galeries marchandes“ nicht unter die Definition einer Verkaufsfläche fallen und damit auch nicht unter die „ein Kunde pro zehn Quadratmeter“-Regel und dass Einkaufszentren mit einer „Galerie marchande“ ein sanitäres Protokoll umsetzen müssten. Die Frage, ob die Regierung zu ihrer Entscheidung stehe, Shoppingmalls nicht zu schließen, bleibt indessen gänzlich unbeantwortet.
Ein Peak an Neuinfektionen habe man in den ersten zwei Wochen nach dem verkaufsträchtigen Wochenende nicht festgestellt, betonen die Verfasser. Man gehe vielmehr von einem Plateau aus: Die Infektionen seien konstant auf einem hohen Niveau geblieben. Es sei demnach auch unmöglich, eine direkte Verbindung zum Black Friday herzustellen.
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