Mittwoch12. November 2025

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EuGH-UrteilRegierung muss Mindestlohn-Richtlinie umsetzen, Arbeitsminister analysiert noch

EuGH-Urteil / Regierung muss Mindestlohn-Richtlinie umsetzen, Arbeitsminister analysiert noch
CSV-Arbeitsminister Georges Mischo vor drei Wochen bei einer Pressekonferenz Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Das mit Spannung erwartete Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Mindestlohn-Richtlinie stellt den Kern des Textes nicht infrage. Die CSV-DP-Regierung muss den Mindestlohn zeitnah anpassen und einen Aktionsplan zur Erhöhung der tarifvertraglichen Abdeckung vorlegen. Der Arbeitsminister will das Urteil erst noch analysieren. 

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg bestätigte am Dienstag zum größten Teil die Gültigkeit der vom früheren Kommissar für Soziales und Beschäftigung Nicolas Schmit (LSAP) mit ausgearbeiteten Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union. Dänemark hatte im März 2023 geklagt, um die 2022 vom Parlament und vom Rat der Europäischen Union angenommene Richtlinie für nichtig zu erklären, weil sie gegen die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Union und Mitgliedstaaten verstoße. Der Gerichtshof gab Dänemark in seinem Urteil nur teilweise recht und wies die Klage des Königreichs ab.

Bei zwei Bestimmungen gibt der Gerichtshof dem Kläger allerdings recht. Für nichtig erklärten die Richter, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten, in denen es gesetzliche Mindestlöhne gibt, Kriterien vorschreibt, die bei der Festlegung und Aktualisierung dieser Löhne zu berücksichtigen sind: die Kaufkraft, das allgemeine Lohnniveau, die Wachstumsrate der Löhne und langfristige nationale Produktivitätsniveaus. Dasselbe gilt für die Vorschrift, die eine Senkung der gesetzlichen Mindestlöhne unterbindet, wenn das nationale Recht einen automatischen Mechanismus für Indexierungsanpassungen dieser Löhne vorsieht, wie es in Luxemburg der Fall ist.

Nicolas Schmit zeigte sich am Donnerstag gegenüber dem Tageblatt mit dem Urteil „ganz zufrieden“. Zwar sei einiges gestrichen worden, doch das sei „nicht dramatisch“, es werde sich nichts fundamental ändern, sagte Schmit. Die „allerwichtigsten“ Regelungen seien beibehalten worden, damit würden die Gewerkschaften gestärkt, was insbesondere für die Diskussionen in Luxemburg wichtig sei, unterstrich Nicolas Schmit. Auch der Europäische Gewerkschaftsbund habe sich ihm gegenüber „sehr zufrieden“ über das Urteil geäußert, so der frühere EU-Kommissar. Die „Union des syndicats OGBL et LCGB“ wollte am Donnerstag auf Tageblatt-Nachfrage nicht zu dem Urteil Stellung beziehen.

Für Luxemburg hat es wohl keine direkten Folgen. Die CSV-DP-Regierung muss die Mindestlohn-Richtlinie nach wie vor umsetzen. Bestehen bleiben die Referenzwerte, an denen sich die Staaten zur Festlegung ihres Mindestlohns orientieren sollen: 60 Prozent des Medianlohns beziehungsweise 50 Prozent des Durchschnittslohns. Um diesen Referenzwert aus „Wettbewerbsgründen“ zu senken, hatte CSV-Arbeitsminister Georges Mischo Ende Mai im parlamentarischen Beschäftigungsausschuss vorgeschlagen, Löhne und Gehälter der öffentlichen Verwaltung, alle Überstunden und 13. Monatsgehälter nicht mehr zur Berechnung des Medianlohns zu berücksichtigen. Damit wären sowohl der Median- als auch der Durchschnittslohn gesunken – und der Anteil des Mindestlohns auf 64,1 bzw. 50,6 Prozent gestiegen.

„Gratis-Leistungen“

Auf Tageblatt-Nachfrage wollte Mischo sich am Dienstag nicht zu konkreten Maßnahmen äußern, er müsse das Urteil erst einer tiefgreifenden Analyse unterziehen, hieß es aus dem Arbeitsministerium. Gegenüber RTL sagte der Arbeitsminister, er sei nicht darauf „fixéiert“, die Gehälter im öffentlichen Dienst aus den Berechnungen auszuklammern: „Wann dat net de Fall ass, oder wann dat net de Wee ass, fir de richtege Mindestloun ze berechnen, da loosse mer dat ewech.“ Allerdings müssten Gratis-Leistungen wie der öffentliche Transport, Schulen, Musikunterricht und „Maison relais“ in die Berechnungen oder wenigstens in „die Überlegungen“ mit einfließen, sagte Mischo, nach diesem Urteil könne man nun konkreter an der Umsetzung der Richtlinie arbeiten.

Eigentlich hätte die Richtlinie schon vor einem Jahr in nationales Recht umgesetzt werden müssen, seinen Aktionsplan zur Erhöhung der tarifvertraglichen Abdeckung von derzeit 55 auf 80 Prozent – einen Schwellenwert, den der Europäische Gerichtshof ebenfalls nicht infrage stellt – wollte der Arbeitsminister in diesem Monat vorlegen. Zumindest hatte er das im Oktober 2024 angekündigt. Damals hatte er den Sozialpartnern im ständigen Beschäftigungsausschuss CPTE seinen Vorentwurf zum Aktionsplan präsentiert, der nur einen konkreten Vorschlag enthielt: Die inhaltlichen Mindestanforderungen an die Kollektivverträge zu verringern, um die Verhandlungen nicht zu überlasten. Auf die Forderungen der Gewerkschaften – etwa ein Tariftreuegesetz, wie CDU und SPD es derzeit in Deutschland planen – ging der Arbeitsminister nicht ein.

Als er ihnen zudem die Zusage verweigerte, dass sie ihr Exklusivrecht zur Verhandlung von Tarifverträgen behalten, verließen OGBL und LCGB die CPTE-Sitzung. Es war der Beginn des Sozialkonflikts zwischen Regierung und Gewerkschaften, der am 28. Juni in einer nationalen Demonstration mit rund 20.000 Teilnehmern gipfelte und bis heute nicht gelöst ist – seit der letzten Sozialrunde Anfang September boykottiert die „Union des syndicats OGBL et LCGB“ das CPTE. Mischos Aussagen am Donnerstag zu den kostenlosen Leistungen dürften nicht dazu beitragen, dass sich der Konflikt entspannt.

„Substanziell Erhéijung“

„Déi Lénk“ reagierte am Donnerstag als einzige im Parlament vertretene Partei ausführlich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs: „D’CSV-DP-Regierung muss d’Direktiv ëmsetzen. Wa si den europäeschen Text respektéiert, da sinn eng substanziell Erhéijung vum soziale Mindestloun an eng besser Ofdeckung duerch Kollektivverträg einfach onëmgänglech“, schrieb die Oppositionspartei in einer Mitteilung und kündigte an, das Urteil auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des parlamentarischen Beschäftigungsausschusses zu setzen. Auch „déi gréng“ stellten einen entsprechenden Antrag an den CSV-Kammerpräsidenten Claude Wiseler. Deren Europaabgeordnete Tilly Metz zeigte sich am Donnerstag zufrieden darüber, dass der Kern der Richtlinie unangetastet bleibt. „Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der weiteren Arbeit an europäischer Gesetzgebung zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und zur Bekämpfung von Ungleichheiten“, erklärte die Grünenpolitikerin in einer Mitteilung. 

Während Dänemark in seiner Klage durch Schweden unterstützt wurde – beide Länder haben keinen gesetzlichen Mindestlohn, jedoch eine sehr hohe Abdeckung durch Tarifverträge – unterstützten Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Belgien, Portugal und Luxemburg gemeinsam mit der EU-Kommission den europäischen Gesetzgeber (Parlament und Rat). Berichterstatter in dem Verfahren war François Biltgen, Präsident der Ersten Kammer am Europäischen Gerichtshof und von 1999 bis 2009 Arbeitsminister der CSV.

Reinertz Barriera Manfred
12. November 2025 - 8.22

CSV-Arbeitsminister Georges Mischo outed sich immer mehr als ein unsozialer reaktionärer Minister, die Wähler sollten das berücksichtigen bei den nächsten Wahlen und solche Leute oder deren Partei abwählen...