RechtsstaatlichkeitRechtsgutachten empfiehlt Einleitung von Verfahren gegen Ungarn

Rechtsstaatlichkeit / Rechtsgutachten empfiehlt Einleitung von Verfahren gegen Ungarn
Ungarns Regierungschef Viktor Orban bleibt weiterhin von Brüssel verschont Foto: Pool/AFP/Olivier Matthys

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In der EU wird wegen offensichtlicher Verletzungen von EU-Grundwerten weiter Druck auf Ungarn gemacht. Doch auch die EU-Kommission steht aus den Reihen des EU-Parlaments (EP) weiterhin unter Beschuss, da diese den Anfang des Jahres in Kraft getretenen Rechtsstaatsmechanismus zum Schutz des EU-Budgets nicht gegen die Regierung in Budapest anwendet.

Die EU-Parlamentarier lassen nicht locker. In einer neuerlichen Resolution, die sich jedoch hauptsächlich mit einem ungarischen Gesetz befasst, das die „Werbung für“ Homosexualität oder Geschlechtsangleichungen verbietet, fordern die europäischen Volksvertreter die EU-Kommission erneut dazu auf, den Rechtsstaatsmechanismus anzuwenden. Dieser erlaubt es, bei festgestellten Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien Mitgliedstaaten EU-Gelder zu entziehen. Bereits am Vortag gab es dazu wieder eine Debatte im Parlament. Gestern dann stellten EP-Abgeordnete aus vier Fraktionen ein von den Grünen in Auftrag gegebenes Gutachten in Straßburg vor, das die Einleitung eines Sanktionsverfahrens gegen die Regierung in Budapest empfiehlt.

Die beauftragten drei Wissenschaftler kommen in ihrem Gutachten zum Schluss, dass in Ungarn EU-Gelder nicht transparent verwaltet werden, es an einer wirksamen strafrechtlichen Verfolgung von Betrug mangelt und eine Garantie fehlt, dass unabhängige Gerichte dafür sorgen, dass EU-Recht zuverlässig umgesetzt wird. So weisen sie etwa darauf hin, dass gemäß einem Bericht des europäischen Amts für Betrugsbekämpfung, OLAF, in Ungarn nahezu vier Prozent der öffentlichen Auszahlungen regelwidrig seien, während dieses Verhältnis in allen anderen EU-Ländern weit unter einem oder bei null Prozent liege.

Diese Studie bildet die rechtliche Grundlage für das Sanktionsverfahren. Die EU-Kommission braucht sie nur in einen Umschlag zu stecken und an Viktor Orban zu schicken.

Daniel Freund, EU-Parlamentarier der Grünen

Sie habe Schwierigkeiten, ihren Wählern zu erklären, warum die EU noch mehr Zeit brauche, um einzuschreiten, beklagte gestern bei der Vorstellung des Berichts die ungarische EP-Abgeordnete Katalin Cseh von der liberalen „Renew“-Fraktion. Die spanische EU-Parlamentarierin Eider Gardiazabal Rubial sagte, die Kommission müsse „möglichst rasch Maßnahmen ergreifen“. Denn im Bericht seien alle Argumente rechtlicher Art aufgelistet, die für ein Verfahren benötigt würden, so die S&D-Politikerin, die für das EP das Gesetz zum Rechtsstaatsmechanismus mit ausgehandelt hat. Und auch der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund, der das Gutachten in Auftrag gab, meinte in einer Mitteilung: „Diese Studie bildet die rechtliche Grundlage für das Sanktionsverfahren. Die EU-Kommission braucht sie nur in einen Umschlag zu stecken und an Viktor Orban zu schicken.“

„Gradueller Rückbau der Grundrechte in Ungarn“

Allerdings spielt die Kommission weiterhin auf Zeit, wie ihr von den EU-Parlamentariern vorgeworfen wird. Grund dafür ist eine Einigung zwischen den EU-Staats- und Regierungschefs vom vergangenen Dezember. Damals hatten Ungarn und Polen den Rechtsstaatsmechanismus torpedieren wollen, indem sie die Annahme des mehrjährigen EU-Haushalts für die Jahre 2021-2027 sowie des 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds mit einem Veto blockierten. Erst die Zusage, dass die beiden gegen die Verordnung zum Rechtsstaatsmechanismus vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage einreichen könnten, löste die Blockade. Das taten Budapest und Warschau dann auch am 11. März. Unterdessen hat die Von-der-Leyen-Kommission ihre Untätigkeit gegenüber der Orban-Regierung mit der Ausarbeitung von Leitlinien zur Anwendung der Verordnung begründet. Doch sowohl die Abmachung zwischen den 27 im Dezember als auch die Leitlinien werden von den EU-Parlamentariern als unerheblich erachtet. Die Verordnung zum Rechtsstaatsmechanismus sei nach einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren in Kraft gesetzt worden und gehöre nun angewandt, fordern sie. Und drohen bereits damit, Brüssel vor dem EuGH wegen Untätigkeit zu verklagen.

Daher wird das ungarische Gesetz über das Verbot von „Werbung für“ Homosexualität, das am heutigen Donnerstag in Kraft treten wird, als weitere Provokation Orbans verstanden. Die EP-Abgeordneten sind denn auch der Ansicht, dies sei „ein weiteres Beispiel dafür (…), dass der graduelle Rückbau der Grundrechte in Ungarn bewusst und vorsätzlich vorangetrieben wird“, wie es in ihrer Resolution zum Thema heißt, über die heute im Parlament abgestimmt wird. In der sie ebenfalls bedauern, dass die EU-Mitgliedstaaten untätig bleiben gegenüber der Lage der Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte in Ungarn, die sich weiter verschlechtere. Der luxemburgische EP-Abgeordnete Marc Angel warf dem Rat gestern denn auch vor, es an politischem Willen fehlen zu lassen, um die Grundwerte in der EU zu verteidigen.

HTK
8. Juli 2021 - 22.07

"Man kann keinen aus der EU werfen ist unmöglich "??? Nichts ist unmöglich.

Rax
8. Juli 2021 - 12.15

Die EU kann eh nichts gegen Ungarn machen . Man kann keinen aus der EU werfen ist unmöglich und Gelder entziehen geht auch nicht wenn die heute in Brüssel entscheiden kommt es erst in 7 Jahren. Und der Herr Orban hat schon seine Pläne wie er die EU reformiert wenn er wiedergewählt wirt . Und weil keine Sender und kein zeitung in ungarn mehr ist der nicht in Freundes Hand ist kann er auch gut die eigene Leute veräppeln

HTK
8. Juli 2021 - 10.16

Die Engländer wollten freiwillig gehen,die Ungarn wollen bleiben um weiter die Sahne vom Kuchen zu lecken.Das kann die EU sich schenken. Dasselbe gilt für andere Neuzugänge aus dem Osten die mit Korruption keine Probleme haben.