Luxemburger GesetzentwurfRecht auf Kenntnis über eigene biologische Herkunft soll gesetzlichen Rahmen bekommen

Luxemburger Gesetzentwurf / Recht auf Kenntnis über eigene biologische Herkunft soll gesetzlichen Rahmen bekommen
Viele Menschen kennen ihre eigene biologische Herkunft nicht – und begeben sich auf die Suche nach ihren biologischen Eltern Symbolfoto: Felix Kästle/dpa

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Die Luxemburger Regierung hat einen Gesetzesentwurf formuliert, der regeln soll, dass Menschen ein Recht darauf haben, ihre eigene biologische Herkunft zu erfahren. Das hat das Justizministerium am Mittwochnachmittag in einer Pressemeldung mitgeteilt. Das Tageblatt hat sich angeschaut, in welchen Fällen das gilt und was das zu bedeuten hat.

Viele Menschen kennen ihre biologischen Eltern oder wissen über ihre biologische Herkunft Bescheid. Manche wissen, dass sie adoptiert wurden oder mit Hilfe eines Samenspenders entstanden sind, manche wissen es nicht. In letzterem Fall fragen sich einige Betroffene: Wer sind eigentlich meine biologischen Eltern? Wer ist mein Vater oder meine Mutter? Und manche begeben sich daraufhin auf die Suche. Doch das ist gar nicht so einfach, wenn das Gesetz nicht vorsieht, dass man ein Recht darauf hat, die eigene biologische Herkunft zu erfahren. In einigen Ländern ist das der Fall, so wie bisher auch in Luxemburg. Das soll sich jetzt ändern. Die Luxemburger Regierung teilte in einer Pressemitteilung am Mittwochnachmittag mit, dass es einen entsprechenden Gesetzesentwurf gibt.

Die Luxemburger Justizministerin Sam Tanson sagt laut der Mitteilung zu dem Entwurf: „Gegenwärtig gibt es in Luxemburg keinen rechtlichen Rahmen, um offiziell eine Suche nach der eigenen Herkunft durchzuführen.“ Es sei unbestritten, dass das Wissen um die eigene Herkunft eine wichtige Rolle bei der Konstruktion der Persönlichkeit eines Menschen spielt. Die ungeklärte Frage über die eigene Herkunft könne laut dem Justizministerium psychologisches Leid verursachen und das Selbstwertgefühl grundlegend schädigen. „Das Wohl des Kindes steht im Mittelpunkt unserer Bemühungen“, betont Tanson.

Keine „anonyme“ Geburt mehr – dafür eine „geheime“

Der Gesetzentwurf müsse laut Ministerium unter Berücksichtigung des Gesetzentwurfs zur Reform des Kindschaftsrechts betrachtet werden. Das Prinzip des Zugangs zur Kenntnis der eigenen Herkunft, der die Einführung neuer Bestimmungen in das Zivilgesetzbuch vorsieht, sei dort bereits aufgeführt. Dort heißt es unter anderem in Artikel 312: „Das Kind hat das Recht, so weit wie möglich Zugang zu seiner Herkunft zu haben.“

Aber was genau ist neu an dem Entwurf? Nach der derzeitigen Gesetzeslage in Luxemburg können Schwangere anonym gebären – das heißt, sie können im Krankenhaus entbinden und es nach der Geburt verlassen, ohne dort ihre Identität oder andere Informationen anzugeben. Der neue Gesetzentwurf führt laut Justizministerium unter anderem die sogenannte „geheime“ Geburt ein. „Dabei können beide Elternteile ihre Identität angeben, diese werde aber nur dann an das Kind weitergegeben, wenn zusätzlich eine besondere Zustimmung zur Aufhebung des Identitätsgeheimnisses gegeben wird“, heißt es vom Justizministerium.

Die Änderung bezieht sich laut dem erläuternden Memorandum des Gesetzentwurfs also darauf, dass die Mutter erst bei Antragstellung des Kindes entscheidet, ob sie die Geheimhaltung ihrer Identität aufhebt oder nicht. Der andere Elternteil habe dabei die gleichen Rechte und Möglichkeiten wie die Mutter. Dass die Identität von Elternteilen geheimgehalten werden kann, begründet sich laut dem Memorandum so: „Diese Möglichkeit ist von entscheidender Bedeutung, um das Leben von Frauen und Neugeborenen zu schützen.“

Die Eltern können laut Ministerium auch beschließen, „nicht-identifizierende“ Informationen in der Akte zu belassen, also zum Beispiel einen Brief, in dem die Umstände der Geburt erläutert werden. Die Eltern könnten zudem ihre Identität jederzeit in der Akte angeben und ihre Zustimmung zur Aufhebung des Identitätsgeheimnisses geben.

Regelung für Adoptionen und Eizell- oder Samenspender

Der Gesetzentwurf sieht außerdem den Zugang zu Informationen über die eigene Herkunft im Rahmen der „medizinisch unterstützten Fortpflanzung mit Drittspendern“ vor. Kurz: im Fall einer Samen- oder Eizellspende. Die Identität der Spendenden muss sowohl für die in Luxemburg als auch im Ausland durchgeführten künstlichen Befruchtungen bekannt sein und in die entsprechende Datenbank eingetragen werden. Doch wer kann überhaupt Zugang zu diesen Daten bekommen? „Nur das Kind kann diesen Antrag stellen“, heißt es in der Pressemitteilung. „Wenn das Kind minderjährig ist, benötigt es die Zustimmung seiner Eltern. Weigern sich die Eltern, kann das Kind die Erlaubnis eines Familienrichters einholen.“

Der Gesetzentwurf gilt laut Tanson für Kinder, die nach Inkrafttreten des Gesetzes geboren wurden. Es bestehe allerdings mit Hilfe einer Übergangsbestimmung die Möglichkeit, dass auch Kinder, die vor Inkrafttreten des Gesetzes geboren wurden, einen Antrag auf Nachforschung stellen können.

Die Gesetzgebung in den Luxemburger Nachbarländern Deutschland und Frankreich ist laut dem Memorandum völlig entgegengesetzt zueinander. „Während Frankreich eine absolute Anonymität des Spenders und des Empfängers vorsieht, sieht die deutsche Gesetzgebung das Gegenteil vor.“ Im Mittelpunkt des Problems der Anonymität von Spendenden stehe immer der Konflikt zwischen den Einzelinteressen der Beteiligten: der Spender, das von der Spende begünstigte Paar und das gezeugte Kind.

Miette
9. Oktober 2020 - 22.38

Jeder Mensch sollte das Recht haben seine Herkunftseltern zu finden. Ich kann das nach empfinden, da auch ich erst spät im Leben über einen Teil meiner Herkunft Gewissheit fand. Die anonyme Geburt ist meiner Meinung nach eingeführt worden um junge Frauen zu schützen, welche ungewollt schwanger wurden in einer Zeit, als das noch eine "Todsünde" in unserem katholischen Ländchen war. Auch wurden dadurch die Erzeuger der ungewollten Kinder geschützt. Wer kennt nicht die Familiengeschichten von anno dazumal, wo eine Angestellte, eine Magd in's nahe Ausland geschickt wurde um nach einem Jahr ohne Kind wieder nach Hause zu kommen. Die Kosten für den Aufenthalt im Ausland trug zumeist die Familie des Erzeugers. Rein und unberührt kamen diese unglücklichen Frauen dann wieder in ihre frommen Familien zurück, über das Kind wurde niemals mehr gesprochen. Es ist auch zu bedenken, Luxemburg ist ein Dorf! Es kann passieren, dass sich Familienmitglieder ohne Wissen um gemeinsame Herkunft, verlieben und und ungewollt ... Ich schreibe nun besser nicht weiter... Es muss ermöglicht werden, dass Frauen welche ihr Kind abgeben müssen (die Entscheidung wünsche ich keiner Frau auf Erden), die Möglichkeit haben, später im Leben Kontakt zu suchen und auch der /die Adoptierte muss diese Chance haben. Ich selbst bin in der glücklichen Lage, niemals ein Kind abgegeben zu haben, bin auch nicht adoptiert oder künstlich gezeugt. Nur zur Info.

HTK
9. Oktober 2020 - 9.34

Was solls. Man ist was man ist oder aus sich macht.Nicht jeder kommt als Großherzog auf die Welt. Wie sagte einst ein bekannter luxemburger Rechtsanwalt : " On est ce qu'on est par accident spermatique." Aber gut,dass wir die DNA Analyse haben.Schluss mit der Verdächtigung des rothaarigen Briefträgers wenn irgendwo in der Nachbarschaft ein rothaariges Kind auf die Welt kam.