Quälende Ungewissheit: Sophie Holzem spricht über ihren vermissten Bruder Nicolas

Quälende Ungewissheit: Sophie Holzem spricht über ihren vermissten Bruder Nicolas

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Sophie Holzem macht sich große Sorgen um ihren Bruder Nicolas. Vor allem versteht sie nicht, dass nicht intensiver in Bolivien gesucht wird. Dort, wo es ein letztes Lebenszeichen des 44-jährigen Luxemburgers gab – vor fast vier Monaten.

Man merkt Sophie Holzem die Anspannung an. Die Sorgen der 47-Jährigen, die in Luxemburg lebt, gelten zurzeit ihrem Bruder Nicolas. Seit fast vier Monaten gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm. Seine vermutlich letzte E-Mail stammt vom 15. Juni. Während Nicolas’ älteste Schwester Catherine (siehe Tageblatt vom 1. Oktober) in Bolivien weiter nach ihm suchen will, ist Sophie in Luxemburg und wartet auf Nachrichten.

Ja, sie weiß, dass Prozeduren lange dauern können, dass es vielleicht nicht so einfach ist, die Arbeit der Behörden zu koordinieren. Besonders dann nicht, wenn es sich um einen Luxemburger handelt, der zeitweise in Polen gelebt hat und nun in Bolivien verschwunden ist.

Belgischer Honorarkonsul mit der Sache befasst

Das Warten fällt ihr schwer. Sie versteht vor allem nicht, dass die Suche in Bolivien nicht intensiver betrieben wird. Warum, fragt sie, ist ein belgischer Honorarkonsul mit der Angelegenheit befasst? Luxemburg habe keine Botschaft in Bolivien, doch warum wird keine Botschaft eines anderen EU-Landes eingeschaltet? Die hätten doch bestimmt mehr Möglichkeiten, sagt Sophie und weist auf vergangene Suchaktionen hin, die von diversen Botschaften in Bolivien in der Vergangenheit gestartet wurden.

Große Hoffnung setzt die Familie Holzem auch in die Auswertung der Bankoperationen, die Nicolas mit seiner polnischen BNP-Paribas-Karte getätigt hat. Sophie ist am 25. August nach Krakau gefahren, um sich in der 2016 erworbenen Wohnung ihres Bruders umzuschauen. Die mitgebrachten Computer und den Vertrag mit der BNP-Bank hat sie der hiesigen Polizei übergeben.

Bei Interpol gemeldet

Sie weiß, dass in Luxemburg ein Untersuchungsrichter mit den Ermittlungen befasst ist und dass er die Polizei mit einer Reihe von Aufgaben beauftragt hat. Was das für Aufgaben sind und was eventuell bisher herausgefunden wurde, weiß sie nicht. Weder sie, noch der andere in Luxemburg lebende Bruder Alexander, noch Catherine, die in Neuseeland lebt, seien bisher vom Untersuchungsrichter selbst oder in seinem Auftrag befragt worden.

Laut Pressestelle der Justizverwaltung ist der Vermisste im Informationssystem des Schengen-Raums und bei Interpol gemeldet. Die Luxemburger Polizei sei auch in engem Kontakt mit Interpol und mit den polnischen Autoritäten.

Plötzlich Funkstille

Dass ihr Bruder sich einfach abgesetzt hat, sein altes Leben hinter sich lassen möchte und keinerlei Kontakt mit der Familie mehr will, hält Sophie kaum für möglich: „Das würde mich sehr überraschen“, sagt sie.

Aus einer früheren Partnerschaft hat Nicolas eine Tochter, zu der er eine enge Beziehung habe: „Sie haben sich regelmäßig gesehen, Ferien zusammen verbracht, sind gemeinsam Motorrad gefahren“, erzählt Sophie.

Diese Tochter lebte in Berlin und hat nun Anfang September ihr Studium in Kanada aufgenommen. Gegen ein willentliches Verschwinden von Nicolas würde auch sprechen, dass er sich zwar nicht täglich, dafür aber regelmäßig bei Freunden, vor allem bei einer polnischen Freundin, und bei der Familie gemeldet habe und dann plötzlich gar nicht mehr. Diese Funkstille sei nicht normal.

Häufig auf Reisen

Das sei nicht Nicolas’ Art, erzählt Sophie. Er sei ein ebenso erfahrener wie begeisterter Motorradfahrer, der seine Reiseerlebnisse gerne mitteilte – in Motorradforen oder eben bei Familie und Freunden. Und hätte er verschwinden wollen, dann hätte er bestimmt seine Wohnung in Krakau zu Geld gemacht, meint seine Schwester.

Auf die Frage, ob sie es nicht merkwürdig findet, dass jemand so lange alleine unterwegs ist, antwortet Sophie mit einem entschiedenen Nein. Er sei vor etwas über einem Jahr aufgebrochen, weil er es wollte und weil er es konnte. Er lebt alleine und hat keine Verpflichtungen.

Es sei auch nicht das erste Mal, dass er in exotische Länder verreist. Die gesamte Familie sei es gewohnt, in fernen Ländern zu leben und sich dort zurechtzufinden. Vater Jean-Marie Holzem ist Mineningenieur gewesen und hat zum Beispiel einige Jahre in Ruanda gearbeitet.

Was bisher bekannt ist

Sophie weiß, das Nicolas seine Reise minutiös geplant hat. Dass er sich nicht meldet, davon ist seine Schwester überzeugt, liegt daran, dass irgendetwas nicht geht, dass er irgendwo blockiert ist auf seiner Motorradtour. Am 16. Juni hat er die Grenze zwischen Peru und Bolivien passiert. Am Grenzübergang Puerto Acosta ist er von den bolivianischen Behörden registriert worden. Eine Ausreiseregistrierung gibt es nicht. Möglich ist, dass er Mitte Juni einige Tage in einem Hotel in Coroico, nördlich von La Paz, verbracht hat. Spätestens ab dann aber gibt es keine Spur mehr.

Genau dort setzt Catherine wieder an. Im Prinzip müsste sie morgen in La Paz ankommen und die Suche wieder aufnehmen. Auch wenn Nicolas’ Schwestern und sein Bruder verstehen, dass alles Zeit braucht, hoffen sie auf Nachrichten und vielleicht auf eine Art Rückmeldung der Behörden im Sinne von: Wir sind dran und wir bleiben dran.

Lina Posada
7. Oktober 2019 - 14.49

Todos estamos muy pendientes de las señales de Nicolás, esperamos que pronto tengamos noticias sobre su paradero. Ánimo!!!

KTG
5. Oktober 2019 - 18.28

Das klingt leider nach einem Unfall an einer abgelegenen Stelle. :(