Rubel, Euro, doch Rubel? / Putins Zickzackkurs beim Gas-Geld bringt nicht nur die EU in Bedrängnis

Putin als Meister der Verwirrung: Russlands Präsident beim Feiern zum Jubiläum der Krim-Annexion (Foto: AFP/Sergei Guneyev)
Rubel, Euro, doch Rubel? Der Zickzackkurs der russischen Regierung in der Währungsfrage für geliefertes Erdgas nach Europa bringt nicht nur die EU in Bedrängnis. Er ist auch ein Schlag für den russischen Staatshaushalt.
Vor einer Woche hatte es aus Moskau noch geheißen: Rubel, sonst gibt es kein Gas. Mitte dieser Woche dann ein Umschwung, ein vermeintlicher: Rubel ja, aber für Europa ist das Bezahlen der Rechnungen auch weiterhin in Euro möglich. Beim Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem russischen Gasriesen Gazprom und der russischen Zentralbank, deren Vermögen die Europäische Union nach der russischen Militärintervention in der Ukraine eingefroren hatte, wird es letztlich bestätigt: Für Europa ändere sich nichts.
Der Kremlsprecher Dmitri Peskow teilte mit, die russische Seite komme allen Verpflichtungen nach, auch was die Lieferungen und deren Preise angehe. Das Zahlungsschema in Rubel sei ebenfalls ausgearbeitet worden. Kein Moskauer Trotz mehr und doch eine bleibende Anspannung. Und die Frage: was denn nun?
Rubel-Zauber der Gazprombank
Die Verträge zwischen Gazprom und den EU-Ländern, die russisches Erdgas bekommen und die Russland nach der Einführung europäischer Sanktionen als „unfreundliche Staaten“ ansieht, sehen die Bezahlung in Euro oder Dollar vor. Davon will die EU nicht abrücken. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das bei seinem Telefonat mit Putin am Mittwoch nochmals betont und Putins Zusicherung erhalten, Europa könne weiterhin in Euro bezahlen. Auch der italienische Ministerpräsident Mario Draghi sprach von solch einer Zusicherung. In Russlands Verständnis hat sich offenbar ohnehin nichts geändert: Europa zahlt auf ein Rubelkonto der Gazprombank in Euro – die Bank ist nicht von Sanktionen betroffen. Ob die Europäer aber ein Rubelkonto eröffnen werden, ist fraglich.
In erster Linie ist das ein kolossaler Schlag für den russischen Staatshaushaltrussischer Gasanalytiker
Exporteure in Russland mussten bereits jetzt innerhalb von drei Tagen nach dem Eingang von Zahlungen in Euro oder Dollar 80 Prozent davon zum Tageskurs in Rubel wechseln. Das dürfte nun bei 100 Prozent liegen. Mit einem solchen Vorgehen kontrolliert Russland die Fremdwährung und sorgt vor allem bei russischen Firmen für Einbußen. Auch Gazprom verlöre dadurch sein Geld und der Staat einen großen Teil seines Budgets. „In erster Linie ist Putins Ankündigung, kein Gas mehr nach Europa liefern zu lassen, wenn es nicht in Rubel bezahlt wird, ein kolossaler Schlag für den russischen Staatshaushalt“, sagte der russische Gasanalytiker Michail Krutichin in der Sendung „Lebendiger Nagel“. Eigentlich ist das ein Format des kremlkritischen Radiosenders „Echo Moskwy“. Nach dem Verbot des Senders streamen die Journalist*innen nun bei YouTube.
Russlands Zickzackkurs sorgt für Verwirrung und Verunsicherung. Etwas, worin die russische Führung ohnehin seit Jahren ein Meister ist. Seit den Kampfhandlungen in der Ukraine ist das Vertrauen zu Moskau gänzlich dahin. Scholz’ Versuch, vom Kreml „schriftliche Informationen“ zu bekommen, um „das Verfahren genauer zu verstehen“ ist letztlich einer Hilflosigkeit geschuldet. Denn auch Schriftstücke würden Moskau nicht davon abhalten, sich von Vereinbarungen zu verabschieden, wenn sie dies für nötig hielten. Das hat der Krieg in der Ukraine, der in Russland als „militärische Spezialoperation“ bezeichnet werden muss, in aller Deutlichkeit gezeigt.
Gas ist eine wichtige Exportware der Russen, noch wichtiger als Öl. Das Bestehen auf Zahlungen in Rubel würde die Verträge verletzen, es müsste das Schiedsgericht in Stockholm einschreiten. Bis zur Entscheidung könnte es, mit der Möglichkeit auf Widerspruch, bis zu fünfeinhalb Jahre dauern. Viel zu lang aus russischer Sicht. Deshalb wohl auch die gespielte Entspannung aus Moskau.
Hätte man wissen können
Eine wirkliche Entspannung aber ist das nicht. Denn die Drohungen um das Abdrehen des russischen Gases stehen immer wieder im Raum – und wurden 2006, 2009, 2014 auch schon wahrgemacht. Die Europäer müssten sich bewusster geworden sein, dass Russland kein zuverlässiger Partner bei Verhandlungen sei, meint der Gasexperte Krutichin. Der russische Parlamentssprecher Wjatscheslaw Wolodin schwadroniert derweil schon davon, auch weitere Waren wie Dünger, Getreide, Metall aus Russland in Rubel zahlen zu lassen.
Politisch gibt sich Moskau gelassen und schaut wieder verstärkt nach China und Indien, um der EU zu zeigen, dass es auch ohne sie ginge. Russlands Außenminister Sergej Lawrow suchte bei seinen Besuchen in Peking am Mittwoch und in Neu-Delhi am Donnerstag die Rückendeckung in Asien. Peking aber wollte nie der kleine Bruder Moskaus sein und ließ gerade bei Verhandlungen um russisches Gas die Russen oft die kalte Schulter spüren. Jahrelang hatten Gazprom und das chinesische Staatsunternehmen China National Petroleum Corporation (CNPC) um den Vertrag für die Gaspipeline „Sila Sibiri“ („Kraft Sibiriens“) gerungen, bis mit dem Bau der Pipeline 2014 begonnen wurde, nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim.
Ihr macht wieder 50 Analysen, meine Analyse ist ganz einfach. Im Winter gibt’s kein Gas, also macht euch jetzt bereits auf die Suche……….