DeutschlandPutin verhängt Sanktionen gegen westliche Energiefirmen

Deutschland / Putin verhängt Sanktionen gegen westliche Energiefirmen
Gazprom Germania ist von den Sanktionen aus dem Kreml betroffen Foto: dpa-Zentralbild/dpa/Fernando Gutierrez-Juarez

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Kreml-Chef Putin setzt 31 westliche Firmen auf eine Sanktionsliste. Die Gaspreise steigen. Die nächste Zuspitzung droht, wenn RWE und Uniper ihre Rechnungen bezahlen müssen. „Wir werden die Alarmstufe heute nicht ausrufen“, sagt Habeck. Aber die Lage könne sich verschärfen.

Russland heizt den Konflikt um Energie-Lieferungen weiter an. Die russische Regierung verhängte in der Nacht zu Donnerstag Sanktionen gegen 31 Unternehmen, darunter auch Gazprom Germania. „Die Situation spitzt sich zu“, sagt der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag. „Wir rufen die Alarmstufe heute nicht aus, aber die Lage kann sich verschärfen.“

Worum geht es bei Putins Sanktionsliste? Russland hat gegen die Firma Gazprom Germania und andere Gazprom-Töchter Sanktionen verhängt, sie dürfen nun keine Geschäfte mehr mit dem Westen machen. Die Handelsverbote wurden im Auftrag von Kremlchef Wladimir Putin erteilt. „Das ist ein chirurgisches Dekret von Putin, es trifft keine Netzbetreiber“, sagte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Damit könnte Russland auch weiter Gas an westliche Firmen verkaufen. Konkret: Gasversorger wie Uniper und RWE können zunächst weiter ihre Speicher mit russischem Gas füllen.

Fließt noch Gas aus Russland? Ja, wie Klaus Müller betonte. Es komme weiter Gas aus Russland an, wie viel, werde man Freitagmorgen sehen. Aktuell ist damit die Versorgung in Deutschland gesichert. Die Alarmstufe sei erst vorgesehen, wenn erhebliche Mengen Deutschland nicht erreichten, so Habeck. Aktuell sei die Situation beherrschbar.

Die Gaspreise sind um 14 Prozent nach oben gegangen, das ist nicht schön, aber erwartbar

Robert Habeck, Deutscher Wirtschaftsminister

Was passiert mit den Gaspreisen? Die Gashändler an der Börse reagierten verunsichert. „Die Gaspreise sind um 14 Prozent nach oben gegangen, das ist nicht schön, aber erwartbar“, sagte Habeck weiter. Wegen der hohen Preise speichern aktuell auch viele Firmen ein. Die Speicher in Deutschland nähern sich einem Füllstand von 40 Prozent. Nur der größte Speicher im niedersächsischen Rehden, der Gazprom Germania gehört, ist faktisch leer. Die Netzagentur hat aber die Treuhänderschaft über Gazprom Germania übernommen. Mit dem neuen Energiesicherungsgesetz, dem der Bundesrat noch zustimmen muss, sind Enteignungen von Energiefirmen möglich. „Die Gaspreise enthalten hohe Risikozuschläge“, sagte RWE-Finanzvorstand Michael Müller. Teilweise reduziere die Industrie daher schon die Nachfrage.

Höhepunkt der Krise bereits absehbar

Was passiert, wenn Deutschland die Alarmstufe ausruft? Vor einigen Wochen hatte Habeck die Frühwarnstufe ausgerufen, Krisenstäbe tagen täglich. Seither versuchen Politik, Netzagentur und Wirtschaft, sich auf den Fall vorzubereiten, dass Putin den Gashahn komplett zudreht. Wenn der Mangel zu groß wird, entscheidet die Netzagentur, wer noch wie viel Gas bekommt. Haushalte und soziale Einrichtungen wie Kliniken sind laut Gesetz geschützte Kunden, als Erstes wird Betrieben das Gas abgeklemmt. Durch die Probleme in der Ukraine kommen aktuell täglich zehn Millionen Kubikmeter Gas weniger nach Deutschland. Hochgerechnet auf das Jahr sind das drei Prozent, so Habeck. Das sei durch andere Lieferanten ersetzbar.

Was passiert als Nächstes? Der nächste Höhepunkt der Krise ist bereits absehbar: Ende des Monats müssen Unternehmen wie Uniper und RWE ihre Rechnungen für russisches Gas bezahlen. Putin verlangt, dass die Firmen in Rubel zahlen, damit will er westliche Sanktionen unterlaufen. Die westlichen Regierungen beharren auf Zahlungen in Euro. Nun prüfen RWE und Uniper, Euro-Konten bei russischen Banken einzurichten, um es beiden Seiten recht zu machen. Die Frage ist, ob Putin das akzeptiert. Im Westen dürfte dies als sanktionskonform gelten, da die Banken und nicht die Unternehmen den Umtausch in Rubel vornehmen, hofft man in der Branche. Allerdings steckt der Teufel bei diesen so genannten K-Konten im Detail.

Kann Deutschland in diesem Winter ohne russisches Gas klarkommen? Im Interview mit der Wirtschaftswoche hatte Habeck das in Aussicht gestellt: „Wenn wir zum Jahreswechsel volle Speicher haben, wenn zwei der vier von uns angemieteten schwimmenden LNG-Tanker schon am Netz angeschlossen sind und wenn wir deutlich an Energie sparen, können wir im Fall eines Abrisses der russischen Gaslieferungen einigermaßen über den Winter kommen“, sagte der Minister. Nun stellte er klar, dass dazu aber die Speicher über den Sommer gefüllt werden müssten. Und dazu brauche man russisches Gas. Mit anderen Worten: Sollte Putin in den nächsten Wochen die Lieferungen einstellen, hat Deutschland im Winter Versorgungsprobleme. Chemieverbands-Chef Christian Kullmann hatte unlängst betont, dass Deutschland frühestens Mitte 2024 ohne russisches Gas auskommen könne.

Vorbereitungen auf Krisenfall laufen

Wie reagiert die deutsche Wirtschaft? Sie ist alarmiert. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Peter Adrian, hat vor einem Schock für die gesamte deutsche Wirtschaft im Falle eines Stopps der Gaslieferungen aus Russland gewarnt. „Die Bundesregierung muss alles daran setzen, Sicherheit bei der Energieversorgung in Deutschland zu gewährleisten. Denn ein Ausfall russischer Gaslieferungen würde nicht nur die energieintensive Industrie stark treffen“, sagte Adrian dem Tageblatt. „Nahezu alle Unternehmen sind über Produktions- und Logistikketten eng miteinander verwoben. Daher wäre die Wirtschaft in Deutschland in ihrer ganzen Breite von einem Gas-Stopp negativ beeinflusst“, sagte der DIHK-Chef. „Neben möglichen Produktionsausfällen würden auch die extrem steigenden Gas- und in der Folge die Strompreise zu weiteren Belastungen führen“, so Adrian. Derzeit sei die Versorgung in Deutschland flächendeckend noch gegeben.

Viele Unternehmen bereiteten sich jedoch längst auf einen potenziellen Krisenfall vor. „Die Möglichkeiten sind allerdings sehr begrenzt, da viele Betriebe nicht innerhalb kurzer Zeit von Gas auf andere Energieträger umstellen können“, sagte Adrian. Zahlreiche Unternehmen hätten spätestens seit Anstieg der Energiepreise im Sommer des letzten Jahres alle praktikablen Maßnahmen zur Senkung ihres Energieverbrauchs ergriffen. „Mit eigenen betrieblichen Schritten zu reagieren ist daher kurzfristig kaum noch möglich: Berichte aus den Unternehmen zeigen, dass sie maximal zwei Prozent des Gaseinsatzes durch zusätzliche Effizienzmaßnahmen schnell einsparen können. Weitergehende Umstellungen der Produktionsprozesse hingegen brauchen Zeit, da sie in der Regel komplexe und langwierige Genehmigungsprozesse nach sich ziehen“, sagte Adrian.

w.d.
13. Mai 2022 - 9.16

Herr Habeck ist schon ein cleverer Kerl, rhetorisch jedenfalls. Und "Russland heißt den Konflikt an"....da ist rhetorisch und intellektuell keine Substanz vorhanden. Was für ein Blödsinn....!!!

Romain C.
13. Mai 2022 - 7.40

Wäre ich President von Russland, hätte ich die alten Leitungen schon alle abgedreht, wegen der vielen westlichen Sanktionen. Aber ich würde anbieten die neue Seeleitung in Betrieb nehmen zu dürfen.Natuerlich zum doppelten Gaspreis minus Freundschaftsbonus von 10 %.