LuxemburgPulver, Kristalle und Pillen: Das LNS untersucht gefährliche Substanzen für die Polizei und den Zoll

Luxemburg / Pulver, Kristalle und Pillen: Das LNS untersucht gefährliche Substanzen für die Polizei und den Zoll
„Die meisten der von uns analysierten Drogen sind schmutzige Drogen“, erklärt Serge Schneider, Leiter des „Service toxicologie analytique et de chimie pharmaceutique“ innerhalb der Abteilung für Rechtsmedizin des „Laboratoire national de santé“ (LNS) Foto: Frédérique Theisen

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Am Samstag ist der weltweite Tag gegen Drogenmissbrauch. Zu diesem Anlass stellt das „Laboratoire national de santé“ (LNS) die Arbeit von Serge Schneider vor. Er und sein Team sind hinter den Kulissen der Drogenfahndung tätig und analysieren beschlagnahmte Suchtmittel.

Der Kampf gegen Drogenmissbrauch ist ein Dauerbrenner für Polizei, Zoll und Justiz. Umso wichtiger ist ihre enge Zusammenarbeit mit Experten, die beschlagnahmte Rauschmittel unter die Lupe nehmen, um Zusammensetzung und Dosierung zu bestimmen. In Luxemburg sind dafür Serge Schneider und sein Team zuständig. Der promovierte Chemiker leitet seit 2016 den „Service toxicologie analytique et de chimie pharmaceutique“ innerhalb der Abteilung für Rechtsmedizin des nationalen Gesundheitslabors LNS. Anlässlich des internationalen Tages gegen Drogenmissbrauch, der am 26. Juni begangen wird, berichtet Schneider in einem LNS-Interview von seiner Arbeit.

„Die Zusammenarbeit mit den Autoritäten ist eng“, erzählt Schneider. „80 bis 90 Prozent unserer Anfragen kommen von der Polizei und dem Zoll.“ Wenn die Beamten auf Pulver, Kristalle oder Pillen stoßen, wie das oft in Flughäfen oder Bahnhöfen geschieht, führen sie zunächst Schnelltests durch. „Diese sind jedoch manchmal fehlerhaft und haben vor Gericht keinen Bestand.“ Deshalb werden Schneider und seine Mitarbeiter beauftragt, Näheres über die beschlagnahmte Ware herauszufinden: „Wir fotografieren, wiegen und untersuchen die Substanz mit chemisch-physikalischen Methoden“, erklärt der Forscher und ergänzt, dass eine Datenbank den Identifikationsvorgang abschließt.

Cannabinoide und schmutzige Drogen

In mehr oder weniger 40 Prozent der Fälle handele es sich bei den beschlagnahmten Rauschmitteln um Cannabis. „Wir sehen seit den letzten ein bis zwei Jahren aber auch eine wachsende Anzahl an Hanfproben“, sagt der Chemiker. Zu den übrigen „üblichen Verdächtigen“ gehören Kokain (20 bis 25 Prozent), Heroin (10 bis 15 Prozent) und Amphetamine (5 bis 10 Prozent). Alle anderen Substanzen fallen unter „Sonstiges“. Diese Kategorie beinhalte zum Beispiel auch neue psychoaktive Substanzen, die sogenannten Designerdrogen. Letztere erwiesen sich meistens als synthetische Cannabinoide, die die Wirkung von Cannabis imitierten. Mit der Herstellung einer neuen Substanz, die Cannabis ähnele, aber kein Cannabis sei, versuchten Hersteller und Konsumenten nämlich, das Betäubungsmittelgesetz zu umgehen.

„Wir hatten zum Beispiel einen Fall, in dem ein Konsument zu einer Drogenberatungsstelle in Luxemburg ging, um zu berichten, dass er einen sehr verdächtigen Joint geraucht hatte“, erzählt Schneider. Der Konsument habe berichtet, dass er regelmäßig Cannabis konsumiere, sich aber dieses Mal krank fühlte – irgendetwas würde mit dieser Substanz nicht stimmen. „Die Beratungsstelle schickte uns daraufhin eine Probe der Substanz und wir konnten MDMB-CHMINACA nachweisen, ein synthetisch hergestelltes Cannabinoid.“ Das Gesundheitsministerium habe daraufhin eine Warnung herausgegeben.

Im Labor des „Service“ herrscht reger Betrieb, die Mitarbeiter untersuchen die beschlagnahmten Rauschmittel
Im Labor des „Service“ herrscht reger Betrieb, die Mitarbeiter untersuchen die beschlagnahmten Rauschmittel Foto: Frédérique Theisen

Die meisten analysierten Drogen seien schmutzige Drogen, das heißt sie setzen sich aus verschiedenen Substanzen zusammen. Heroin zum Beispiel sei nie 100 Prozent rein, sondern eine Mischung, die aus etwa 50 Prozent Paracetamol, 25 Prozent Koffein und 10-20 Prozent Heroin bestehe. „Eine Probe gilt als verdächtig, wenn sie besonders sauber oder besonders verschmutzt ist“, führt der promovierte Chemiker aus. Eine Probe, die zum Beispiel mehr als 30 Prozent Heroin enthalte, könne dazu führen, dass der Benutzer eine gefährliche Überdosis einnimmt. Bei der Entdeckung solcher Drogen werde daher das Gesundheitsministerium informiert, damit es die Bevölkerung warnen kann.

Drogen-Projekte des LNS

Der Service für analytische Toxikologie und pharmazeutische Chemie betreibt aktuell mehrere Forschungsprojekte, meist in Zusammenarbeit mit nationalen oder internationalen Universitäten und Forschungsinstituten:
Drug Checking: Bei diesem Projekt geben Verbraucher der Drogenkonsumzentren freiwillig eine kleine Menge ihrer Probe zur Analyse ab. Dies ermöglicht einen Vergleich der Drogenqualität von Zoll/Polizei/Konsumraum. Dabei wurde insbesondere eine signifikante Minderung der Drogenqualität in den Konsumzentren festgestellt.
PiPaPo Luxemburg: Drogenkonsumenten geben freiwillig bei Festivals eine kleine Menge ihrer Stoffe (v.a. Ecstasy, Amphetamine, Kokain) zur Analyse ab. Dies ermöglicht die Qualitätserfassung von Freizeitdrogen in Luxemburg. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit 4-motion realisiert.
Drogen im Abwasser: In Zusammenarbeit mit dem Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) werden die häufigsten Drogen (Kokain, Cannabis, Heroin, Amphetamine, Ecstasy) in verschiedenen Kläranlagen untersucht. Die Resultate geben Aufschluss über die Häufigkeit der konsumierten Drogen. Im Vergleich mit verschiedenen Städten in Europa wurden dabei überdurchschnittlich hohe Kokainkonzentrationen in Luxemburg gefunden.

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27. Juni 2021 - 22.57

Woher soll man denn wissen, dass sie gefährlich sind ehe man sie getestet hat?