Hochwasser in Luxemburg Problem Schlamm: So wird er entsorgt – und der Garten schneller wieder nutzbar

Hochwasser in Luxemburg  / Problem Schlamm: So wird er entsorgt – und der Garten schneller wieder nutzbar
 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Mit dem Wasser kam der Schlamm: Haus- und Gartenbesitzer, die von den Fluten am 15. Juli getroffen wurden, haben mit angeschwemmten, übelriechenden Sedimenten zu kämpfen. Darin können Schadstoffe stecken. Wir erklären, wie mit dem verseuchten (und unverseuchten) Schlamm umzugehen ist.

Wie viele Haushalte oder Gebäude genau in Luxemburg von den Fluten am 15. Juli heimgesucht wurden, ist noch unbekannt. Im Innenministerium sammelt man noch Informationen. „Das ist zu diesem Zeitpunkt noch zu grob, es gibt noch keine gesicherten Zahlen und Materialien“, sagt eine Sprecherin am Freitag gegenüber dem Tageblatt. Klar ist: Die Schäden sind immens. Bei Luxemburgs Versicherern waren eine Woche nach den Fluten 6.000 Schäden an Gebäuden gemeldet worden, hinzu kamen 1.000 Autos, die „nicht mehr nutzbar“ sind. „Die Versicherer haben die Schäden an versicherten Häusern und Fahrzeugen auf 120 Millionen Euro neu geschätzt“, schreibt der Dachverband ACA. Die Regenfälle vom 14. und 15. Juli seien damit die teuerste Katastrophe in der Geschichte der luxemburgischen Versicherer.

Mit dem Großreinemachen sind die Luxemburger auch zweieinhalb Wochen nach den Fluten noch beschäftigt. Mit dem Hochwasser kam der Schlamm. Und eventuell Dinge, die im Garten – oder im Haus – nichts zu suchen haben. „Es ist klar, dass es zum Beispiel in vielen Privatgärten zu überschwemmungsbedingten Schäden gekommen ist“, antwortet eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums auf Tageblatt-Anfrage. 

Was die Schadstoffe im Garten betrifft, gibt die Umweltverwaltung in einer Pressemitteilung am Freitag leichte Entwarnung: „Schadstoffe im Zusammenhang mit ausgelaufenen Kraftstoffen werden von Pflanzen nicht oder kaum aufgenommen und im Allgemeinen abgebaut oder im Boden immobilisiert“, heißt es dort. Es sei daher unwahrscheinlich, dass diese „diffusen Schadstoffe“ ein erhebliches Risiko für die Gesundheit der Anwohner darstellten.

Aufgraben zum Durchlüften

Die Umweltverwaltung empfiehlt jenen, deren Garten vom Hochwasser heimgesucht wurde, den Boden zehn Zentimeter tief aufzugraben. Das soll die Durchlüftung verbessern, wodurch bestimmte Schadstoffe schneller abgebaut werden können. Dabei sollten Handschuhe getragen werden und trotzdem sollte man sich danach gründlich die Hände waschen. Spätestens in einem halben Jahr ist der Spuk vorbei. „Der Boden regeneriert sich bis zum Herbst und Winter selbst“, sagt eine Sprecherin der Umweltverwaltung. Die nicht-punktuellen Verschmutzungen – also Verschmutzungen, die sich über eine große Fläche verteilt haben – seien wenig problematisch, erklärt die Verwaltung in ihrer Pressemitteilung. „Eine diffuse Verschmutzung ist höchstwahrscheinlich im gesamten Überschwemmungsgebiet aufgetreten – im Allgemeinen handelt es sich dabei um dieselben Schadstoffe wie bei der lokalen Verschmutzung, aber sie sind stark verdünnt und werden durch Wasser und Sedimente über mittlere und lange Strecken transportiert.“

Bei den Schadstoffen handelt es sich aber sehr wahrscheinlich eher nicht um gefährliche Industrie-Chemikalien, sondern meist um ausgelaufenes Heizöl. Warum das so ist, erklärt Jean-Paul Lickes, Direktor des Wasserwirtschaftsamts. „Es sind keine Fabriken überschwemmt worden.“ Deren Standorte seien bewusst so geplant worden, dass sie nicht in Hochwasserrisikogebieten lägen.  

Was den Schlamm im eigenen Garten oder im Haus angeht: Der kann entsorgt werden. „Es empfiehlt sich, sich auf die Massen zu beschränken, die das Hochwasser tatsächlich mit sich gebracht hat“, schreibt die Umweltverwaltung. Die Sprecherin präzisiert: „Schlammentsorgung fällt unter die Abfallgesetzgebung, demnach können die gängigen Abfalltransporteure und Unternehmen kontaktiert werden, um Schlamm und überschüssigen Boden zu entsorgen – ob belastet oder nicht.“ Der Schlamm muss dann getrocknet werden. Falls keine Schadstoffe drin sind, kann er auf einer Luxemburger Deponie abgeladen werden. Aber: „Sind jedoch Schadstoffe darin enthalten (durch Sichtung oder Geruch detektierbar) muss der Schlamm auf eine ausländische Deponie gebracht werden“, erklärt die Sprecherin. Das bedeute nicht unbedingt, dass der Schlamm oder Boden gesundheitsschädlich sei – er entspreche nur nicht den Kriterien, um auf einer Deponie im Land entsorgt zu werden. In Luxemburg gibt es nämlich keine Schadstoffdeponie, entsprechender Müll muss „exportiert“ werden.

Umweltstelle macht Bodenanalyse

Ist der Boden tatsächlich derart kontaminiert, oder liegt sogar eine „lokale Verschmutzung“ wie ein ausgelaufener Heizöltank auf dem eigenen Grundstück vor, sollte schnellstmöglich eine akkreditierte Umweltstelle kontaktiert werden. Diese analysiert dann die Verschmutzung und steht bei den kommenden Schritten zur Seite. „Unbedingt sollte man in einem solchen Fall auch bei der Versicherung anrufen und fragen, inwiefern die Schäden in einem Überschwemmungsfall übernommen werden.“

Was das Obst und Gemüse angeht, das im überschwemmten Garten liegt: besser nicht konsumieren. „Vom Konsum von Obst und Gemüse, das direkt in Kontakt mit verschmutztem Überschwemmungswasser war,  ist abzuraten“, sagt die Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums gegenüber dem Tageblatt. Weder die „mikrobielle noch die Schadstoffbelastung“ des Hochwassers sei bekannt. „Deshalb ist es ratsam, sich an das Vorsorgeprinzip zu halten und auch keine Früchte und Gemüse zu verzehren, die erst zu einem späteren Zeitpunkt reifen.“ 

Früchte, die nicht in direktem Kontakt mit dem Hochwasser waren – zum Beispiel Äpfel vom oberen, aus dem Wasser herausragenden Teil des Baums –, können dagegen genutzt werden. „Hier empfiehlt es sich aber, die Früchte vor dem Verzehr ausgiebig zu waschen“, wie die  Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums sagt, bevor sie hinzufügt: „Jetzt ist Geduld gefragt“, damit sich die „mikrobielle“ Belastung des Bodens abbauen kann. „Nach Abtrocknen der Böden kann durch eine leichte Bodenbearbeitung, zum Beispiel hacken, die biologische Aktivität des Bodens angekurbelt werden.“ Das fördere den Rückgang der Krankheitserreger und auch den Abbau von Heizölverschmutzungen. Das Gleiche gelte für Rasenflächen, auf denen Vertikutieren wieder Sauerstoff in den Boden bringen könne. Bei all diesen Arbeiten solle man aber festes Schuhwerk oder Stiefel tragen – und Handschuhe. „Damit man sich keinen unnötigen Gesundheitsrisiken durch den Kontakt mit dem kontaminierten Boden aussetzt.“

Wie lange man warten soll, bevor man im Garten wieder loslegen kann, ist schwer zu sagen. „Nicht jede Fläche ist den gleichen Risiken ausgesetzt“, sagt die Sprecherin. Ein Garten unmittelbar unterhalb einer Kläranlage in einem dicht besiedelten Gebiet sei potenziell gefährdeter als einer, der sich im Quellgebiet eines Flusses befinde. Zudem spielten Strömung und Wassermengen ebenfalls eine Rolle bei der Ablagerung der kontaminierten Schlämme. Konkrete Daten über die Belastung des Überschwemmungswassers und der abgelegten Schlammschichten fehlten noch.