TschechienPräsidentenwahl: Petr Pavel setzt sich deutlich gegen Andrej Babiš durch

Tschechien / Präsidentenwahl: Petr Pavel setzt sich deutlich gegen Andrej Babiš durch
Petr Pavel, hier mit seiner Ehefrau Eva, wird der vierte Präsident der Tschechischen Republik Foto: AFP/Michal Cizek

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Der Sieg Petr Pavels im zweiten Wahlgang der tschechischen Präsidentenwahlen kam nicht überraschend. Mit seiner ruhigen und sicheren Art konnte sich der 61-jährige Ex-Militär die Sympathie der Wähler sichern. Zudem sagten ihm einige der im ersten Wahlgang unterlegenen Mitbewerber ihre Unterstützung gegen Andrej Babiš zu. EU und NATO können mit dem neuen Herrn auf der Burg zufrieden sein.

Das Wahlergebnis, mit dem Petr Pavel zum Präsidenten der Tschechischen Republik gewählt wurde, war das beste seit Einführung der Direktwahl 2013. Vorgänger Miloš Zeman kam bei seinen Siegen in den Stichwahlen nur auf 54,8 (2013) und 51,36 (2018) Prozent der Wählergunst.

Doch nicht nur die 58,32 Prozent, mit denen Petr Pavel seinen Sieg feiern konnte, sondern auch die über 70 Prozent Wahlbeteiligung zeigen, dass die Tschechen des Populismus müde sind. Das Wahlvolk möchte einen Präsidenten auf der Prager Burg sehen, der das Land mit ruhiger Hand durch die angespannten Zeiten steuert. Petr Pavel scheint dafür die geeignete Persönlichkeit zu sein. So besonnen und ruhig er seinen Wahlkampf führte, so ruhig nahm er auch seinen Sieg zur Kenntnis. Und schaltete bei der Siegesfeier im Wahlzentrum im Prager Bezirk Karlín gleich in den Präsidentenmodus um: Nun sei es Zeit, die gespaltene Gesellschaft zu vereinen, Streitigkeiten zu beenden und den Sieg der Werte dieser Wahl, nämlich Wahrheit, Würde, Respekt und Demut zu feiern. „Das sind die Werte, die die meisten von uns teilen“, erklärte der neu gewählte Präsident.

Werte, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht immer von den Regierenden geachtet wurden. Petr Pavel wurde von keiner der fünf Koalitionsparteien aufgestellt, die derzeit unter dem Bürgerdemokraten Petr Fiala die Regierung stellen. Doch er gilt als deren Vertreter. Somit als Vertreter einer politischen Kaste, deren Korruptions- und Machtskandale das Land über Jahre destabilisierten. Und deren Handeln eine populistische Protestpartei wie ANO2011 unter Andrej Babiš erst ermöglicht hat. Dass auch der Agrar- und Medienmilliardär Babiš nicht etwa das Ende dieses Systems brachte, sondern selbst als Frucht aus ihm hervorging, haben die Tschechen nun lernen müssen. Und hoffen auf die ruhige Präsidentschaft Pavels. Dessen Wahlslogan „Ordnung und Ruhe“ haben ihm einen Vorteil gegenüber der hektischen und häufig irritierenden Politik Babiš verschafft. Das musste auch Vorgänger Miloš Zeman, der Babiš eigentlich schon als seinen Nachfolger angesehen (und gewünscht) hatte, in seinen Glückwünschen konstatieren.

Der 61-jährige Petr Pavel bringt jedenfalls das Rüstzeug für eine moderate und disziplinierte Präsidentschaft mit. Seine Biografie weist eine stetige Karriere als Militär aus, die ihn zunächst bis in die Funktion des ranghöchsten Offiziers der Tschechischen Armee brachte. Unter den Regierungen Petr Nečas, Jiří Rusnoks und Bohuslav Sobotkas diente er nicht nur als Generalstabschef, sondern auch als militärischer Berater der Regierung.

Überzeugter Europäer

Als erster Offizier des ehemaligen Warschauer Pakts wurde er zum Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses gewählt und damit zum ranghöchsten Offizier des westlichen Bündnisses. Weder seine fünfjährige Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei noch seine Karriere im Militärgeheimdienst der damals noch sozialistischen Tschechoslowakischen Armee haben die in Brüssel und Mons Entscheidenden bei der Berufung gestört.

Dass ausgerechnet Babiš im jetzigen Wahlkampf dies thematisierte, schlug ebenso gegen den ANO-Chef wider, wie die Behauptung, Pavel sei Kriegstreiber. Mit seiner Wahlkampagne „Ich bin Diplomat, kein Soldat“ wollte sich Babiš als Friedensstifter stilisieren, erntete jedoch mit seiner stets bekundeten Nähe zum Ungarn Viktor Orbán (und über diesen zu Russland) eher Misstrauen. Während alle seine Vorgänger – trotz europafreundlicher Bekundungen – eher den östlichen Nachbarn zugewandt waren, tritt am 9. März mit dem Ex-NATO-General erstmals ein überzeugter Anhänger der EU seinen Dienst auf der Prager Burg an. Vor allem von Seiten des westlichen Militärbündnisses wird in diesen Zeiten der Spannungen mit Moskau ein Politiker an der Staatsspitze Tschechiens geschätzt, der bestens in der NATO vernetzt ist und als Fachmann auch die Brisanz der aktuellen Lage versteht.

Innenpolitisch wünschen sich die Tschechen ein Überwinden der gesellschaftlichen Spaltung, ein Fortschreiten der Demokratisierungsbestrebungen, die weder vom stets etwas poltrigen Präsidenten Zeman noch vom aggressiv auftretenden Babiš vorangetrieben wurden. Setzt Petr Pavel seine Politik so ruhig durch wie seine bisherigen Auftritte vermuten lassen, könnte er damit Erfolg haben.