Nach Schlägerei im „Frenchie“Polnische Gäste fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt

Nach Schlägerei im „Frenchie“ / Polnische Gäste fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt
Das „Frenchie“ in der Innenstadt war am Samstagabend Schauplatz einer grösseren Auseinandersetzung Foto: Editpress / Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Jede Geschichte hat zwei Seiten. Was viele Menschen bereits in frühen Jahren lernen, gilt auch für eine vermeintliche Massenschlägerei am Wochenende im hauptstädtischen Szenelokal „Frenchie“. Auf der einen Seite steht ein Barbesitzer, der ein Bild von unbesonnenen Gästen aus Polen zeichnet. Und auf der anderen eine polnische Gemeinschaft, die sich zu Unrecht angegriffen fühlt.

Von Eric Hamus

Ihren Ursprung hat die vorliegende Geschichte in einer Polizeimitteilung vom Sonntag mit dem Titel „Auseinandersetzungen in Lokalen“. Ein Name wird in der 13 Zeilen langen Kurzmeldung nicht genannt. Nur: „In der rue Notre-Dame in der Stadt Luxemburg wurde gegen 2.25 Uhr eine Schlägerei zwischen geschätzten 15 Personen gemeldet.“ Im Einsatz waren gleich mehrere Streifen, „aus Sicherheitsgründen“, wie die Polizei anmerkt. Die Auseinandersetzung sei nämlich erneut ausgebrochen, während im Inneren des Lokals „Stühle und Tische umgeworfen wurden“.

Weiter berichtet die Polizei noch von einer „implizierten jungen Frau“, die „sich nicht beruhigen ließ und auf einen Beamten spuckte“, sowie einem „weiteren Unruhestifter“, die beide in den „Arrest der Dienststelle“ gebracht wurden. „Es stellte sich heraus, dass eine Privatparty im Lokal abgehalten wurde und es zu Auseinandersetzungen kam, als die Gäste von den Angestellten auf die Schließungsstunde aufmerksam gemacht wurden“, schlussfolgert die Pressestelle der Polizei in ihrer Meldung vom Morgen des 1. Dezember.

Alles hat ein Ende

So weit die offizielle Version der Ereignisse, die von beiden Seiten nicht groß infrage gestellt wird. Auseinander gehen die Meinungen aber – wie so oft – in der Frage nach dem Ursprung der eigentlichen Handgreiflichkeiten. Laut dem Besitzer des „Frenchie“ wollten die Gäste nicht wahrhaben, dass der Abend vorbei war. Es sei ein privater Abend für eine polnische Gruppe gewesen, „mit zwei Wodka-Bars“, wie Eigentümer Hervé Brouty am Sonntag gegenüber den Kollegen des L’essentiel betonte. Bereits um 23 Uhr habe er geplant gehabt, den Abend zu beenden, nachdem zwei Gäste in die Küche des Restaurants eingedrungen seien und mit Puderzucker um sich geworfen hätten.

Doch habe er den Abend zähneknirschend weiter laufen lassen, bis 1 Uhr. „Ich sagte dem Organisator der Party, dass die Musik um 1 Uhr morgens aufhören müsse. Aber um 1.15 Uhr musste ich es ihm erneut sagen“, wird Brouty vom L’essentiel zitiert. Es habe nichts geholfen: „Um 2 Uhr beschloss ich, das Licht einzuschalten und den DJ aufzufordern, die Musik auszumachen“, heißt es weiter. Daraufhin sei er von einer Frau beleidigt worden, eine andere habe auf ein Gerät eingeschlagen und die Situation sei außer Kontrolle geraten.

Er selbst habe die Polizei gerufen, die schließlich zwei seiner Mitarbeiter abgeführt habe. Darunter eine Frau, die am Kiefer verletzt worden sei. Er selbst habe eine kleine Beule am Kopf und Schmerzen im Arm, so Brouty gegenüber L’essentiel. Ausführungen, die er gegenüber dem Tageblatt allerdings nicht mehr wiederholen wollte. Eine entsprechende Anfrage lehnte Brouty gestern ab.

„Wir müssen uns wehren“

Umso mehr zu sagen hatten gestern allerdings die Gäste des privaten Abends. „Eigentlich wollten wir uns nicht weiter zu den Ereignissen äußern“, sagt Marzena in gutem Deutsch. Seit Jahren schon wohnt sie in Luxemburg, war am Samstagabend mit Freunden im „Frenchie“ zu Gast. „Doch wenn die polnische Gemeinschaft plötzlich in den Medien unter Generalverdacht gestellt wird und wir als Schläger dargestellt werden, müssen wir uns wehren“, so die Frau aus Esch/Alzette. Anlass des Abends war die Andreasnacht, die die Polen jedes Jahr am 30. November zu Ehren des heiligen Andreas begehen. „Ein Bekannter hatte über die sozialen Netzwerke zu der privaten Feier geladen. Mindestens hundert Gäste waren aufgetaucht“, so Marzena.

Sie will sich denn auch daran erinnern, dass der Besitzer bereits den ganzen Abend über nervös gewesen sei. „Womöglich wegen der hohen Zahl an Gästen. Da wäre ich auch aufgeregt.“ Der ganze Abend aber sei friedlich verlaufen, bis kurz nach 2 Uhr. „Plötzlich gingen einfach die Lichter an und die Musik wurde leiser gestellt. Wir haben getanzt und uns amüsiert. Da schaut man nicht fortwährend auf die Uhr“, fährt Marzena fort. So habe es denn auch etwas gedauert, bis alle Gäste verstanden hatten, dass der Abend vorbei sei.

„Bis dahin aber wurde nie etwas davon gesagt, dass bereits um 1 Uhr Schluss sein soll“, verteidigt sich der Gast aus Esch. Ohne Vorwarnung sei der Besitzer aggressiv geworden und habe die Leute hektisch herumkommandiert. „Eine junge Frau, die zur Toilette wollte, geriet daraufhin ins Straucheln. Sie wollte sich an einem Stehtisch abfangen, der jedoch zu Boden ging“, so Marzena. Der Besitzer habe die junge Frau brutal Boden gestoßen. „Und das später noch einmal. Die Frau musste zum Arzt“, erinnert sich die Augenzeugin.

Natürlich sei daraufhin ein Gerangel zwischen Angehörigen der jungen Frau und den Mitarbeitern der Bar entstanden. Währenddessen habe der Besitzer die Gäste recht aggressiv aus dem Lokal werfen wollen. „Das Lokal in fünf Minuten leeren, das geht nicht so einfach. Viele Leute mussten noch ihre Sachen holen. Er aber hat die Gäste herumgeschubst, an den Armen gezogen und die ganze Zeit über beleidigt“, so Marzena. Gleich mehrere Gäste seien verletzt worden. Die entsprechenden Atteste vom Arzt lieferte die Polin gleich mit.
Die Polizei sei schließlich auf Anraten eines jungen Gastes aus Polen vom Barmann gerufen worden. Die Beamten seien selbst überrascht gewesen. Ihre Bekannten hätten sich aber daraufhin auch rasch beruhigt. „Der Umstand, dass die Beamten zwei Mitarbeiter des Lokals in Arrest genommen haben und keine Gäste, spricht Bände“, schlussfolgert Marzena.

Dies also die zwei Seiten ein- und derselben Geschichte. Wer letzten Endes Recht hat, müssen jetzt die Behörden ermitteln.