Tödlicher Schuss in BonnewegPolizist wegen Gebrauch seiner Dienstwaffe angeklagt – so lief der erste Prozesstag

Tödlicher Schuss in Bonneweg / Polizist wegen Gebrauch seiner Dienstwaffe angeklagt – so lief der erste Prozesstag
Gericht Luxemburg: Hat ein Polizist aus Notwehr geschossen oder nicht? Foto: Editpress/Julien Garroy

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War es Notwehr? Um diese Frage geht es seit Dienstagmorgen vor Gericht. Verantworten muss sich ein junger Mann, der im April 2018 im Polizeidienst einen Menschen in Bonneweg erschossen hat. Totschlag lautet die Anklage.

Bonneweg. Ein junger Polizist nimmt an einer, wie es heißt, Routinekontrolle teil. Ein schwarzer Mercedes fällt den Beamten auf. Merkwürdiger Zustand des Fahrzeugs, noch merkwürdigere Fahrweise. Der Fahrer des Wagens entzieht sich der Polizeikontrolle durch Flucht. Mehr noch, er steuert direkt auf einen Polizeibeamten zu. Binnen Sekunden fallen drei Schüsse aus dessen Dienstwaffe. Eine Kugel trifft den Fahrer tödlich.

Diese Fakten ereigneten sich am 11. April 2018, an einem sonnigen Nachmittag. Mehr als vier Jahre später steht der Schütze nun vor Gericht. Er hat mittlerweile den Polizeidienst quittiert und arbeitet jetzt in der Flüchtlingshilfe. Immer noch als Staatsbeamter.

Laut Experten gab es reelle Gefahr für den Polizisten

 „Ich habe aus Notwehr geschossen, es war nicht meine Absicht, jemanden zu töten“, sagt der ehemalige Polizist am Dienstagmorgen vor der Richterin. Er wirkt ruhig. Breite Schultern. Seine dunklen Haare sind kurzgeschoren. Seriöse Erscheinung, auch wegen seiner Brille. Sein Blick indes scheint scheu.

Anschließend sind die Experten dran. Sie versuchen, vieles zu erklären. Beispielweise die Fahrtbewegungen des schwarzen Mercedes. Zum Beispiel auch die hohe Fahrgeschwindigkeit des Autos, als es auf ein Polizeiauto zusteuert und nur um Haaresbreite daran vorbeischrammt. Sie erklären die Flugbahnen der Kugeln aus der Schusswaffe des Polizisten, auf den der Mercedes zufuhr. Mit um die 30 Kilometer pro Stunde. Unter dem Strich sind alle Erklärungen eigentlich zugunsten des Beschuldigten. 

Die Experten tun aber vor allem eines: Sie machen aus Sekunden Stunden. Wie in einem Science-Fiction-Film, in dem alles in Zeitlupentempo abläuft. Sie schaffen mit ihren vollumfänglichen Erklärungen einen Zeitrahmen – über den der junge Polizist damals nicht verfügte.

Die Experten sagen, dass damals eine reelle Gefahr für den Polizisten bestanden habe. Sie geben allerdings auch zu verstehen, dass er womöglich eine andere Wahl hätte haben können – dass er hätte zur Seite springen können und nicht schießen müssen. Hätte haben können, aber eben auch nicht hätte haben müssen, weil alles sich binnen weniger Sekunden abspielte. Die ganzen Erklärungen scheinen deshalb müßig. Nötig ja, aber nicht wirklich aufschlussreich, denn damals ist nicht heute. Die Ruhe, mit denen die Experten die Zeit dehnen, eine Pause einlegen, nachdenken, diese Ruhe hatte der Polizist in der damaligen Situation nicht. Vieles ist möglich – und im Nachhinein ist man immer schlauer.

Es geht um den Rechtsstaat

Was und vor allem weshalb genau es geschah am 11. April 2018, wird man deshalb nicht mit letzter Sicherheit herausfinden können. An die Abläufe dieses Dramas kann man sich nur mühsam herantasten. Vollumfängliche Antworten wird es nicht geben. Am Ende bleibt der Zweifel.

Heute geht der Prozess weiter. Unter anderem mit psychologischen Gutachten über den Beschuldigten. Dann folgt eine Sitzung mit einem fast dreistündigen Film, der Rekonstruktion der Ereignisse von April 2018.

Was soll dieser Prozess? – Diese Frage stellen sich einige. Was antworten? – Schwierig. Bedenken sollte man allerdings, was eine Verurteilung des jungen Polizisten für Auswirkungen auf andere junge Polizisten hätte. Lieber nichts tun, als vor einem Gericht landen? Eine vollumfängliche Antwort gibt wohl niemand, der in diesem Prozess noch aussagen muss.

Der Prozess sei in erster Linie notwendig, um zu zeigen, dass der Rechtsstaat funktioniert, sagt einer der geladenen Psychiater. Gut, wir werden sehen. 

JJ
29. September 2022 - 9.03

Kaaft de Jongen Sprëtzrevolveren. Oder wéi d'Bobbien an England,e Gummikmëppel an eng Päif. Lächerlech daat do.

rainman_lu
28. September 2022 - 22.37

Wäre ich Polizist im Außendienst in einem der bekannten Problemviertel in Luxemburg würde ich nach diesem Prozess sofort um Versetzung bitten oder mir einen anderen Job suchen.

GeTee
28. September 2022 - 14.40

Die Justiz braucht ganze 4 Jahre................ aber ein junger Polizist soll sich binnen Bruchteilen einer Sekunde für das richtige Handeln entscheiden !!!!!!!!!!! Lächerlich !!! Justizia ist nicht nur taub und blind..............

Romain
28. September 2022 - 11.16

Wenn die Polizei sich nicht mehr selber verteidigen kann, dann ist die Justiz am Ende