JustizPolizeidirektion klagt, Polizist klagt zurück, Überstunden als Zankapfel

Justiz / Polizeidirektion klagt, Polizist klagt zurück, Überstunden als Zankapfel
In seiner Funktion als SPFP-Präsident hatte Pascal Ricquier im Oktober 2019 schwere Vorwürfe gegen die Polizeidirektion erhoben. Widerlegt wurden sie bisher nicht. Erklärt auch nicht, trotz Gerichtsprozess. Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Gegen Obrigkeiten anzugehen, ist nicht immer so einfach. Aus gutem Grund gibt es Einschränkungen. Für die einen, aber auch für die anderen. Trotzdem darf dies nicht dazu führen, dass nicht über den Kern einer Sache geredet wird. Klingt abstrakt, ist es aber nicht unbedingt, wie ein Gerichtsprozess am Freitagmorgen verdeutlicht.

Um den Prozess am Freitagmorgen in einen Kontext zu setzen, muss man etwas zurückblicken. Bei seiner Generalversammlung im Oktober 2019 spart das „Syndicat professionnel de la force publique“ (SPFP), das sich aus Polizei- und Armeegewerkschaft zusammensetzt, nicht mit Kritik an der jeweiligen Obrigkeit.

Im Namen seiner Organisation warf Präsident Pascal Ricquier der Generaldirektion der Polizei unter anderem Verstöße bei der Berechnung von Überstunden vor. Es soll auch eine Aufforderung gegeben haben, Gesetz und Arbeitszeitabkommen zu ignorieren, hieß es damals während der Versammlung.

Die gewerkschaftlich aufgemotzten und zugespitzten Vorwürfe erregten die Aufmerksamkeit der Polizeidirektion. Diese fühlte sich verunglimpft und klagte – als Gruppe von zwölf Leuten. Nicht gegen die SPFP, welche die Anschuldigungen erhob, sondern gegen ihren Sprecher Pascal Ricquier. Merkwürdig, findet Me Marc Kohnen. Warum gegen ihn und nicht gegen die Gewerkschaft? Das wisse er nicht, sagt der Anwalt.

Die Staatsanwaltschaft kam zum Schluss, die Sache einstweilen ruhen zu lassen. Gegen Pascal Ricquier aber sprach sie eine Verwarnung aus. Er dürfe sich keines solchen Vergehens mehr schuldig machen. Sonst drohe doppelte Strafe.

Bei Ricquier und Me Kohnen drängen sich seitdem einige Fragen auf. Bis wann gilt die Verwarnung? Vor allem aber: Woraus besteht das Vergehen von Pascal Ricquier und was darf er dementsprechend nicht mehr sagen? Besonders in Bezug auf die Redefreiheit eines Gewerkschaftsvertreters wäre eine Antwort darauf nicht unwichtig.

Weil sich Ricquier durch die Klage der zwölf Polizeioffiziere verunglimpft fühlte und vor allem, weil er die Angelegenheit und seine Verwarnung gerne geklärt haben möchte, reichte er Gegenklage ein. Diese stand nun am Freitagmorgen auf dem Programm des Bezirksgerichts Luxemburg. Allerdings wurde dort nicht über die Sache an sich gesprochen, sondern ausschließlich darüber, ob Pascal Ricquier überhaupt Klage führen dürfe.

Problem könnte Artikel 35 aus dem Verwaltungsgesetzbuch über das Beamtenstatut sein. Demzufolge kann ein Beamter nicht einfach von einer Privatperson vor Gericht zitiert werden. Damit, grob zusammengefasst, nicht irgendwer auf dumme Gedanken komme, so die Erklärung. Me Kohnen gibt zu bedenken, dass es hier nicht um einen ersten Schritt einer Privatperson gehe, sondern um die Antwort auf die Klage der Polizeioffiziere. Seiner Meinung nach, müsse es berechtigt sein, darüber vor Gericht im Detail zu diskutieren. Pascal Ricquier müsse die Möglichkeit haben, sich zu erklären und zu verteidigen.

Für Me Rosario Grasso, Anwalt der zwölf Beschuldigten, sowie für die Staatsanwaltschaft ist die Klage laut Artikel 35 nicht zulässig. Es handle sich eben nicht um eine Antwort, eine Replik.

Sollte das Gericht dem zustimmen, wird die Verwarnung bestehen bleiben, ohne dass jemals über ihre Daseinsberechtigung und Auflagen diskutiert wurde. Vor allem aber würde nicht geklärt, wer gemogelt hat. Beispielsweise was die Zahlen zu den vermeintlich geleisteten Überstunden der Polizisten angeht. Übrigens: Bei der Sitzung am Freitag war keiner der zwölf betroffenen Polizeioffiziere anwesend.

Beim kurzen Gespräch nach der Sitzung am Freitag sagte der 55-jährige Pascal Ricquier, dass er nun auf das Urteil am 27. April warte – und dass er recht bald sein Pensionsrecht nutzen werde.