EditorialPolitik gegen die Schwächsten – das Bettelverbot ist ein neuer Tiefpunkt für Luxemburg

Editorial / Politik gegen die Schwächsten – das Bettelverbot ist ein neuer Tiefpunkt für Luxemburg
Um politisch zu punkten, schikanieren die Parteien von Xavier Bettel und Luc Frieden im Endeffekt die Ärmsten der Armen Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In Luxemburg-Stadt haben Lydie Polfers DP und Serge Wilmes’ CSV ein Verbot der Bettelei durch den Gemeinderat geboxt. Sie wollen das Betteln in der Stadt der Banken und Boutiquen je nach Uhrzeit und Ort untersagen. Eine Änderung im Polizeireglement der Hauptstadt, das bislang nur die organisierte Bettelei visierte, soll das garantieren.

Polfer und Wilmes taten das kurz vor den Wahlen und mit wenig Aussicht auf Erfolg. Die neue Verfassung, die zum 1. Juli in Kraft tritt, steht ihrem Vorhaben im Weg. Vereinfacht gesagt, müssen Gemeindereglemente, die die persönliche Freiheit beschneiden, ab diesem Datum von einem Gesetz gedeckt sein. Das einfache Betteln ist gesetzlich nicht verboten. Ein solches Verbot ist in der Europäischen Union seit mehr als 15 Jahren nicht mehr möglich.

Wozu dann der ganze Aufwand? Eine Antwort drängt sich auf. Sollte es nichts werden mit ihrem Bettelverbot, können Polfer und Wilmes dem besorgten Teil ihrer jeweiligen Wählerschaft sagen, dass sie alles im Rahmen ihrer Möglichkeiten versucht haben, höhere Mächte wie die Europäische Union oder unsere Verfassung ihnen aber im Weg standen. Der Schaden ist dann längst angerichtet: Menschen, die nichts haben, wurde das Stigma des Kriminellen angeheftet. Ganz zu schweigen davon, was eine solche Politik in den Köpfen jener bewirkt, die vom sozialen Abstieg bedroht sind. Und das werden immer mehr in Luxemburg.

Die Opposition in Luxemburg-Stadt nannte das Vorgehen zu Recht „Stëmmenheescherei“. Um politisch zu punkten, schikanieren die Parteien von im Endeffekt Xavier Bettel und Luc Frieden die Ärmsten der Armen. Das „Law and Order“-Feld, das Polfer und Wilmes seit längerem in der Hauptstadt beackern, bietet den Menschen in Luxemburg auch einen Vorgeschmack darauf, was eine DP-CSV-Koalition auf nationaler Ebene aus ihrem Pappbecher zaubern könnte. Alles in allem ist das Vorgehen von Polfer und Wilmes eine zynische Farce zur Beruhigung von Pseudo-Ängsten: Dass es uns schlechter geht, kann nur an den Armen liegen – also weg mit den Armen, und uns geht es wieder besser. Den Wählern wird vorgegaukelt, dass eine Welt wie früher, wo alles sicher und sauber ist, und die es folglich nie gab, wieder möglich sein soll. „Stëmmenheescherei“ halt.

In Diekirch, in Düdelingen und in Ettelbrück gibt es bereits ähnliche Reglemente. Was zeigt: Auch die LSAP versucht sich am Law and Order, wenn sie es für opportun erachtet. Auch die Sozialisten nehmen die „Heescherten“ ins Visier, wenn sich ihre Wähler oder die Geschäftsleute „belästigt“ fühlen. Wohnungslose wählen nicht, das macht sie offenbar zu einem einfachen Sündenbock, auf dessen Rücken sich politisch punkten lässt. Es so herunterzubrechen, dass sich die ganzen Bemühungen nur gegen „organisierte Banden“ von Roma richten würden, gibt dem Ganzen noch die nötige Prise Rassismus, um all diese Vorhaben gänzlich unappetitlich zu machen. Seit wann soll es bitteschön okay sein, Angehörige ethnischer Minderheiten gesammelt in einen Topf zu werfen und ein Gesetz gegen sie zu lancieren? Eben.

Polfer und ihre DP, Wilmes und seine CSV, genau wie Jean-Paul Schaaf und seine Ettelbrücker CSV, aber auch die LSAP mit Dan Biancalana in Düdelingen und Claude Thill in Diekirch, sollten dringend eines tun: mal kurz innehalten und ihren Kompass richten – Politik auf Kosten der Schwächsten sollte unter dem Niveau dieser Parteien sein.

Phil
10. April 2023 - 13.29

@benschul Just dass Kueben an Kazen net kënnen hir Flillekken an Patten gebrauchen fir en Heeschebecher unzehalen... oder besser, schaffen ze goen. Wéi gesot, jiddereen ass fir sech selwer verantwortlech... an et sin och net déi aner déi Schold sin. Wann d'Kaz bei den Dësch kennt fir eppes ze kreien an sie näischt kritt geet sie no enger Zäitchen nees hirer Wee... de Kueb flattert och fort! Also, gitt hinnen näischt, da regelt de Problem sech vu selwer!

benschul
9. April 2023 - 22.19

Phil Du hues Recht mam Verglach vun de Kueben an do kann en d'Katzen déi keen Heem méi hunn an ausgesat si ginn och ernimmen. Du an ech, mär wäerten wuel ni an de Fall kommen fir ze iwwerliewen, op deenen anere Mënschen hiert Matgefill ugewisen ze sinn. Mee een den an esou e Milieu eragebuer gëtt oder duerch verschidden Ëmstänn dra rëtscht huet entweder näischt anescht mat an d'Liewe kritt oder huet sech ganz opginn. Mär hunn awer all déi selwecht Gefiller a wëlle respektéiert ginn. Et ass net un eis fir de Problem ze léisen well jiddereen d'Recht huet iwwert sech selwer ze bestëmmen. Ben

Phil
9. April 2023 - 14.57

@benschul Lëtzebuerg schéngt awer guer net esou déier ze sin, well soss kéinten sech déi vill, meeschtens auslännesch, Strummerten et net leeschten heihinner ze kommen. Wann dir se gären lass gitt, dann gitt kengem eppes. Well et ass wéi bei de Kueben, d'Noriicht dass et anzwouscht eppes gett, verbreed sech schnell.

benschul
1. April 2023 - 18.24

Romain. E reiche Papp, en déckt Gehalt, en décken Auto an iwwerall déck Bake maachen. Deng Bemierkung ass zynesch a mënscheveruechtend. Do brauchste net houfreg drop ze sinn. Et ass genau déi dote Mentalitéit déi et erméiglecht dass et zu Lëtzebuerg nach esou vill Aarmut gëtt. Och Du bass aarm, an denge Gefiller. Ben

de Schmunejeek
1. April 2023 - 7.38

Ist Luxemburg nicht schon fast am menschlichen Tiefpunkt angelangt?

Nomi
31. März 2023 - 12.43

Stroossen zitt den Verkei'er un ! Assisstanat zitt d'Bettler un !

tesspulli
31. März 2023 - 11.22

Nee wenn sech Létzebuerg net mei leeschten kann, soll endlech op Barrikaden goen, domat wáren mer dann geschwénn zu 80 Prozent vun der Gesellschaft. An hoffen dass Gesellschaft endlech riichteg wielt dest Joer. Dann op kenn Fall Dp Déi Gréng an CSV.

ee Luxusbierger
31. März 2023 - 9.30

Sicher @ Romain, und wer sich das Nachbarland ( welches? ) nicht leisten kann, sollte nach Syrien, in den Libanon oder in Ukraine? Er hat ja die Qual der Wahl, im Gegensatz zu den wohlhabenden Einheimischen.

trotinette josi
31. März 2023 - 9.18

Die Bessergestellten kennen keine Empathie. Die Luxusbürger machen da keine Ausnahme. " Hauptsache, mir geht es gut ". Aber die Bäume wachsen nun einmal nicht in den Himmel und die Arroganz wird eines Tages nach hinten losgehen. Und zwar in absehbarer Zeit.

Romain
30. März 2023 - 21.04

Wer sich Luxemburg nicht leisten kann, sollte zum Nachbarland gehen

max.l
30. März 2023 - 18.38

jo Ben, du hues ët awer elo gud a richteg laafe gelooss.. chapeau well dat wat's du schreiws ass riicht vun der Long komm.. dat ass richteg,, mir hun quasi Alles fiir esou Situatiounen ze vermeiden, awer leider ass ët esou, du kanns duerch een Zoufall do rarutschen, a well jo "Dat" ëmmer esou wéi ignoréiert gët, mengen d'Läit och nach dat wär da richteg do an ze gréifen.. së hätte gären eng "Proper Staat" maach d'Aaën zou, da geséis de Näicht..

benschul
30. März 2023 - 18.00

Ein Vorschlag an die zukünftigen Wahlkandidaten: lassen Sie sich auf den Knien sitzend neben einem Bettler fotographieren bei der Übergabe eines 100 € Scheines. Der Erfolg bei den Wahlen wird Ihnen sicher sein. Belasten 100 € Ihr Budget zu sehr, so lassen Sie sich das Kleingeld zurückgeben........wenn der Fotograf weg ist. BS

benschul
30. März 2023 - 17.46

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, eifrige Volksvertreter. Sie wollen dass die Ärmsten der Armen die Ihr Stadtbild verschandeln und dem Tourismus schaden, Strafverteidiger und andere kleinkarierte Bürger verärgern, zu Kriminellen erklären. Menschen die tagtäglich auf dem Bürgersteig sitzen und betteln um überleben zu können, den abwertenden Blicken der Vorübergehenden ausgesetzt. Sie sollen jetzt nicht nur vertrieben werden, sondern auch noch Strafen zahlen. Die Polizei sollte sich mit den Sklavenhändlern befassen, die solche Menschen ausnutzen. Das positive Ergebnis einer solchen gelungenen Aktion würde der Polizeidirektion vielleicht das nötige Selbstwertgefühl und den Mut vermitteln um ...da war doch was, ….ach ja, den Bombenlegerprozeß zu Ende zu führen was sich zugegebener Weise doch etwas schwieriger erweisen wird, als einem Bettler seine Dose zu beschlagnehmen. Eine Stiftung die aus Gemeinderat, Caritas, Rotem Kreuz, dem Bistum, dem es mit etwas gutem Willen gelingen wird, die verbuddelten Reichtümer in ihrem Park wiederzufinden, dazu ein Teil der überhöhten Löhne in verschiedenen Ministerien könnten dazu beitragen, dass allen Menschen in dem reichen Luxemburg an der Armutsgrenze leben, die Peinlichkeit des Bettelns erspart bleibt. Wir haben einen Mindestlohn, ein maximales Einkommen könnte mithelfen, die Armut zu bewältigen. Den Spruch dass Reiche eben mehr arbeiten als Arme können wir uns ersparen. Wären der Großherzog, Herr Bettel und andere Persönlichkeiten die sich auf ihrem hohen Sockel bewundern lassen, in eine andere Familie hineingeboren worden, wären sie heute diejenigen, die im Auftrag ihrer Firma die Sockel reinigen würden. Ben Schultheis

dmp
30. März 2023 - 11.26

Hervorragender Kommentar zur politischen Bettelmania in Luxemburg ... Es verwundert übrigens kaum, dass zurzeit auf politischer Ebene wenig über die Beseitigung der Bettelgründe verlautet. Ergo, aktive und praktische Hilfe für Menschen, die zum Überleben betteln müssen ... und nicht selten völlig schuldlos in diese Lage geraten sind. Wo bleibt der staatlich geförderte Aufbau von Streetworker, die sich bettelnder Menschen annehmen und ihnen direkte Hilfe anbieten? Welche Maßnahmen werden ergriffen, den betroffenen Menschen ihre Würde zurückzugeben? Warum sind sozialpädagogische Hilfeleistungen für diese Gruppe von Menschen extrem selten? Vor allem, wie will man die Trennung zwischen bandenmäßigem Betteln und überlebensnotwendigem Betteln deutlich ziehen? Betteln als "Geschäftsmodell" von Gruppen, unabhängig deren ethnischer und nationaler Herkunft, kann nicht geduldet werden. Dabei aber in Not geratene Bürger, die auf das Betteln angewiesen sind (ein Umstand, dem in unserem Lande nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet wird) in Geiselhaft zu nehmen, darf nicht sein.

Tourist
30. März 2023 - 11.24

Menger Meenung no huet de Stad'er Schäfferot op Interventioun vum Geschäftsverband...dat do decidéiert - wéinst hirer Attaktivitéit… Politik an Commerce sinn awer 2 verschidden Saachen. An der Stad gëtt dat ëmmer ausgeblent. Eng politesch Entscheedung muss iwwert de Commere eraus goen, soss ass se net fundéiert.

jung.luc.lux
30. März 2023 - 10.41

"Law and Order" ist in den genannten Gemeinden von Nöten. Diese Bürgermeister schützen ihre Wähler vor Gammler und professionellen Bettlern. Organisierte Banden gibt es im Bahnhofviertel. Man braucht nur die Augen zu öffnen.

Robert Hottua
30. März 2023 - 9.24

Ab 1933 wurde einer Bevölkerungspolitik, die sich an einem Volkskataster orientierte, Vorschub in Luxemburg geleistet. Dieser völkische Kataster bestand aus vier Kategorien: rassisch wertvoll - rassisch unbedenklich - rassisch bedenklich - rassisch minderwertig. Für die vierte Kategorie wurden Lager und Anstalten zur auf Ausmerzung beruhenden Verbesserung des "Volkskörpers" genutzt. Eine tabuisierte Vergangenheit ist ein Garant für mentale Zufriedenheit und Sorglosigkeit. MfG Robert Hottua

JJ
30. März 2023 - 8.23

Es scheint unmöglich in unserer heuchlerischen Gesellschaft eine Kritik oder ein Anliegen vorzutragen ohne durch die Mangel gezogen zu werden. Das Sprachrohr des Mannes von der Straße,G.Vogel hatte auch versucht seine Meinung(und die vieler Luxemburger)zu sagen.Mit den bekannten Folgen. Wenn also "Penner" das Bild einer Stadt verzieren und Leute anbetteln,so haben wir das zu schlucken.Ob es uns passt oder nicht. Sollte aber,wie heuer Bettel und der Gemeinderat und die Chamber,sich des Problems annehmen,bekommen sie gleich einen Maulkorb von Dauerkritikern verpasst. Tun sie nichts,hagelt es Kritik.Tun sie was....auch.Vor Wahlen dürften Politiker demnach eigentlich gar keine Entscheidungen mehr treffen.So kommen wir nicht weiter. Übrigens:Die Sache mit dem Wohnsitz um eine Arbeit zu finden steht auf einem Stück Papier das man schnell korrigieren kann. " Ich habe keinen Wohnsitz,also brauche ich nicht zu arbeiten." Wenn Bettler sogar aus dem Ausland zu uns kommen dann wird das einen bestimmten Grund haben. Ein Denkanstoß.