SommerfestivalPartyvibes trotz Pandemie: „Congés annulés“ erweisen sich als voller Erfolg

Sommerfestival / Partyvibes trotz Pandemie: „Congés annulés“ erweisen sich als voller Erfolg
Ob am Synthesizer, am Schlagzeug, an der E-Gitarre oder am Bass: Die Mitglieder der Cumbia-Band Los Bitchos stellten ihre Versiertheit zur Schau  Foto: Editpress/Julien Garroy

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Nach rund einem Monat haben die diesjährigen „Congés annulés“ ihr Ende gefunden. Marc Hauser, Verantwortlicher für das Musikprogramm, zieht trotz pandemiebedingter Hürden ein positives Fazit. Als grandioser Schlussakt eroberte die Cumbia-Band Los Bitchos am Mittwochabend die Rotondes-Bühne. 

Das Sommerfestival der Rotondes ist vorbei. An 34 Tagen haben Menschen auf dem Gelände neben dem hauptstädtischen Bahnhof auf Konzerten getanzt, sich Dokumentarfilme angesehen, sind über den Vinyl-Flohmarkt oder den Pop-Upcycling-Markt spaziert, haben beim Foodtruck Essen bestellt und neben der „Buvette“ den Abend ausklingen lassen – mit einem kühlen Getränk und einem Snack in der Hand. Als „sehr gut“ bezeichnet Marc Hauser, Verantwortlicher für das Musikprogramm, die diesjährige Ausgabe der „Congés annulés“. „Es war eine Rückkehr zur Normalität.“

„Wir haben die ersten Konzerte schon Mitte Februar wieder organisiert“, erzählt Hauser. Die Auftritte hätten im Inneren der Lokschuppen stattgefunden, vor einem Publikum von 32 Personen. Dabei hätten eigentlich 300 Zuschauer in den Räumlichkeiten des Kulturzentrums Platz. „Seien wir ehrlich, das war traurig“, sagt Hauser. Die Musiker seien zwar froh gewesen, wieder auftreten zu können, aber nicht jede Musik würde sich dafür eignen, vor einem sitzenden Publikum gespielt zu werden.

Zahlreiche Festivalgänger

Nun ist die Situation eine andere: Dank des CovidCheck-Systems durfte sich vor der Bühne im Außenbereich wieder ein weitaus größeres Publikum versammeln – ohne Maske, ohne Abstand und ohne Sitzpflicht. Diesen „Normalzustand“ habe man davor vermisst. Dabei hätten das Testen vor Ort (bei dem letztlich nur eine einzige Infektion festgestellt wurde) und die Kontrolle am Eingang einen „zusätzlichen logistischen Aufwand“ bedeutet. Auch seien dadurch, dass alle Konzerte draußen abgehalten wurden, mehr Kosten entstanden. „Das Material musste über Nacht bewacht werden“, erklärt Hauser.

Der Aufwand scheint sich jedoch gelohnt zu haben. „Pro Konzert waren meistens mehr als 100 Menschen anwesend“, sagt Hauser. Das sei bei den vorherigen Ausgaben der „Congés annulés“ nicht der Fall gewesen. Insgesamt hätten die Rotondes während des Festivals, den letzten Abend ausgenommen, 9.572 Menschen auf ihrem Gelände empfangen. Es seien zudem 3.889 Tickets für Musikauftritte und andere Veranstaltungen verkauft worden. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann – trotz der Herausforderungen, vor die die Organisatoren wegen der Pandemie gestellt wurden.

Schwierigkeiten in Corona-Zeiten

„Wir waren dieses Jahr begrenzt in unserer Auswahl der Musikgruppen“, berichtet Hauser. Es sei zum Beispiel nicht möglich gewesen, amerikanische oder australische Bands einzuladen. Für diese hätte sich nämlich aufgrund der vielen abgesagten Festivals ein einzelner Auftritt in Luxemburg nicht gelohnt. Insgesamt seien vier geplante Konzerte ausgefallen, für einen hätten sie aber rechtzeitig einen Ersatz gefunden. Der Grund für die Annullierung: die stetig wechselnden Corona-Bestimmungen in den verschiedenen Ländern. „In der Band Black Country, New Road war zum Beispiel nicht jeder geimpft“, erzählt Hauser. Das hätte bedeutet, dass sich die betroffenen Mitglieder nach ihrer Rückkehr nach Großbritannien hätten in Quarantäne begeben müssen – was ihre Pläne für weitere Gigs torpediert hätte. „Deswegen hat die Band ihren Auftritt hier schließlich abgesagt“, sagt Hauser.

Allgemein sei die Stimmung auf den Konzerten aber sehr gut gewesen. „Die meisten Bands, die hier spielen, sind in Luxemburg nicht bekannt“, erzählt der Leiter des Musikprogramms. Deswegen müsse bei Auftritten das Vertrauen des Publikums erst gewonnen werden. Das dauere seine Zeit – normalerweise. „Ich hatte den Eindruck, dass die Leute wirklich schnell anfingen zu tanzen“, sagt Hauser. „Da spürte man richtig den Mangel, der zuvor bei den Menschen herrschte.“ Die direkte Verbindung zwischen Band und Publikum habe lange Zeit gefehlt.


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Für das kommende Jahr planen die Veranstalter, einen Teil des jetzt erstmals erprobten Konzepts beizubehalten. So werde es wohl „eine Mischung“ zwischen Darbietungen im Innen- und Außenbereich des Kulturzentrums geben. „Ganz fest steht das aber noch nicht“, sagt Hauser.

Cumbia-Musik aus London

Ausverkauft war die „Closing Night“ der „Congés annulés“. Das letzte Konzert der diesjährigen Ausgabe gab die Londoner Band Los Bitchos, die gegründet wurde, nachdem die Mitglieder peruanische Instrumental-Cumbia aus den 60er und 70er Jahren gehört hatten. Das Volksmusikgenre gehört zu den psychedelischen Musikrichtungen, die durch ihre Rhythmusstrukturen und Melodien die Effekte bewusstseinsverändernder Substanzen nachahmen beziehungsweise verstärken wollen. Traditionell werden Instrumente wie spezifische Holzflöten, das Akkordeon und (Trag-)Trommeln zum Spielen benutzt, aber zeitgenössische Cumbia-Bands wie Los Bitchos bedienen sich auch Synthesizern, E-Gitarren, Bässen und Drums.

Die Band produzierte nicht nur unglaublich tanzbare Sounds, sondern beeindruckte auch durch die meisterhafte Spieltechnik der Mitglieder, die während der Gitarren-Soli am besten zur Schau gestellt werden konnte. Die Lacher und kumpelhaft-verschwörerischen Blicke, die die Musikerinnen während ihrer Performance untereinander austauschten, gaben dem Konzert ein besonderes Flair – ebenso wie die Tequila-Flasche, die zwischen den Songs über die Bühne wanderte.

Leider interagierten Los Bitchos vergleichsweise wenig mit dem Publikum, ihre Zurückhaltung ist womöglich auf ihre fehlende Bühnen-Erfahrung zurückzuführen. Immerhin handelt es sich bei Los Bitchos um eine noch sehr junge Musikgruppe, erst im Juli dieses Jahres wurde ihr Debüt-Album fertig aufgenommen. Schade war zudem, dass man einerseits aufgrund der niedrigen Mikrofon-Lautstärke die Stimmen der Frauen nicht gut hörte und andererseits der Gig nur knapp eine Stunde dauerte. Die Rufe der Zuschauer nach einer zweiten Zugabe zeigten keine Wirkung – sie verhallten schließlich vor der leeren Bühne. Deutlich wurde dabei aber allemal, dass Hauser recht hatte: Nach der langen Phase musikalischer Enthaltsamkeit ließen die Festivalbesucher ihrer Begeisterung und Tanzgier erst recht freien Lauf.