Parlament schafft Kirchenfabriken ab

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Das Luxemburger Parlament hat am Mittwochnachmittag die Abschaffung der Kirchenfabriken beschlossen. 34 Abgeordnete stimmten dafür und 26 dagegen. Nach jahrelangem Streit zwischen Innenminister Dan Kersch (LSAP) und den Kirchenfabriken ist damit der letzte Schritt zur Trennung von Kirche und Staat abgeschlossen. Der Regierungsplan zur Trennung bestand aus drei Pfeilern. Erstens: die Reduzierung der Finanzierung der Glaubensgemeinschaften. Zweitens: die Abschaffung des Religionsunterrichts in den Luxemburger Schulen. Und drittens: die Abschaffung der Kirchenfabriken.

Die Besitztümer der Kirche, die bisher von den Fabriken verwaltet wurden, gehen in einen Fonds über, der dem Bistum unterstehen wird. Die Kommunen müssen die Instandhaltung der Gebäude nicht mehr bezahlen, wenn sie zu diesem Fonds gehören. Sie können aber die Kirche auf dem Gemeindegebiet finanziell unterstützen, wenn sie es wünschen.


Was sind Kirchenfabriken? Was passiert mit ihnen? Hier alle Details: ►Link


Berichterstatter Claude Haagen (LSAP) wiederholte noch einmal, dass das Gesetzesprojekt „eine komplexe Materie“ war. Tatsächlich wurde der Entwurf immer wieder attackiert. Beispielsweise vom Dachverband der Kirchenfabriken, dem Syfel, oder dem Gemeindeverband Syvicol. Die einen warfen Kersch eine „Enteignung“ vor, die anderen die Untergrabung der Gemeinde-Autonomie. Es sei aber auf allen Ebenen diskutiert worden, um diesen Entwurf auszuarbeiten, sagte Haagen.

Die größte Oppositionspartei – die CSV – sieht das anders: „Heute ist ein großer Tag für die Majorität, aber für das Zusammenleben im Land ist es ein Rückschritt“, meinte die konservative Abgeordnete Diane Adehm. Die Trennung würde vor allem die luxemburgische Gesellschaft auseinandertreiben. „Die Regierung hat nur mit dem Bistum verhandelt, obwohl andere ein Mitspracherecht gehabt hätten“, sagte die Abgeordnete – und nannte in diesem Kontext explizit den Dachverband der Kirchenfabriken Syfel.

Die LSAP-Abgeordnete Taina Bofferding antwortete Adehm noch während der Sitzung über den Kurznachrichtendienst Twitter, dass sie nur einen Kulturkampf innerhalb der katholischen Kirche gesehen habe – und zwar zwischen dem Bistum und dem Syfel. „Wir wollten auch eine Reform“, so Adehm. Tatsächlich stand im CSV-Wahlprogramm von 2013, dass die Kirchenfabriken umgestaltet werden müssen. Die Regierung hat sich aber für eine komplette Abschaffung entschieden.

„In zwanzig Jahren vielleicht“

Claude Haagen antwortete Adehm in seiner Stellungnahme, dass er darüber verwundert sei, dass die CSV nun behaupten würde, sie hätte auch eine Reform der Kirchenfabriken durchführen wollen. „Das wäre vielleicht in zwanzig Jahren geschehen“, attackierte Haagen die Opposition. Er pochte darauf, dass man auf keinen Fall von einem Rückschritt sprechen könne: „Wenn man ein Dekret von 1809 aktualisieren will, anstatt es abzuschaffen, dann bleibt – und ich bin jetzt nett – höchstens der Titel des Dekrets übrig.“ Die Existenz der Kirchenfabriken sei ein Anachronismus.

Lydie Polfer, die für die DP hinter das Rednerpult in der Chamber trat, übte sich in der Beruhigung der Bevölkerung: „Ich glaube, vielen Menschen da draußen ist nicht klar, dass auch nach der Abstimmung dieses Gesetzes noch Messen abgehalten werden.“ Am Donnerstag werde sich nichts ändern: „Niemand wird irgendjemandem seine Kirche wegnehmen.“ Die Bürgermeisterin der Hauptstadt nutzte auch die Gelegenheit, um zu klären, dass die Suche nach den Besitzverhältnissen in den Gemeinden nicht so einfach war. Sie legte ein ganzes Dossier auf ihr Rednerpult. „Neben diesem Dossier gibt es noch vier weitere mit den Originaldokumenten“, so Polfer. Das komme einer Doktorarbeit gleich.

Archiv: Roberto Traversini lacht mit Innenminister Dan Kersch

„Älter als der Staat Luxemburg“

Genau wie Polfer ging auch der Abgeordnete Roberto Traversini von den Grünen auf die Arbeit auf Gemeinde-Ebene ein. Traversini ist Bürgermeister in Differdingen. Bei ihm sei dank „fairer Gespräche“ schnell eine Lösung mit den Kirchenfabriken gefunden worden. Auch wenn er die Kirchen als kulturelles Gut respektiere, sei dieses Gesetz längst überfällig gewesen: „Die Texte, auf denen die Kirchenfabriken beruhen, sind älter als der Staat Luxemburg selbst“, so Traversini. Es habe eine Regierung ohne CSV gebraucht, bis sich endlich etwas getan hätte. Für den Abgeordneten war das Hauptziel dieses Entwurfes, die Besitzverhältnisse zwischen Kirche, Staat und Gemeinde endgültig zu klären. Dies sei gelungen.

Gast Gibéryen von der ADR zeigte sich martialischer: „Auch unsere Partei ist für eine Trennung von Kirche und Staat“, meinte Gibéryen. Sie solle aber im Dialog mit der Kirche durchgeführt werden und nicht mit dem Ziel, sie zu zerstören. Das Gesetz sei respektlos gegenüber den Tausenden Freiwilligen, die in den Kirchenfabriken gearbeitet hätten. Weiterhin machte er sich Sorgen um die Gebäude: „Ich war in Frankreich und habe gesehen, was mit dem einst wunderschönen kulturellen Erbe der Kirchen geschehen ist.“

„Sie haben nichts gemacht“

Marc Baum von der luxemburgischen Linken begrüßte das Vorpreschen der Regierung. Er wies allerdings darauf hin, dass es sich für ihn weniger um eine Trennung als vielmehr um eine Entflechtung von Kirche und Staat handelt.

Dan Kersch, der als Verfasser des Gesetzes die Regierung im Parlament vertrat, warf der CSV vor, „nichts“ gemacht zu haben. Es sei kein Wunder, dass die Christsozialen auf der Oppositionsbank säßen. Die CSV-Abgeordneten zeigten sich empört und ergriffen das Wort: Kersch stehe als Parteimann hinter dem Rednerpult und nicht als Minister. CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler forderte „Antworten auf unsere Fragen“. Kersch solle aufhören, Polemik zu machen.

Der CSV-Abgeordnete Michel Wolter ging sogar so weit zu behaupten, dass er in seiner jahrelangen Karriere als Politiker noch nie solch einen Auftritt eines Ministers vor dem Parlament gesehen habe.

KTG
18. Januar 2018 - 13.29

Tja, wann ee mam Däiwel an der Regierung sëtzt, muss ee leider och maache wat den Däiwel wëll. Aner Konstellatiounen, aner Méiglechkeeten. Déi heite Regierung huet do alles richteg gemaach an eppes duerchgesat, wat ënnert der CSV ni passéiert wier. Elo muss een nach kucken, datt déi Partei net méi an d'Regierung kënnt, éier d'Reform komplett duerchgefouert ass, well soss packen déi klerikal Verbänn et nach, fir déi doten Ännerung op halwem Wee stoenzeloossen an dann éiweg ze kräischen, datt d'Iwwergaangsphase nach ëmmer amgaang wier.

Ujheen
18. Januar 2018 - 12.12

Ech fannen et dégueulasse dass eng LP (den S an den A loossen ech ewech hei) esou op d‘Oppositioun katzt a selwer während Joeren mat eben deenen Akteuren vun der Oppositioun an der Regierung sutzt an mat deenen Décisiounen geholl a Gesetzer gestemmt huet! E méi wéi enttäuschten an dégoutéierten LSAP Member!

René Charles
18. Januar 2018 - 9.55

Teilen Sie doch bitte Ihre Meinung auch den anderen "Kirchen" mit, die ebenfalls finanziert werden. Die hoffen dass ihre Forderungen nach mehr Geld und mehr Einfluss berücksichtigt werden und werden sich über Ihre Meinung sehr freuen.

Serenissima en Escher Jong
18. Januar 2018 - 8.35

Ohne Zweifel ist die Trennung nicht ganz und vollständig so lange wie noch mit Steuergeldern Leute der Kirche (en) bezahlt werden...Glaube, Kirche ist Privatsache und soll deshalb auch von diesen Leuten allein finanziert werden die sich ihr zugehörig fühlen; die aktuelle Trennung ist wirklich nur eine leichte Variante die uns Steuerzahler immer noch Geld kostet...weshalb?

Bernardy
18. Januar 2018 - 5.55

Loosst d'Kirch am Duerf. Dat een huet naischt mat deem aneren zedinn. Tennung vu Kirch a Staat ass den falschen Begrëff. Richteg wär ët " Kirchenfabriken méi Tranzparenz w.e.g. " Offen Bicher mat Ierfschaftsakten déi de Besëtz vun enger Saach ( Terrain / Spuerbuch oder soss Saachen ) klärt an déi och notariel festgehalen goufen Wien huet wiem äppes verierft, an zu wat fir engen Koditiounen.

Schuller piir
18. Januar 2018 - 2.47

Falls die gesamten Vermögensverhältnisse der Kirchefabriken und der Kirche inklusive Bistum u.s.w. offeliegen, wird jeder sich wundern was es heißt "Arm wie eine Kirchenmaus". Ich wollte, wir wären so "arm"!!!

KTG
17. Januar 2018 - 23.40

Leider kritt d'CSV dofir Applaus bei den Urnen an d'Regierung net. Dono kënnt, wéi schon no der leschter DP-Regierung, eng damnatio memoriae duerch d'Hand vun enger CSV déi behaapt, et wieren alles hir Iddie gewiescht, wat an dëser Legislatur geschitt ass. 30 Joer Stëllstand à venir.

KTG
17. Januar 2018 - 23.38

"Koneczny" sollte doch mal hier seine Definition von Diktatur ausführen. Ansonsten: GMG hat völlig Recht.

J.C. KEMP
17. Januar 2018 - 22.34

Die Trennung ist bei weitem noch nicht scharf genug. Miete zahlen für die Benutzung gemeinde-eigener Bauten wäre richtiger. Und Entlohnung des Personals aus Steuergeldern stoppen, soll das Bistum seine Mitarbeiter bezahlen aus eigenen Mitteln. Reicht es nicht, kann man ja die Vereinsmitglieder um Kostenbeteiligung bitten.

jang_eli
17. Januar 2018 - 22.11

Merci Dan Kersch !

GMG
17. Januar 2018 - 20.55

@Koneczny -Hei eng Definitioun vun Diktatur an Demokratie vum Karl Popper: „Solche, in denen es möglich ist, die Regierung ohne Blutvergießen durch eine Abstimmung loszuwerden, und solche, in denen das nicht möglich ist. Darauf kommt es an, nicht aber darauf, wie man diese Staatsform benennt. Gewöhnlich nennt man die erste Form ‚Demokratie‘ und die zweite Form ‚Diktatur‘ oder ‚Tyrannei‘.“ Ech géif alt emol mengen dat Lëtzebuerg keng Diktatur wier

bouliste
17. Januar 2018 - 20.38

Hun Debat'en de ganzen Metteg verfollegt. Endlech.... endlech ass et geschitt. Penibel war awer Behuelen von der CSV. A wat vir e Bild die Dammen an Haeren do ofginn hun ....... Grad wei Interventiounen. Nemmen eppes soen, vir eppes ze soen. Keng korrekt Argumenter. Et muss schweier gewierscht sin vir dess CSV Oppositioun esou e Gesetz ze schlekken, wat awer vun enger Majoriteit vun de Leit hei am Land begreist gett.Bravo un dess Regierung.

Leonie
17. Januar 2018 - 19.18

Der ausdruck: „“ entflechtung „“ist viel besser gewählt Warum muss frau Polfer die bevölkerung“BERUHIGEN“.man könnte glauben die bevölkerung sei allgemein unzufrieden Das lichtbild ist jedenfalls nicht versöhnent sondern hetzerisch Ein nicht besonders interessierter

Koneczny
17. Januar 2018 - 19.18

Trennung vun Kierch a Staat ... oder anescht gesoot: Diktatur vun Gambia. dat ass "Modern" Demokratie. Next Wahlen sinn dëst Joer...

KTG
17. Januar 2018 - 19.00

"Der CSV-Abgeordnete Michel Wolter ging sogar so weit, zu behaupten, dass er in seiner jahrelangen Karriere als Politiker noch nie solch einen Auftritt eines Ministers vor dem Parlament gesehen habe." Wer im Steinhaus sitzt, sollte nicht mit Glas werfen... Einen so schlechten Innenminister wie Michi (Plätterchers-Affaire anyone?) wird es hoffentlich so bald nicht mehr geben. Ansonsten: Endlich ist dieses Gesetz durch.