Europol-BerichtOrganisiertes Verbrechen greift immer häufiger zu Gewalt

Europol-Bericht / Organisiertes Verbrechen greift immer häufiger zu Gewalt
Mitte März hat Europol zusammen mit der spanischen Polizei ein Unterseeboot aufgebracht, das Drogenschmuggler zum Transport ihrer Ware eingesetzt hatten  Foto: Various sources/AFP

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Das Europäische Polizeiamt Europol warnt in einem gestern vorgelegten Bericht vor einer „besorgniserregenden Ausbreitung und Entwicklung“ des organisierten Verbrechens in der Europäischen Union.

Alle vier Jahre legt Europol einen Bericht über die Entwicklungen der schweren und organisierten Kriminalität in der EU vor. „Es ist eine Anleitung zum Handeln“, erklärte die EU-Innenkommissarin Ylva Johanson gestern in Lissabon während der Vorstellung des Berichts. Das auf Tausenden Fällen sowie nachrichtendienstlichen Erkenntnissen basierende Werk spiegelt jedoch auch die Bedrohungen wider, mit denen die EU-Staaten durch das organisierte Verbrechen konfrontiert sind. Dieses „stellte noch nie eine so große Gefahr für die EU und ihre Bürger dar“ wie heute, heißt es in dem Bericht.

Nach wie vor stellt die Drogenkriminalität mit 40 Prozent den größten Aktivitätsposten organisierter Verbrecherbanden. Vor allem der Schmuggel und der Handel mit Kokain hätten in der EU in den vergangenen Jahren „signifikant“ zugenommen. Europa sei mittlerweile der erste Bestimmungsort für Kokainschmuggler. Dennoch bleibe der illegale Handel mit Cannabis der weitaus größte Drogenmarkt.

Organisierte Verbrecherbanden würden zunehmend gewalttätiger. Der Gebrauch von Gewalt habe zugenommen, sowohl was die Schwere als auch die Häufigkeit anbelangt, stellt Europol fest. Feuerwaffen und Sprengstoff würden zunehmend auch in der Öffentlichkeit eingesetzt. Dabei werde rücksichtslos vorgegangen, weshalb auch immer wieder Unbeteiligte zu Opfern krimineller Auseinandersetzungen werden könnten.

Korruption sei Teil fast aller kriminellen Aktivitäten und finde auf allen Ebenen der Gesellschaft statt, stellt Europol weiter fest. Fast 60 Prozent der Verbrecherorganisationen seien in Korruption verwickelt. Das führe dazu, dass die Wirtschaft gestört und staatliche Institutionen geschwächt würden.

Frauen meiste Opfer von Menschenhandel

Damit dürfte insbesondere auch das Weißwaschen von Geldern aus kriminellen Geschäften einhergehen. Das Europäische Polizeiamt gesteht ein, dass „das Ausmaß und die Komplexität“ der Geldwäsche in Europa bislang „unterschätzt“ wurden. Jährlich würden Milliarden-Euro-Beträge von kriminellen Banden weißgewaschen. Dabei werde sich auf ein parallel und verdeckt funktionierendes Finanzsystem gestützt, das Teil einer ausgeklügelten kriminellen Wirtschaft sei.

Dabei dürften sich organisierte Verbrecherbanden auch der legalen Wirtschaft bedienen, die sie längst „infiltriert und unterminiert“ hätten. Europol geht davon aus, dass 80 Prozent dieser Banden sich legaler Unternehmen bedienen, um ihre kriminellen Aktivitäten zu unterstützen.

Die EU-Kommissarin Ylva Johansson will am morgigen Mittwoch eine neue Strategie der EU gegen das organisierte Verbrechen vorstellen. Dabei setzt die Innenkommissarin unter anderem auf einen besseren und vermehrten täglichen Informationsaustausch in den verschiedensten Bereichen zwischen den Sicherheitsbehörden der EU-Mitgliedstaaten. Kriminelle würden nationale Grenzen ignorieren, die jedoch für die nationalen Strafverfolgungsbehörden weiterhin die Arbeit erschweren würden, gab Ylva Johansson zu verstehen. Zudem will die EU-Kommissarin eine neue Strategie vorstellen, um gegen den Menschenhandel in der EU vorzugehen. 72 Prozent der Opfer von Menschenhandel in der EU seien Frauen, sagte Ylva Johansson. In den meisten Fällen werden diese Frauen zur Prostitution gezwungen. Die Opfer von Menschenhandel, die sexueller Ausbeutung ausgesetzt werden, stammen im Untersuchungszeitraum Europol zufolge aus 55 verschiedenen Ländern aller fünf Kontinente. Ein Viertel der Opfer von Menschenhandel sind zudem Kinder, so die Kommissarin weiter. Hier handelt es sich in den meisten Fällen um Mädchen. Auch sie werden vorwiegend sexuell ausgebeutet.