Ethikregeln auf dem PrüfstandOpposition kritisiert neue Verhaltensregeln für Regierungsmitglieder

Ethikregeln auf dem Prüfstand / Opposition kritisiert neue Verhaltensregeln für Regierungsmitglieder
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Die neuen Ethikregeln für Regierungsbeamte treffen auf den Oppositionsrängen grundsätzlich auf Zustimmung – wenngleich der Piratenpolitiker Sven Clement der Meinung ist, dass verschiedene Minister tatsächlich Ethik-Kurse belegen müssten. Warum für Abgeordnete laxere Regeln gelten sollen als für Minister, bleibt, ebenso wie die Frage einer unabhängigen Kontrollinstanz, weiterhin offen.

ADR-Abgeordneter Fernand Kartheiser
ADR-Abgeordneter Fernand Kartheiser Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

„Dieser Deontologiekodex ist nichts wert, wenn die Kontrolle nicht unabhängig ist“, sagt ADR-Abgeordneter Fernand Kartheiser. Die Regierung kümmere sich nämlich um die Besetzung der Ethikkommission, die schlussendlich als Kontrollorgan fungiert. „Das sind Ex-Minister, Ex-Politiker usw. – von den Parteien, die sie arrangieren, und dann ist das natürlich eine Kontrolle, die nicht glaubwürdig ist“, so Kartheiser. Die Chamber habe eigentlich den Auftrag, die Regierung politisch zu kontrollieren – deswegen sei es entweder an der Chamber, den Deontologiekodex direkt zu kontrollieren oder, mindestens, die Mitglieder des Ethikrates zu ernennen.

Ein weiterer Kritikpunkt: Regierungsmitglieder müssen zukünftig an einer Fortbildung zu den neuen Deontologieregeln teilnehmen. Diese Kurse seien laut Kartheiser reine Schönfärberei. „Wenn man in der Politik ist und so elementare Regeln nicht kennt, dann ist man am falschen Platz – obwohl die Kurse wohl auch nicht schaden“, sagt Kartheiser. Im neuen Text steht unter anderem auch, dass verschiedene Immobilien und Verschuldungen über 100.000 Euro zwar dem Ethikrat mitgeteilt werden müssen – publiziert werden sollen diese Informationen jedoch nicht. Der ADR-Politiker verstehe, dass private Details nicht immer an die Öffentlichkeit müssen. „Wir wollen den gläsernen Bürger nicht – und auch den gläsernen Politiker nicht“, sagt Kartheiser. Solange diese Daten der Ethikkommission vorliegen, sei dieser Punkt für Kartheiser „in Ordnung“.

Deontologie-Regeln auch für hohe Beamte

Myriam Cecchetti von „déi Lénk“
Myriam Cecchetti von „déi Lénk“ Foto: Editpress/Julien Garroy

Myriam Cecchetti von „déi Lénk“ begrüßt die neuen Regeln für Regierungsmitglieder. „Es darf nicht sein, dass wir uns im Parlament an etliche Regeln halten müssen, und dort, wo die Entscheidungen getroffen werden, gelten keine“, meint die Politikerin im Gespräch mit dem Tageblatt. „Eigentlich müssten die Deontologieregeln auch für hohe Beamte gelten“, geht Cecchetti sogar noch einen Schritt weiter. Diese hätten auch mit Lobbyisten zu tun und würden die Gesetzgebung schlussendlich auch maßgeblich beeinflussen.

Die Regelungen betreffend die Zeit nach dem Austritt aus einer Regierung findet Cecchetti durchaus sinnvoll. „Wir alle wissen, wie schnell es bei Etienne Schneider und Jeannot Krecké ging“, sagt Cecchetti. „Natürlich muss ehemaligen Ministern aber die Möglichkeit offen stehen, weiterhin einer Arbeit nachzugehen.“

Die Causa Krecké-Schneider

Der neue Kodex geht auch auf die Frage ein, für welche Firmen ein Regierungsmitglied nach der Amtszeit arbeiten darf. Ein Punkt, mit dem die beiden Ex-Minister Jeannot Krecké und Etienne Schneider, die in Führungsgremien von mit Russland verbundenen Firmen saßen, Ende Februar konfrontiert wurden. Mit dem Einmarsch der russischen Truppen wurden Rücktrittsforderungen laut. Schneider war Verwaltungsratsmitglied der russischen Firma Sistema, Krecké saß als Vorsitzender im Verwaltungsrat der East-West United Bank. Die beiden verteidigten sich zunächst. „Wir machen hier keine Geschäfte mit Russland, sondern wir versuchen, dafür zu sorgen, dass eine Luxemburger Bank weiterbestehen kann, dass deren Leute ihren Job nicht verlieren“, sagte Schneider am 27. Februar gegenüber RTL. Einen Tag später kam dann die Nachricht: Die ehemaligen Minister legten ihre Posten nieder. „Wir hoffen, dass der inakzeptable und grausame Krieg bald endet und die Menschen wieder Frieden finden“, hieß es in einer Pressemeldung Schneiders.

Kurse seien für verschiedene Minister „definitiv nötig“

Piraten-Abgeordneter Sven Clement
Piraten-Abgeordneter Sven Clement Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement fragt sich, was der Sinn der Kurse sein soll. „Ich gehe davon aus, dass Minister genügend intellektuelle Kapazitäten haben sollten, um den Text zu verstehen und dementsprechend handeln zu können“, sagt Clement. Immerhin seien es die Minister, die Gesetzestexte in die Chamber bringen. „Auf der anderen Seite kenne ich die Minister teilweise persönlich und dann sind solche Kurse definitiv nötig – und das war jetzt freundlich ausgedrückt“, meint Clement.

Grundsätzlich sei es auch gut, dass die meisten Informationen öffentlich zugänglich sind – vor allem mit dem Blick auf das Lobbyregister. Entscheidend sei auch das Format der Internetseite und unter welcher Form die Daten abrufbar sind. „Bei den Franzosen wird das sehr transparent als OpenData veröffentlicht“, sagt Clement. Das interessante sei schlussendlich nicht, wie das Register eines Ministers bei Amtsantritt aussieht, sondern wie es sich innerhalb der Regierungszeit verändert. Eine reiche Person habe immerhin auch das Recht, Minister zu werden. „Wenn du aber während der Amtszeit nicht erklären kannst, wo 2.000 bis 3.000 Euro herkommen, dann hast du ein Problem“, sagt Clement.

Ein weiteres Problem: Falls ein Minister kurz nach seiner Amtszeit einen Job in einem Wirtschaftsbereich annimmt, der seinem Ministerium unterlag, muss die Ethikkommission eine Stellungnahme dazu erstellen – diese kann allerdings nur veröffentlicht werden, wenn das Ex-Regierungsmitglied sich nicht an die Empfehlungen hält. Diese Gutachten sollten laut Clement immer veröffentlicht werden. „Es geht nicht darum, einem früheren Minister etwas zu verbieten, und es kommt sowieso an die Öffentlichkeit, wenn er irgendwo arbeitet, wo liegt also das Problem?“, meint Clement.

Der neue Deontologiekodex ist laut Clement trotz allem ein Schritt in die richtige Richtung, „und es ist mutiger als das, was die Chamber gemacht hat“. Denn: Die Ethikregeln für Abgeordnete seien wesentlich lockerer als die der Regierungsmitglieder. Unter anderem die Regierungsparteien hätten viele Regeln in der Abgeordnetenkammer blockiert. Schulden, Immobilien und finanzielle Beteiligungen sind zum Beispiel Teil des Kodex für Regierungsmitglieder. „Das war alles in der Chamber ein Non-Starter – jede Partei war zum Beispiel dagegen, dass die Partner der Abgeordneten offenlegen müssen, wo sie arbeiten“, sagt Clement.

J.C. Kemp
30. März 2022 - 13.14

Et si jo awer Länner, wou Ministeren an Deputéierten hier Steiererklärung öffentlech ass.

Laura
30. März 2022 - 12.07

Keng Angscht, Här Kartheiser, Dir braucht net ze fäerten, Dir kommt ni an d'Regierung