Regierung zuversichtlichÖffnung der Gastronomie ein „ambitionierter Schritt“

Regierung zuversichtlich / Öffnung der Gastronomie ein „ambitionierter Schritt“

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Luxemburgs Gastronomie kann aufatmen: Ab Freitag dürfen Cafés und Restaurants wieder ihre Türen öffnen. Es handele sich um einen „ambitionierten Schritt“, meinten Staatsminister Bettel und Gesundheitsministerin Lenert. Die jüngsten Entwicklungen aber zeigten, dass das Risiko angemessen sei.

Optimistisch und zuversichtlich. So traten Premierminister Xavier Bettel (DP) und Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) am Montag vor die Presse, um eine weitere Phase auf dem Weg zurück in die Normalität anzukündigen. Ihren Optimismus begründeten die Politiker mit den ermutigenden Statistiken der letzten Wochen und dem allgemeinen Verhalten der Bevölkerung. Die Zuversicht erwächst indessen aus Modellen, die sich zuletzt sehr nahe an der Realität bewegten und weitere Lockerungen unter gewissen Auflagen zulassen.

Die wohl wichtigste Maßnahme betrifft die Gastronomie: Restaurants und Cafés dürfen ab Freitag wieder ihre Türen öffnen. Betriebe mit einem Außenbereich dürfen sogar am Mittwoch wieder Gäste auf den Terrassen empfangen. „Wir können uns diese Lockerungen erlauben, weil wir uns gemeinsam an die Regeln gehalten haben“, betonte Premierminister Xavier Bettel. Die ursprünglichen Beschränkungen hätten alle ihre Früchte getragen. Die positiven Zahlen der letzten Wochen seien nur durch das besondere Miteinander innerhalb der Bevölkerung möglich geworden.

Diese Errungenschaften dürften allerdings nicht leichtfertig verspielt werden: „Deshalb können wir auch heute nicht sämtliche Beschränkungen aufheben. Das wäre nicht nur verfrüht, sondern auch unverantwortlich“, so Bettel. Das Virus sei nämlich immer noch präsent. Deshalb gingen die neuen Lockerungen ebenfalls mit gewissen Auflagen einher.

Pro Tisch vier Personen

So dürfen nicht mehr als vier Personen an einem Tisch bewirtet werden. Es sei denn, es handelt sich um eine Familie mit mehreren Mitgliedern, die alle unter dem gleichen Dach wohnen. Zwischen den Tischen selbst muss ein Mindestabstand von anderthalb Metern eingehalten werden. Ist das nicht möglich, muss der Betreiber Plexiglasscheiben oder Trennwände zwischen den Tischen aufstellen. Im Restaurant oder Café herrscht überall Mundschutzpflicht, außer am Tisch selbst. In anderen Worten: Beim Betreten oder Verlassen des Lokals, beim Gang ans Buffet oder beim Besuch des Waschraums muss zu jederzeit ein Mundschutz getragen werden. Gleiches gilt auch für die Bedienung, die ständig Mundschutz tragen muss.

Auch wenn die Maske am Tisch selbst wieder abgenommen werden kann, so ergeht jedoch der Aufruf an die Gäste, zumindest bei der Bestellung wieder Maske zu tragen. „Aus Respekt vor dem Personal“, erklärte der Premierminister. Auch wurde die Sperrstunde auf Mitternacht vorverlegt. Freie Nächte werden in einer ersten Phase keine erteilt. Stehen ist in den Gastbetrieben nicht erlaubt. Demnach dürfen auch Cafés nur so viele Gäste reinlassen, wie Tische zur Verfügung stehen. Natürlich unter Beachtung der Vier-Personen-Regel.

„Wir gehen vom Prinzip aus, dass die Leute sich setzen müssen“, unterstrich der Staatsminister. Inzwischen wisse man, dass die größte Gefahr bei der Verbreitung des Virus von Plätzen ausgeht, an denen viele Menschen zusammenkommen und eng aneinander stehen. „Plätze, an denen bei lauter Musik gefeiert wurde, sodass die Menschen sich noch näher kommen müssen, um miteinander zu sprechen“, so Bettel. Am höchsten werde das Risiko, wenn die Distanzen nicht mehr eingehalten werden. „Aus diesem Grund haben wir uns für dieses Modell mit den Tischen und den Sperrstunden entschieden“, erklärte der Staatsminister.

Allein aus diesem Grund bestehe auch keine Gefahr, dass Luxemburg sich jetzt zur Tanzfläche der Großregion entwickle, fügte Bettel hinzu. „Eine Sperrstunde um Mitternacht schreit nicht unbedingt nach Party“, so der Staatsminister, während die Gesundheitsministerin in der Sitzpflicht allein schon ein Hindernis für Tanzabende in der Großregion sieht. Auch waren sich die Politiker einig, dass Belgien und Frankreich bald nachziehen könnten.

„Barriere-Gesten sind das A und O“

Die Regierung will denn auch weiterhin am System der schrittweisen Wiedereröffnung festhalten. Ein System, das sich laut Gesundheitsministerin bewährt habe. So hat sich die Regierung nach jedem Schritt bislang ausreichend Zeit gegeben, um die Auswirkungen abwiegen zu können. Die aktuellen Zahlen habe man sich vor Wochen etwa noch nicht erträumen können, so Lenert. Inzwischen aber erlaubten die Erkenntnisse zum Virus einen regelrechten Paradigmenwechsel: „Aufgrund dieser Resultate haben wir nun das nötige Vertrauen, bei der Wiedereröffnung des Landes auf die Selbstverantwortung der Bürger zu setzen“, betonte Lenert. In anderen Worten: „Mit den nötigen Auflagen ist vieles möglich geworden.“

Dass ein Großteil der Bevölkerung die Barriere-Gesten nicht nur akzeptiert, sondern regelrecht verinnerlicht habe, gehöre zu den wichtigsten Erkenntnissen der letzten Wochen. Damit sei denn auch die bestmögliche Ausgangsposition für eine Wiedereröffnung der Gastronomie gegeben, handelt es sich hierbei doch um eine Branche, die den Erkenntnissen zufolge besonders anfällig für eine Weiterverbreitung des Virus ist. „Deshalb bleibt es wichtig, die Barriere-Gesten auch weiterhin zu respektieren. Sie sind quasi das A und O“, so die Gesundheitsministerin, die in dieser Hinsicht von einem „ambitionierten Schritt“ sprach.

Wegen der offensichtlichen Risiken hat sich die Regierung für kleine Schritte mit den bereits genannten Maßnahmen von vier Personen pro Tisch entschieden. Laut Paulette Lenert handelt es sich dabei um eine vertretbare Herangehensweise, vor allem wenn man davon ausgeht, dass die Menschen sich inzwischen an die Mindestabstände und Hygiene-Regeln halten. „Mehr Interaktionen zwischen den Menschen führen zu einem höheren Risiko. Deshalb brauchen wir mehr Eigenverantwortung“, so Lenert.

Die aktuellen Maßnahmen seien auch nur vorübergehend, betonte Premierminister Bettel. Wie bei anderen Etappen zuvor will die Regierung nun die Auswirkungen abwarten, um nächste Schritte zu beschließen. Die aktuellen Regeln fußen auf einer Reihe von Modellen, bei denen auch die Wiedereröffnung der Cafés mit einbezogen wurden. „Laut dieser Modelle können wir uns auch diese Maßnahmen erlauben“, so Bettel. So sollten ursprünglichen Überlegungen zufolge zunächst nur die Restaurants wieder öffnen können.

Sport, Kultur, Kultus und Kino

Inzwischen gründet die Regierung alle Neuerungen auf Modellen, die immer wieder angepasst und mit neuen Daten und Erkenntnissen gefüttert werden. „Wir haben inzwischen gesehen, dass die Modelle äußerst zuverlässig sind“, unterstrich auch Gesundheitsministerin Paulette Lenert. So seien die Planspiele sehr nah an der Realität und bewegten sich ständig im Bereich der optimistischen Szenarien.

Diese Erkenntnisse erlauben Forschung und Politik auch ein zuverlässiges Monitoring für die Zukunft. So orientiere man sich ständig an der Laufbahn, die von den Modellen vorgerechnet wurde. „Das war auch die Basis für die aktuellen Lockerungen“, so Lenert. Zusammen mit einer breit angelegten Test-Strategie erlaube dieses Monitoring den Akteuren, Probleme möglichst früh zu erkennen und gezielt einzugreifen, ohne die gesamte Gesellschaft wieder auf den Kopf stellen zu müssen.

So sind auch die anderen Lockerungen, die am Montag angekündigt wurden, in diesem Zusammenhang zu betrachten. Unter Auflagen nämlich sind Zusammenkünfte in der Öffentlichkeit von über 20 Personen wieder erlaubt. Und das überall dort, wo Plätze reserviert oder Menschen platziert und der Mindestabstand von zwei Metern eingehalten werden können. In anderen Worten: In der Kultur, im Kultus, im Sport und im Kongresswesen können wieder Veranstaltungen besucht werden. Die Mundschutzpflicht bleibt natürlich auch dort bestehen.

Damit sind denn auch Gottesdienste wieder erlaubt, Kino-Vorführungen oder der Besuch einer Sportveranstaltung. Voraussetzung ist: „Zwei Meter Abstand müssen respektiert werden und die Plätze müssen im Voraus verteilt werden, damit der Veranstalter den Überblick behält“, so Premierminister Xavier Bettel. Damit dürften ab Freitag wohl die meisten Unternehmen, die bis dato noch geschlossen hatten, ihren Betrieb wieder aufnehmen – vorausgesetzt, sie können die Mindestanforderungen umsetzen. Dies gilt auch für Schwimmbäder oder Fitness-Clubs, mit Ausnahme des Wellness-Bereichs.

Geschlossen bleiben bis auf Weiteres jedoch die Spielplätze. Modelle hätten ergeben, so Bettel, dass besonders Kinder noch Schwierigkeiten mit Barriere-Gesten hätten. Deshalb diese Entscheidung. Was den Sport angeht, so ist nicht nur der Besuch von Veranstaltungen wieder erlaubt, sondern auch das Treiben von Sport in Hallen wird wieder ermöglicht. „Die Rahmenbedingungen aber sind die gleichen wie auch draußen: Kein Körperkontakt, genug Abstand, und alle anderen Regeln müssen eingehalten werden“, so Gesundheitsministerin Lenert.